Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

Bild:
<< vorherige Seite

Dr. Bowring und Mr. Maclane in Shang-hae.
betheuerte, seine hochwichtigen Aufträge nur mit einem vom Kaiser
ausdrücklich dazu bevollmächtigten Beamten vom höchsten Range
besprechen zu können. I-lian antwortete sarkastisch und wies
Bowring an Yi als kaiserlichen Specialcommissar für alle den
Fremdenverkehr betreffenden Angelegenheiten zurück. -- Herrn
Maclane beschloss der Vice-König zu empfangen, aber nicht in
seiner Residenz, sondern in einem Dorf auf dem Wege nach
Su-tsau. Er stellte ihm dort das Ungehörige seiner Absicht, nach
Pe-kin zu gehen, eindringlich vor und glaubte, wie aus seinem
später in Kan-ton erbeuteten Schreiben an Yi hervorgeht, den Ameri-
caner beredet zu haben. Etwas später schrieb er mit Anspielung
auf Bowring's Beschwerden an den Kaiser: "Was auch diese
Häuptlinge gegen Yi-Min-Tsin sagen mögen, -- das ist klar,
dass Yi der Mann ist, den sie zu fürchten gewohnt sind. Sie be-
haupten, dass sie nach Tien-tsin gehen. Das mögen sie aber nur
vorgeben, um ihren Forderungen Gewährung zu verschaffen. Dein
Knecht hat ihnen mit liebevollem Ernst befohlen, zu bleiben, und
die Schiffe des Oberhauptes sind noch nicht abgefahren. Aber
sicher ist es nicht, -- so unbeständig und launenhaft ist der Bar-
baren Charakter, -- dass sie nicht doch am Ende nach dem Nor-
gen segeln und so versuchen, dem kaiserlichen Ansehen und den
hohen Behörden der Küstenbezirke Zwang anzuthun." Der Kaiser
antwortete: "Es ist der Barbaren Natur, listig und boshaft zu sein."
I-lian soll sie bedeuten, "dass in Tien-tsin eine Streitmacht versam-
melt ist, an Zahl gleich den Wolken".

Bowring und Maclane erschienen vor der Pei-ho-Mündung
mit einem englischen und drei americanischen Schiffen, von denen
nur eines über die Barre ging. Ihre Dolmetscher Parker und Med-
hurst
mussten mit zwei untergeordneten Mandarinen, Wan-Kien
und Swan-Zin, in Verhandlung treten, deren Bericht unter den Pa-
pieren in Yi's Palast gefunden wurde. Sie beklagen sich bitter
über die Unlenksamkeit der Barbaren und die Schwierigkeit, "deren
Eitelkeit und Anmaassung zu brechen, ihre boshafte Sophistik zu
schlagen"..... "Es ist auch gar nicht gewiss, dass sie nicht
schlimme Anschläge verbergen; denn eigentlich bezwecken sie, einen
Vorwand zu Zerwürfnissen zu finden..... Deine Knechte hielten
ihnen eine Rede über die Forderungen der Pflicht. Medhurst und
Parker hingen die Köpfe, da sie nichts zu erwiedern wussten, und
entschuldigten sich wegen ihrer Verirrung. Sie sagten ferner, da

Dr. Bowring und Mr. Maclane in Shang-hae.
betheuerte, seine hochwichtigen Aufträge nur mit einem vom Kaiser
ausdrücklich dazu bevollmächtigten Beamten vom höchsten Range
besprechen zu können. I-liaṅ antwortete sarkastisch und wies
Bowring an Yi als kaiserlichen Specialcommissar für alle den
Fremdenverkehr betreffenden Angelegenheiten zurück. — Herrn
Maclane beschloss der Vice-König zu empfangen, aber nicht in
seiner Residenz, sondern in einem Dorf auf dem Wege nach
Su-tšau. Er stellte ihm dort das Ungehörige seiner Absicht, nach
Pe-kiṅ zu gehen, eindringlich vor und glaubte, wie aus seinem
später in Kan-ton erbeuteten Schreiben an Yi hervorgeht, den Ameri-
caner beredet zu haben. Etwas später schrieb er mit Anspielung
auf Bowring’s Beschwerden an den Kaiser: »Was auch diese
Häuptlinge gegen Yi-Miṅ-Tšin sagen mögen, — das ist klar,
dass Yi der Mann ist, den sie zu fürchten gewohnt sind. Sie be-
haupten, dass sie nach Tien-tsin gehen. Das mögen sie aber nur
vorgeben, um ihren Forderungen Gewährung zu verschaffen. Dein
Knecht hat ihnen mit liebevollem Ernst befohlen, zu bleiben, und
die Schiffe des Oberhauptes sind noch nicht abgefahren. Aber
sicher ist es nicht, — so unbeständig und launenhaft ist der Bar-
baren Charakter, — dass sie nicht doch am Ende nach dem Nor-
gen segeln und so versuchen, dem kaiserlichen Ansehen und den
hohen Behörden der Küstenbezirke Zwang anzuthun.« Der Kaiser
antwortete: »Es ist der Barbaren Natur, listig und boshaft zu sein.«
I-liaṅ soll sie bedeuten, »dass in Tien-tsin eine Streitmacht versam-
melt ist, an Zahl gleich den Wolken«.

