[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.tragsrecht haben; und darunter möchte ich nennen den freien und unbeschränkten Verkehr mit den chinesischen Behörden und freien Zutritt in einige chinesische Städte, besonders Kan-ton. Die Be- handlung dieser Fragen fordert aber grosse Vorsicht; denn wenn wir sie in drohender Sprache urgiren und doch nichts durchsetzen, so würde die nationale Ehre uns zur Anwendung von Gewalt zwingen, und wir würden, um Resultate zu erlangen, deren prac- tische Vortheile nicht klar zu Tage liegen, die bedeutenden Han- delsinteressen gefährden, welche uns in China schon erwachsen sind und die bei guter und gemässigter Leitung täglich grössere Ausdehnung gewinnen werden." -- Diese Worte veranlassten Bowring, sofort freien Zutritt in Kan-ton für seine Landsleute und seinen eigenen feierlichen Empfang in einem Ya-mum dieser Stadt zu verlangen. Der Vice-König Yi lehnte jene Forderung wegen der noch immer feindseligen Volksstimmung nochmals ab und ant- wortete, Ueberbürdung mit Geschäften vorschützend, auf den zweiten Punct anfangs höflich und dilatorisch. Nun entspann sich eine Correspondenz über das vertragsmässige Recht der englischen Behörden, mit den chinesischen auf gleichem Fusse zu verkehren, welches Yi nicht anerkannt zu haben scheint. Er erklärte sich zum Empfange des englischen Bevollmächtigten bereit, brachte aber Oertlichkeiten dafür in Vorschlag, welche Bowring nicht an- gemessen schienen. So wichtig die Fragen der Etiquette im Ver- kehr mit den Chinesen nun auch sind, so war doch Bowring's fieberhaftes Begehren nach feierlichem Empfang nicht in den Um- ständen begründet; es musste den Chinesen lächerlich erscheinen und sie zur Hartnäckigkeit reizen. Der Ton der Correspondenz wurde immer bitterer; Yi verweigerte unbedingt den Empfang in einem Ya-mum und die Freigebung der Stadt für den Fremden- verkehr, berief sich auch in beiden Puncten auf Sir George Bon- ham, der niemals den Empfang beansprucht, und über die Zulassung in Kan-ton jene unklare Aeusserung gethan hatte. Am 24. Mai 1854 meldete Bowring dem Vice-König, dass tragsrecht haben; und darunter möchte ich nennen den freien und unbeschränkten Verkehr mit den chinesischen Behörden und freien Zutritt in einige chinesische Städte, besonders Kan-ton. Die Be- handlung dieser Fragen fordert aber grosse Vorsicht; denn wenn wir sie in drohender Sprache urgiren und doch nichts durchsetzen, so würde die nationale Ehre uns zur Anwendung von Gewalt zwingen, und wir würden, um Resultate zu erlangen, deren prac- tische Vortheile nicht klar zu Tage liegen, die bedeutenden Han- delsinteressen gefährden, welche uns in China schon erwachsen sind und die bei guter und gemässigter Leitung täglich grössere Ausdehnung gewinnen werden.« — Diese Worte veranlassten Bowring, sofort freien Zutritt in Kan-ton für seine Landsleute und seinen eigenen feierlichen Empfang in einem Ya-mūm dieser Stadt zu verlangen. Der Vice-König Yi lehnte jene Forderung wegen der noch immer feindseligen Volksstimmung nochmals ab und ant- wortete, Ueberbürdung mit Geschäften vorschützend, auf den zweiten Punct anfangs höflich und dilatorisch. Nun entspann sich eine Correspondenz über das vertragsmässige Recht der englischen Behörden, mit den chinesischen auf gleichem Fusse zu verkehren, welches Yi nicht anerkannt zu haben scheint. Er erklärte sich zum Empfange des englischen Bevollmächtigten bereit, brachte aber Oertlichkeiten dafür in Vorschlag, welche Bowring nicht an- gemessen schienen. So wichtig die Fragen der Etiquette im Ver- kehr mit den Chinesen nun auch sind, so war doch Bowring’s fieberhaftes Begehren nach feierlichem Empfang nicht in den Um- ständen begründet; es musste den Chinesen lächerlich erscheinen und sie zur Hartnäckigkeit reizen. Der Ton der Correspondenz wurde immer bitterer; Yi verweigerte unbedingt den Empfang in einem Ya-mūm und die Freigebung der Stadt für den Fremden- verkehr, berief sich auch in beiden Puncten auf Sir George Bon- ham, der niemals den Empfang beansprucht, und über die Zulassung in Kan-ton jene unklare Aeusserung gethan hatte. Am 24. Mai 1854 meldete Bowring dem Vice-König, dass <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0237" n="215"/><fw place="top" type="header">Dr. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119459078">Bowrings</persName> Schriftwechsel mit <hi rendition="#k"><persName ref="http://id.loc.gov/authorities/names/n2013019435">Yi</persName></hi>.</fw><lb/> tragsrecht haben; und darunter möchte ich nennen den freien und<lb/> unbeschränkten Verkehr mit den chinesischen Behörden und freien<lb/> Zutritt in einige chinesische Städte, besonders <hi rendition="#k"><placeName>Kan-ton</placeName></hi>. 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Dr. Bowrings Schriftwechsel mit Yi.
