[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.In der Mündung der Yangtse. XII. getrieben. Da nun das Wetter dick und nebelig wurde und dieEinfahrt in den Yangtse wegen der davor liegenden Barre sehr ge- fährlich ist, so musste man sich daran genügen lassen, hin- und herkreuzend wo möglich auf derselben Höhe zu bleiben. Es war immer kälter geworden je mehr wir uns der chinesischen Küste näherten; das Thermometer zeigte am folgenden Nachmittage, den 27. Febr.27., wo der Himmel sich zwar auf Augenblicke erheiterte, der Wind aber heftiger und ungünstig wurde, nur noch drei Grad Wärme. Das Meer glich, durch die ungeheueren Wassermassen des Yangtse und des Tsientang getrübt, einer dicken gelben Lehmbrühe und brach sich in hässlichen regellosen Spritzwellen; die Farbe der Luft und selbst der Sonnenschein, wo er durchbrach, waren kalt und bleiern, die ganze Seelandschaft so graugelb und unfreund- lich, wie man sie wohl vor der Scheldemündung findet. Thetis und ein amerikanisches Barkschiff, die zugleich mit uns Nangasaki verlassen und den Cours besser getroffen hatten, kamen nordöst- lich in Sicht. Arkona suchte den ganzen Nachmittag an den Saddle-Islands vorbeizukreuzen, bewerkstelligte das aber erst in der Nacht, als Wind und Wellen sich etwas gelegt hatten, mit Hülfe ihrer Schraube. 28. Febr.Am Morgen des 28. war die See ruhiger, der Wind nicht In der Mündung der Yaṅgtse. XII. getrieben. Da nun das Wetter dick und nebelig wurde und dieEinfahrt in den Yaṅgtse wegen der davor liegenden Barre sehr ge- fährlich ist, so musste man sich daran genügen lassen, hin- und herkreuzend wo möglich auf derselben Höhe zu bleiben. Es war immer kälter geworden je mehr wir uns der chinesischen Küste näherten; das Thermometer zeigte am folgenden Nachmittage, den 27. Febr.27., wo der Himmel sich zwar auf Augenblicke erheiterte, der Wind aber heftiger und ungünstig wurde, nur noch drei Grad Wärme. Das Meer glich, durch die ungeheueren Wassermassen des Yaṅgtse und des Tsientaṅg getrübt, einer dicken gelben Lehmbrühe und brach sich in hässlichen regellosen Spritzwellen; die Farbe der Luft und selbst der Sonnenschein, wo er durchbrach, waren kalt und bleiern, die ganze Seelandschaft so graugelb und unfreund- lich, wie man sie wohl vor der Scheldemündung findet. Thetis und ein amerikanisches Barkschiff, die zugleich mit uns Naṅgasaki verlassen und den Cours besser getroffen hatten, kamen nordöst- lich in Sicht. Arkona suchte den ganzen Nachmittag an den Saddle-Islands vorbeizukreuzen, bewerkstelligte das aber erst in der Nacht, als Wind und Wellen sich etwas gelegt hatten, mit Hülfe ihrer Schraube. 28. Febr.Am Morgen des 28. war die See ruhiger, der Wind nicht <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0236" n="216"/><fw place="top" type="header">In der Mündung der <hi rendition="#k"><placeName>Yaṅgtse</placeName></hi>. XII.</fw><lb/> getrieben. 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In der Mündung der Yaṅgtse. XII.
getrieben. Da nun das Wetter dick und nebelig wurde und die
Einfahrt in den Yaṅgtse wegen der davor liegenden Barre sehr ge-
fährlich ist, so musste man sich daran genügen lassen, hin- und
herkreuzend wo möglich auf derselben Höhe zu bleiben. Es war
immer kälter geworden je mehr wir uns der chinesischen Küste
näherten; das Thermometer zeigte am folgenden Nachmittage, den
27., wo der Himmel sich zwar auf Augenblicke erheiterte, der Wind
aber heftiger und ungünstig wurde, nur noch drei Grad Wärme.
Das Meer glich, durch die ungeheueren Wassermassen des Yaṅgtse
und des Tsientaṅg getrübt, einer dicken gelben Lehmbrühe und
brach sich in hässlichen regellosen Spritzwellen; die Farbe der
Luft und selbst der Sonnenschein, wo er durchbrach, waren kalt
und bleiern, die ganze Seelandschaft so graugelb und unfreund-
lich, wie man sie wohl vor der Scheldemündung findet. Thetis
und ein amerikanisches Barkschiff, die zugleich mit uns Naṅgasaki
verlassen und den Cours besser getroffen hatten, kamen nordöst-
lich in Sicht. Arkona suchte den ganzen Nachmittag an den
Saddle-Islands vorbeizukreuzen, bewerkstelligte das aber erst in der
Nacht, als Wind und Wellen sich etwas gelegt hatten, mit Hülfe
ihrer Schraube.
27. Febr.
Am Morgen des 28. war die See ruhiger, der Wind nicht
ungünstig. Die Thetis hatte glücklich manövrirt und war uns etwas
vorausgekommen. Wir steuerten nord-nord-westlich auf Gützlaff-
Island, eine Lootsenstation, die im Ausflusse des Yaṅgtse liegt,
dann auf ein Lootsenboot zu, das uns entgegenkam, und sandten
ein zweites das sich uns näherte, nach der Thetis. Gegen zwölf
passirte Arkona die Barre, auf der ein Leuchtschiff einsam in der
weiten Wasserwüste liegt. Eine Stunde später kam zu unserer
Rechten Land in Sicht, die Insel Tsuṅg-miṅg, welche die hier vier-
zehn bis funfzehn deutsche Meilen breite Mündung des Yaṅgtse
in zwei Arme spaltet, ein langer flacher Streifen. Dann wurde das
Südufer des Stromes sichtbar, dem wir uns immer mehr näherten.
Eine Menge chinesischer Dschunken und europäischer Kriegs- und
Handelsschiffe ankerten im Flusse, und über die niedrige mit Wei-
den bewachsene Landzunge, welche uns vom Wusuṅg-Flusse
trennte, ragte ein ganzer Wald von Masten. Der Lootse, ein Ameri-
kaner, führte die Arkona nah an das Ufer, und der Commodore
liess um halb vier an der von ihm bezeichneten Stelle Anker werfen.
Die Kette riss: sogleich wurde ein zweiter ausgworfen. Das Schiff
28. Febr.
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