Bowring und Maclane erschienen vor der Pei-ho-Mündung
mit einem englischen und drei americanischen Schiffen, von denen
nur eines über die Barre ging. Ihre Dolmetscher Parker und Med-
hurst
mussten mit zwei untergeordneten Mandarinen, Wan-Kien
und Šwan-Ziṅ, in Verhandlung treten, deren Bericht unter den Pa-
pieren in Yi’s Palast gefunden wurde. Sie beklagen sich bitter
über die Unlenksamkeit der Barbaren und die Schwierigkeit, »deren
Eitelkeit und Anmaassung zu brechen, ihre boshafte Sophistik zu
schlagen«..... »Es ist auch gar nicht gewiss, dass sie nicht
schlimme Anschläge verbergen; denn eigentlich bezwecken sie, einen
Vorwand zu Zerwürfnissen zu finden..... Deine Knechte hielten
ihnen eine Rede über die Forderungen der Pflicht. Medhurst und
Parker hingen die Köpfe, da sie nichts zu erwiedern wussten, und
entschuldigten sich wegen ihrer Verirrung. Sie sagten ferner, da

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0238" n="216"/><fw place="top" type="header">Dr. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119459078">Bowring</persName> und Mr. <persName ref="http://id.loc.gov/authorities/names/n86873296">Maclane</persName> in <hi rendition="#k"><placeName>Shang-hae</placeName></hi>.</fw><lb/>
betheuerte, seine hochwichtigen Aufträge nur mit einem vom Kaiser<lb/>
ausdrücklich dazu bevollmächtigten Beamten vom höchsten Range<lb/>
besprechen zu können. <hi rendition="#k"><persName ref="nognd">I-lian&#x0307;</persName></hi> antwortete sarkastisch und wies<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/119459078">Bowring</persName> an <hi rendition="#k"><persName ref="http://id.loc.gov/authorities/names/n2013019435">Yi</persName></hi> als kaiserlichen Specialcommissar für alle den<lb/>
Fremdenverkehr betreffenden Angelegenheiten zurück. &#x2014; Herrn<lb/><persName ref="http://id.loc.gov/authorities/names/n86873296">Maclane</persName> beschloss der Vice-König zu empfangen, aber nicht in<lb/>
seiner Residenz, sondern in einem Dorf auf dem Wege nach<lb/><hi rendition="#k"><placeName>Su-t&#x0161;au</placeName></hi>. Er stellte ihm dort das Ungehörige seiner Absicht, nach<lb/><hi rendition="#k"><placeName>Pe-kin&#x0307;</placeName></hi> zu gehen, eindringlich vor und glaubte, wie aus seinem<lb/>
später in <hi rendition="#k"><placeName>Kan-ton</placeName></hi> erbeuteten Schreiben an <hi rendition="#k"><persName ref="http://id.loc.gov/authorities/names/n2013019435">Yi</persName></hi> hervorgeht, den Ameri-<lb/>
caner beredet zu haben. Etwas später schrieb er mit Anspielung<lb/>
auf <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119459078">Bowring&#x2019;s</persName> Beschwerden an den Kaiser: »Was auch diese<lb/>
Häuptlinge gegen <hi rendition="#k"><persName ref="http://id.loc.gov/authorities/names/n2013019435">Yi-Min&#x0307;-T&#x0161;in</persName></hi> sagen mögen, &#x2014; das ist klar,<lb/>
dass <hi rendition="#k"><persName ref="http://id.loc.gov/authorities/names/n2013019435">Yi</persName></hi> der Mann ist, den sie zu fürchten gewohnt sind. Sie be-<lb/>
haupten, dass sie nach <hi rendition="#k"><placeName>Tien-tsin</placeName></hi> gehen. Das mögen sie aber nur<lb/>
vorgeben, um ihren Forderungen Gewährung zu verschaffen. Dein<lb/>
Knecht hat ihnen mit liebevollem Ernst befohlen, zu bleiben, und<lb/>
die Schiffe des Oberhauptes sind noch nicht abgefahren. Aber<lb/>
sicher ist es nicht, &#x2014; so unbeständig und launenhaft ist der Bar-<lb/>
baren Charakter, &#x2014; dass sie nicht doch am Ende nach dem Nor-<lb/>
gen segeln und so versuchen, dem kaiserlichen Ansehen und den<lb/>
hohen Behörden der Küstenbezirke Zwang anzuthun.« Der Kaiser<lb/>
antwortete: »Es ist der Barbaren Natur, listig und boshaft zu sein.«<lb/><hi rendition="#k"><persName ref="nognd">I-lian&#x0307;</persName></hi> soll sie bedeuten, »dass in <hi rendition="#k"><placeName>Tien-tsin</placeName></hi> eine Streitmacht versam-<lb/>
melt ist, an Zahl gleich den Wolken«.</p><lb/>
          <p><persName ref="http://d-nb.info/gnd/119459078">Bowring</persName> und <persName ref="http://id.loc.gov/authorities/names/n86873296">Maclane</persName> erschienen vor der <placeName><hi rendition="#k">Pei-ho</hi>-Mündung</placeName><lb/>