tragsrecht haben; und darunter möchte ich nennen den freien und
unbeschränkten Verkehr mit den chinesischen Behörden und freien
Zutritt in einige chinesische Städte, besonders Kan-ton. Die Be-
handlung dieser Fragen fordert aber grosse Vorsicht; denn wenn
wir sie in drohender Sprache urgiren und doch nichts durchsetzen,
so würde die nationale Ehre uns zur Anwendung von Gewalt
zwingen, und wir würden, um Resultate zu erlangen, deren prac-
tische Vortheile nicht klar zu Tage liegen, die bedeutenden Han-
delsinteressen gefährden, welche uns in China schon erwachsen
sind und die bei guter und gemässigter Leitung täglich grössere
Ausdehnung gewinnen werden.« — Diese Worte veranlassten
Bowring, sofort freien Zutritt in Kan-ton für seine Landsleute und
seinen eigenen feierlichen Empfang in einem Ya-mūm dieser Stadt
zu verlangen. Der Vice-König Yi lehnte jene Forderung wegen
der noch immer feindseligen Volksstimmung nochmals ab und ant-
wortete, Ueberbürdung mit Geschäften vorschützend, auf den
zweiten Punct anfangs höflich und dilatorisch. Nun entspann sich
eine Correspondenz über das vertragsmässige Recht der englischen
Behörden, mit den chinesischen auf gleichem Fusse zu verkehren,
welches Yi nicht anerkannt zu haben scheint. Er erklärte sich
zum Empfange des englischen Bevollmächtigten bereit, brachte
aber Oertlichkeiten dafür in Vorschlag, welche Bowring nicht an-
gemessen schienen. So wichtig die Fragen der Etiquette im Ver-
kehr mit den Chinesen nun auch sind, so war doch Bowring’s
fieberhaftes Begehren nach feierlichem Empfang nicht in den Um-
ständen begründet; es musste den Chinesen lächerlich erscheinen
und sie zur Hartnäckigkeit reizen. Der Ton der Correspondenz
wurde immer bitterer; Yi verweigerte unbedingt den Empfang in
einem Ya-mūm und die Freigebung der Stadt für den Fremden-
verkehr, berief sich auch in beiden Puncten auf Sir George Bon-
ham, der niemals den Empfang beansprucht, und über die Zulassung
in Kan-ton jene unklare Aeusserung gethan hatte.
Am 24. Mai 1854 meldete Bowring dem Vice-König, dass
er, auf weitere Erörterungen verzichtend, mit den anwesenden
Kriegsschiffen nach dem Norden gehe. In Shang-hae traf er den
americanischen Bevollmächtigten Mr. Maclane, welcher seine Cre-
ditive in Pe-kiṅ zu übergeben wünschte. — Bowring richtete am
10. Juli ein Schreiben an den in Su-tšau residirenden Vice-König
der beiden Kiaṅ, klagte darin über Yi’s Unhöflichkeit und
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