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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866.

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Ermordung des Engländers Richardson. Anh. II.
Laterne gestand fortgelaufen zu sein, angeblich um Hülfe zu holen.
Am Morgen fand man unter der Veranda des Hauses eine grosse
Blutlache; dort hatte der verwundete Mörder sich also geborgen.
Man verfolgte die Blutspur eine Strecke durch den Garten, wurde
aber bald alles Suchens überhoben: ein Trabant des Fürsten Matsdaira
Tamba-no-kami
, welchem mit mehreren anderen Daimio's die Bewa-
chung der Gesandtschaft oblag, hatte eben Harakiru begangen,
nachdem er sich der That vor den Seinen gerühmt.

Hier hatte man es also nicht mit Banditen zu thun, sondern
mit einem Fanatiker reinsten Wassers. Der glühende Fremdenhass,
der ihn trieb, lebt sicher in einem grossen Theile der vom altjapa-
nischen Feudalismus zehrenden Samrai niederen Grades, mit welchen
es auch dann nicht an Conflicten fehlen kann, wenn die Machthaber
das Land dem freiesten Verkehr der Fremden aus Ueberzeugung
erschlossen haben werden. -- Als den Tag nach der That Herr
Neale die Leiche des Mörders zu sehen wünschte, gaben dessen
Gefährten nach einigem Zögern die Erlaubniss mit dem drohenden
Bedeuten, dass sie, von ihnen bewacht, im Tempel ausgestellt sein
würde. Der Geschäftsträger unterliess es unter diesen Umständen
lieber und hörte nachher, dass die Trabanten das ganze Per-
sonal der Gesandtschaft hätten niederhauen wollen, wenn eine un-
geweihte Hand ihren Cameraden berührte. Das waren die Schutz-
wächter!

Im September wurde abermals ein Mord durch Daimio-Tra-
banten verübt. Drei englische Kaufleute von Yokuhama und eine
Dame ritten auf dem Tokaido spazieren und begegneten dort dem
Zuge des nach Yeddo reisenden Simadso Saburo, Vaters des regie-
renden Fürsten von Satsuma. Ueber den Hergang herrscht nicht
völlige Klarheit. Die Trabanten sollen den Fremden gewinkt haben
umzukehren, die Engländer aber ihren Weg verfolgt und auf eine
zweite Aufforderung nur still gehalten haben, um den Zug passiren
zu lassen. Da wären die Trabanten mit wüthenden Streichen auf
sie eingedrungen. Die Dame entfloh im Galopp und brachte die
Nachricht dem Consul Vyse, der sich mit seiner englischen Schutz-
wache sogleich an Ort und Stelle begab. Er fand den entseelten
Körper des Herrn Richardson im Felde liegen, den Kopf vom Rumpfe
getrennt, die beiden anderen Herren schwer verwundet am Wege.
Diese sind später genesen. Sie behaupten, dass Simadso selbst
den Befehl zur Niedermetzelung gegeben hätte, was sich niemals

Ermordung des Engländers Richardson. Anh. II.
Laterne gestand fortgelaufen zu sein, angeblich um Hülfe zu holen.
Am Morgen fand man unter der Veranda des Hauses eine grosse
Blutlache; dort hatte der verwundete Mörder sich also geborgen.
Man verfolgte die Blutspur eine Strecke durch den Garten, wurde
aber bald alles Suchens überhoben: ein Trabant des Fürsten Matsdaïra
Tamba-no-kami
, welchem mit mehreren anderen Daïmio’s die Bewa-
chung der Gesandtschaft oblag, hatte eben Harakiru begangen,
nachdem er sich der That vor den Seinen gerühmt.

Hier hatte man es also nicht mit Banditen zu thun, sondern
mit einem Fanatiker reinsten Wassers. Der glühende Fremdenhass,
der ihn trieb, lebt sicher in einem grossen Theile der vom altjapa-
nischen Feudalismus zehrenden Samraï niederen Grades, mit welchen
es auch dann nicht an Conflicten fehlen kann, wenn die Machthaber
das Land dem freiesten Verkehr der Fremden aus Ueberzeugung
erschlossen haben werden. — Als den Tag nach der That Herr
Neale die Leiche des Mörders zu sehen wünschte, gaben dessen
Gefährten nach einigem Zögern die Erlaubniss mit dem drohenden
Bedeuten, dass sie, von ihnen bewacht, im Tempel ausgestellt sein
würde. Der Geschäftsträger unterliess es unter diesen Umständen
lieber und hörte nachher, dass die Trabanten das ganze Per-
sonal der Gesandtschaft hätten niederhauen wollen, wenn eine un-
geweihte Hand ihren Cameraden berührte. Das waren die Schutz-
wächter!