mit einem englischen und drei americanischen Schiffen, von denen<lb/>
nur eines über die Barre ging. Ihre Dolmetscher <persName ref="nognd">Parker</persName> und <persName ref="http://d-nb.info/gnd/139625941">Med-<lb/>
hurst</persName> mussten mit zwei untergeordneten Mandarinen, <hi rendition="#k"><persName ref="nognd">Wan-Kien</persName></hi><lb/>
und <hi rendition="#k"><persName ref="nognd">&#x0160;wan-Zin&#x0307;</persName></hi>, in Verhandlung treten, deren Bericht unter den Pa-<lb/>
pieren in <persName ref="http://id.loc.gov/authorities/names/n2013019435"><hi rendition="#k">Yi</hi>&#x2019;s</persName> Palast gefunden wurde. Sie beklagen sich bitter<lb/>
über die Unlenksamkeit der Barbaren und die Schwierigkeit, »deren<lb/>
Eitelkeit und Anmaassung zu brechen, ihre boshafte Sophistik zu<lb/>
schlagen«..... »Es ist auch gar nicht gewiss, dass sie nicht<lb/>
schlimme Anschläge verbergen; denn eigentlich bezwecken sie, einen<lb/>
Vorwand zu Zerwürfnissen zu finden..... Deine Knechte hielten<lb/>
ihnen eine Rede über die Forderungen der Pflicht. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/139625941">Medhurst</persName> und<lb/><persName ref="nognd">Parker</persName> hingen die Köpfe, da sie nichts zu erwiedern wussten, und<lb/>
entschuldigten sich wegen ihrer Verirrung. Sie sagten ferner, da<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[216/0238] Dr. Bowring und Mr. Maclane in Shang-hae. betheuerte, seine hochwichtigen Aufträge nur mit einem vom Kaiser ausdrücklich dazu bevollmächtigten Beamten vom höchsten Range besprechen zu können. I-liaṅ antwortete sarkastisch und wies Bowring an Yi als kaiserlichen Specialcommissar für alle den Fremdenverkehr betreffenden Angelegenheiten zurück. — Herrn Maclane beschloss der Vice-König zu empfangen, aber nicht in seiner Residenz, sondern in einem Dorf auf dem Wege nach Su-tšau. Er stellte ihm dort das Ungehörige seiner Absicht, nach Pe-kiṅ zu gehen, eindringlich vor und glaubte, wie aus seinem später in Kan-ton erbeuteten Schreiben an Yi hervorgeht, den Ameri- caner beredet zu haben. Etwas später schrieb er mit Anspielung auf Bowring’s Beschwerden an den Kaiser: »Was auch diese Häuptlinge gegen Yi-Miṅ-Tšin sagen mögen, — das ist klar, dass Yi der Mann ist, den sie zu fürchten gewohnt sind. Sie be- haupten, dass sie nach Tien-tsin gehen. Das mögen sie aber nur vorgeben, um ihren Forderungen Gewährung zu verschaffen. Dein Knecht hat ihnen mit liebevollem Ernst befohlen, zu bleiben, und die Schiffe des Oberhauptes sind noch nicht abgefahren. Aber sicher ist es nicht, — so unbeständig und launenhaft ist der Bar- baren Charakter, — dass sie nicht doch am Ende nach dem Nor- gen segeln und so versuchen, dem kaiserlichen Ansehen und den hohen Behörden der Küstenbezirke Zwang anzuthun.« Der Kaiser antwortete: »Es ist der Barbaren Natur, listig und boshaft zu sein.« I-liaṅ soll sie bedeuten, »dass in Tien-tsin eine Streitmacht versam- melt ist, an Zahl gleich den Wolken«. Bowring und Maclane erschienen vor der Pei-ho-Mündung mit einem englischen und drei americanischen Schiffen, von denen nur eines über die Barre ging. Ihre Dolmetscher Parker und Med- hurst mussten mit zwei untergeordneten Mandarinen, Wan-Kien und Šwan-Ziṅ, in Verhandlung treten, deren Bericht unter den Pa- pieren in Yi’s Palast gefunden wurde. Sie beklagen sich bitter über die Unlenksamkeit der Barbaren und die Schwierigkeit, »deren Eitelkeit und Anmaassung zu brechen, ihre boshafte Sophistik zu schlagen«..... »Es ist auch gar nicht gewiss, dass sie nicht schlimme Anschläge verbergen; denn eigentlich bezwecken sie, einen Vorwand zu Zerwürfnissen zu finden..... Deine Knechte hielten ihnen eine Rede über die Forderungen der Pflicht. Medhurst und Parker hingen die Köpfe, da sie nichts zu erwiedern wussten, und entschuldigten sich wegen ihrer Verirrung. Sie sagten ferner, da

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/238
Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/238>, abgerufen am 21.11.2024.