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[Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873.

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Missionare in Su-tsau.
genten, Verbündete an ihnen zu finden, wurde durch beschränkte
Missionare und gewissenlose Kaufleute genährt. Unter letzteren
gab es viele, die, der Verträge achtlos, durch Lieferung von
Kriegsbedarf an die Rebellen in Eile reich zu werden hofften.
Diese und die zahlreichen fremden Abenteurer in den chinesischen
Hafenplätzen mussten, abgesehen von jeder Gesinnung, im Fort-
leben des Aufstandes ihren Vortheil finden. Konnten die Tae-pin
in Shang-hae Dampfer kaufen, sich mit Schiesswaffen versorgen
und eine Anzahl Fremde als Schiffsführer, Ingenieure und Instruc-
toren für ihren Dienst gewinnen, so war ihnen auch ohne den Bei-
stand der fremden Truppen innerhalb gewisser Grenzen der Sieg über
die Kaiserlichen gewiss; und darauf hofften sie sicher.

Der Kan-wan traf bald nach der Besetzung von Su-tsau
dort ein, um die Verhältnisse zu ordnen. Er liess die Schätze der
Stadt an Silber und Seide nebst vielen Vorräthen nach Nan-kin
schleppen und führte eine regelmässige Besteuerung der ländlichen
Bevölkerung ein. Gemeinschaftlich mit dem Tsun-wan richtete
Hun-dzin an die Missionare Griffith John und Edkins in Shang-hae
eine Einladung, nach Su-tsau zu kommen, "zu Besprechung reli-
giöser Angelegenheiten".

Am 30. Juli brachen diese Herren mit drei anderen Geist-
lichen von Shang-hae auf. Die Insurgenten, deren Vorposten kaum
zwei Meilen von da standen, waren dort sehr gemässigt verfahren;
das Landvolk arbeitete auf den Aeckern wie im Frieden; Mauer-
anschläge in den Dörfern forderten die Bevölkerung auf, ruhig zu
bleiben, ihren Beschäftigungen nachzugehen und als gehorsame
Unterthanen Beisteuern zu liefern. "Uns gilt es gleich," sagten die
Bauern, "ob Hien-fun regiert oder der Tien-wan, wenn man uns
nur in Ruhe lässt." Es währte nicht lange bis sie den Unterschied
merkten. -- Weiterhin lagen die grösseren Märkte und Städte in
Trümmern; Weiber und Greise irrten jammernd auf den rauchen-
den Brandstätten umher. Haufen von Leichen bedeckten die Ufer
der Canäle, auf welchen die Missionare reisten; diese legten
partheiisch die Verwüstungen vorwiegend den Kaiserlichen zur
Last. "Die Leute," schreibt Griffith John an die Londoner
Missions-Gesellschaft, "reden im Allgemeinen Gutes von den älteren
Rebellen, sie seien menschlich in der Behandlung des Volkes;
aller Schaden werde von denen angerichtet, die sich ihnen erst
neuerlich anschlossen. Wir freuten uns sowohl in Su-tsau als in

Missionare in Su-tšau.
genten, Verbündete an ihnen zu finden, wurde durch beschränkte
Missionare und gewissenlose Kaufleute genährt. Unter letzteren
gab es viele, die, der Verträge achtlos, durch Lieferung von
Kriegsbedarf an die Rebellen in Eile reich zu werden hofften.
Diese und die zahlreichen fremden Abenteurer in den chinesischen
Hafenplätzen mussten, abgesehen von jeder Gesinnung, im Fort-
leben des Aufstandes ihren Vortheil finden. Konnten die Tae-piṅ
in Shang-hae Dampfer kaufen, sich mit Schiesswaffen versorgen
und eine Anzahl Fremde als Schiffsführer, Ingenieure und Instruc-
toren für ihren Dienst gewinnen, so war ihnen auch ohne den Bei-
stand der fremden Truppen innerhalb gewisser Grenzen der Sieg über
die Kaiserlichen gewiss; und darauf hofften sie sicher.

Der Kan-waṅ traf bald nach der Besetzung von Su-tšau
dort ein, um die Verhältnisse zu ordnen. Er liess die Schätze der
Stadt an Silber und Seide nebst vielen Vorräthen nach Nan-kiṅ
schleppen und führte eine regelmässige Besteuerung der ländlichen
Bevölkerung ein. Gemeinschaftlich mit dem Tšun-waṅ richtete
Huṅ-džin an die Missionare Griffith John und Edkins in Shang-hae
eine Einladung, nach Su-tšau zu kommen, »zu Besprechung reli-
giöser Angelegenheiten«.