Im September wurde abermals ein Mord durch Daïmio-Tra-
banten verübt. Drei englische Kaufleute von Yokuhama und eine
Dame ritten auf dem Tokaïdo spazieren und begegneten dort dem
Zuge des nach Yeddo reisenden Šimadso Saburo, Vaters des regie-
renden Fürsten von Satsuma. Ueber den Hergang herrscht nicht
völlige Klarheit. Die Trabanten sollen den Fremden gewinkt haben
umzukehren, die Engländer aber ihren Weg verfolgt und auf eine
zweite Aufforderung nur still gehalten haben, um den Zug passiren
zu lassen. Da wären die Trabanten mit wüthenden Streichen auf
sie eingedrungen. Die Dame entfloh im Galopp und brachte die
Nachricht dem Consul Vyse, der sich mit seiner englischen Schutz-
wache sogleich an Ort und Stelle begab. Er fand den entseelten
Körper des Herrn Richardson im Felde liegen, den Kopf vom Rumpfe
getrennt, die beiden anderen Herren schwer verwundet am Wege.
Diese sind später genesen. Sie behaupten, dass Šimadso selbst
den Befehl zur Niedermetzelung gegeben hätte, was sich niemals

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[268/0288] Ermordung des Engländers Richardson. Anh. II. Laterne gestand fortgelaufen zu sein, angeblich um Hülfe zu holen. Am Morgen fand man unter der Veranda des Hauses eine grosse Blutlache; dort hatte der verwundete Mörder sich also geborgen. Man verfolgte die Blutspur eine Strecke durch den Garten, wurde aber bald alles Suchens überhoben: ein Trabant des Fürsten Matsdaïra Tamba-no-kami, welchem mit mehreren anderen Daïmio’s die Bewa- chung der Gesandtschaft oblag, hatte eben Harakiru begangen, nachdem er sich der That vor den Seinen gerühmt. Hier hatte man es also nicht mit Banditen zu thun, sondern mit einem Fanatiker reinsten Wassers. Der glühende Fremdenhass, der ihn trieb, lebt sicher in einem grossen Theile der vom altjapa- nischen Feudalismus zehrenden Samraï niederen Grades, mit welchen es auch dann nicht an Conflicten fehlen kann, wenn die Machthaber das Land dem freiesten Verkehr der Fremden aus Ueberzeugung erschlossen haben werden. — Als den Tag nach der That Herr Neale die Leiche des Mörders zu sehen wünschte, gaben dessen Gefährten nach einigem Zögern die Erlaubniss mit dem drohenden Bedeuten, dass sie, von ihnen bewacht, im Tempel ausgestellt sein würde. Der Geschäftsträger unterliess es unter diesen Umständen lieber und hörte nachher, dass die Trabanten das ganze Per- sonal der Gesandtschaft hätten niederhauen wollen, wenn eine un- geweihte Hand ihren Cameraden berührte. Das waren die Schutz- wächter! Im September wurde abermals ein Mord durch Daïmio-Tra- banten verübt. Drei englische Kaufleute von Yokuhama und eine Dame ritten auf dem Tokaïdo spazieren und begegneten dort dem Zuge des nach Yeddo reisenden Šimadso Saburo, Vaters des regie- renden Fürsten von Satsuma. Ueber den Hergang herrscht nicht völlige Klarheit. Die Trabanten sollen den Fremden gewinkt haben umzukehren, die Engländer aber ihren Weg verfolgt und auf eine zweite Aufforderung nur still gehalten haben, um den Zug passiren zu lassen. Da wären die Trabanten mit wüthenden Streichen auf sie eingedrungen. Die Dame entfloh im Galopp und brachte die Nachricht dem Consul Vyse, der sich mit seiner englischen Schutz- wache sogleich an Ort und Stelle begab. Er fand den entseelten Körper des Herrn Richardson im Felde liegen, den Kopf vom Rumpfe getrennt, die beiden anderen Herren schwer verwundet am Wege. Diese sind später genesen. Sie behaupten, dass Šimadso selbst den Befehl zur Niedermetzelung gegeben hätte, was sich niemals

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 2. Berlin, 1866, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien02_1866/288>, abgerufen am 22.11.2024.