Am 30. Juli brachen diese Herren mit drei anderen Geist-
lichen von Shang-hae auf. Die Insurgenten, deren Vorposten kaum
zwei Meilen von da standen, waren dort sehr gemässigt verfahren;
das Landvolk arbeitete auf den Aeckern wie im Frieden; Mauer-
anschläge in den Dörfern forderten die Bevölkerung auf, ruhig zu
bleiben, ihren Beschäftigungen nachzugehen und als gehorsame
Unterthanen Beisteuern zu liefern. »Uns gilt es gleich,« sagten die
Bauern, »ob Hien-fuṅ regiert oder der Tien-waṅ, wenn man uns
nur in Ruhe lässt.« Es währte nicht lange bis sie den Unterschied
merkten. — Weiterhin lagen die grösseren Märkte und Städte in
Trümmern; Weiber und Greise irrten jammernd auf den rauchen-
den Brandstätten umher. Haufen von Leichen bedeckten die Ufer
der Canäle, auf welchen die Missionare reisten; diese legten
partheiisch die Verwüstungen vorwiegend den Kaiserlichen zur
Last. »Die Leute,« schreibt Griffith John an die Londoner
Missions-Gesellschaft, »reden im Allgemeinen Gutes von den älteren
Rebellen, sie seien menschlich in der Behandlung des Volkes;
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neuerlich anschlossen. Wir freuten uns sowohl in Su-tšau als in

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[277/0299] Missionare in Su-tšau. genten, Verbündete an ihnen zu finden, wurde durch beschränkte Missionare und gewissenlose Kaufleute genährt. Unter letzteren gab es viele, die, der Verträge achtlos, durch Lieferung von Kriegsbedarf an die Rebellen in Eile reich zu werden hofften. Diese und die zahlreichen fremden Abenteurer in den chinesischen Hafenplätzen mussten, abgesehen von jeder Gesinnung, im Fort- leben des Aufstandes ihren Vortheil finden. Konnten die Tae-piṅ in Shang-hae Dampfer kaufen, sich mit Schiesswaffen versorgen und eine Anzahl Fremde als Schiffsführer, Ingenieure und Instruc- toren für ihren Dienst gewinnen, so war ihnen auch ohne den Bei- stand der fremden Truppen innerhalb gewisser Grenzen der Sieg über die Kaiserlichen gewiss; und darauf hofften sie sicher. Der Kan-waṅ traf bald nach der Besetzung von Su-tšau dort ein, um die Verhältnisse zu ordnen. Er liess die Schätze der Stadt an Silber und Seide nebst vielen Vorräthen nach Nan-kiṅ schleppen und führte eine regelmässige Besteuerung der ländlichen Bevölkerung ein. Gemeinschaftlich mit dem Tšun-waṅ richtete Huṅ-džin an die Missionare Griffith John und Edkins in Shang-hae eine Einladung, nach Su-tšau zu kommen, »zu Besprechung reli- giöser Angelegenheiten«. Am 30. Juli brachen diese Herren mit drei anderen Geist- lichen von Shang-hae auf. Die Insurgenten, deren Vorposten kaum zwei Meilen von da standen, waren dort sehr gemässigt verfahren; das Landvolk arbeitete auf den Aeckern wie im Frieden; Mauer- anschläge in den Dörfern forderten die Bevölkerung auf, ruhig zu bleiben, ihren Beschäftigungen nachzugehen und als gehorsame Unterthanen Beisteuern zu liefern. »Uns gilt es gleich,« sagten die Bauern, »ob Hien-fuṅ regiert oder der Tien-waṅ, wenn man uns nur in Ruhe lässt.« Es währte nicht lange bis sie den Unterschied merkten. — Weiterhin lagen die grösseren Märkte und Städte in Trümmern; Weiber und Greise irrten jammernd auf den rauchen- den Brandstätten umher. Haufen von Leichen bedeckten die Ufer der Canäle, auf welchen die Missionare reisten; diese legten partheiisch die Verwüstungen vorwiegend den Kaiserlichen zur Last. »Die Leute,« schreibt Griffith John an die Londoner Missions-Gesellschaft, »reden im Allgemeinen Gutes von den älteren Rebellen, sie seien menschlich in der Behandlung des Volkes; aller Schaden werde von denen angerichtet, die sich ihnen erst neuerlich anschlossen. Wir freuten uns sowohl in Su-tšau als in

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Zitationshilfe: [Berg, Albert]: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Bd. 3. Berlin, 1873, S. 277. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien03_1873/299>, abgerufen am 22.11.2024.