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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873.

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XIX. Umgebung.
Slaney nach den an der Südküste gelegenen "Aberdeen docks".
Nach Süden und Westen liegen hundert kleinere Eilande um die
Insel ausgestreut, lauter trockene Felsen, deren Ritzen kümmerliche
Sträucher nähren. Hongkong selbst stürzt westlich in schroffen
Wänden ab, von denen hier und da ein Bach in jähem Sprung
zum Meere eilt. Die reizende Fahrt dauerte kaum eine Stunde.
Um das schöne Dock, das ein Schotte aus Speculation baute, hat
sich ein chinesisches Dorf angesiedelt; gegenüber liegt jenseit eines
schmalen Meeresarmes ein Inselchen. Der Capitän des englischen
Schiffes Vulcan, das grade dort ausgebessert wurde, führte den
Gesandten über die ganze Werft und bewirthete ihn dann in
seiner Kajüte. -- Gegen sechs ankerte Capitän Borlace mit dem
Slaney wieder auf der Rhede von Victoria und erntete den Dank
seiner Gäste für den angenehmen Tag. -- Abends speisten der Ge-
sandte und seine Begleiter beim Gouverneur, dessen Verdienste um
die Colonie allgemein gerühmt wurden.

Am folgenden Nachmittag gingen wir nach dem eine halbe
Stunde östlich von der Stadt gelegenen Rennplatz. Elegante Wa-
gen, Reiter und viele von chinesischen Stallknechten geführte edele
Pferde belebten die breite in den Felsen gesprengte Kunststrasse;
abgesehen von den Zöpfen hätte man glauben sollen, bei einem
fashionablen englischen Badeort zu sein. Der Rennplatz liegt in
einem nach dem Meere geöffneten Thalgrund zwischen malerischen
Felsgruppen und üppig bewaldeten Hängen. Im Windschutz stehen
einzelne Cocos-Palmen. -- Die Chaussee läuft, den Rennplatz rechts
lassend, an einem bunten zwischen Felsen gebetteten Tempelchen
vorbei, dann weiter östlich, hier und da eine Felsrippe schneidend,
theils am Strande hin, theils in geringer Entfernung davon. Auch
hier sind die Hänge bewaldet; aus kühlen schattigen Schluchten
rieseln klare Gewässer dem Meere zu. Viele Dschunken und Boote
liegen auf dem weissen Ufersand, wo zwischen überhängenden
Klippen arme Fischer hausen. Weiterhinaus haben die Eng-
länder eine seichte Bucht vom Meere abgeschnitten, um ebenen
Boden zu gewinnen. Am Bergeshang jenseits thront auf hoher
Terrasse ein Tempel im dichtesten Grün. Die vielen in dieser Ge-
gend und am Rennplatz erbauten Villen stehen verschlossen, es
soll der ungesundeste Fleck der Insel sein.

Am Abend des 16. November gaben die deutschen Kaufleute
dem Gesandten in den Räumen des englischen Clubhauses ein

XIX. Umgebung.
Slaney nach den an der Südküste gelegenen »Aberdeen docks«.
Nach Süden und Westen liegen hundert kleinere Eilande um die
Insel ausgestreut, lauter trockene Felsen, deren Ritzen kümmerliche
Sträucher nähren. Hongkong selbst stürzt westlich in schroffen
Wänden ab, von denen hier und da ein Bach in jähem Sprung
zum Meere eilt. Die reizende Fahrt dauerte kaum eine Stunde.
Um das schöne Dock, das ein Schotte aus Speculation baute, hat
sich ein chinesisches Dorf angesiedelt; gegenüber liegt jenseit eines
schmalen Meeresarmes ein Inselchen. Der Capitän des englischen
Schiffes Vulcan, das grade dort ausgebessert wurde, führte den
Gesandten über die ganze Werft und bewirthete ihn dann in
seiner Kajüte. — Gegen sechs ankerte Capitän Borlace mit dem
Slaney wieder auf der Rhede von Victoria und erntete den Dank
seiner Gäste für den angenehmen Tag. — Abends speisten der Ge-
sandte und seine Begleiter beim Gouverneur, dessen Verdienste um
die Colonie allgemein gerühmt wurden.

Am folgenden Nachmittag gingen wir nach dem eine halbe
Stunde östlich von der Stadt gelegenen Rennplatz. Elegante Wa-
gen, Reiter und viele von chinesischen Stallknechten geführte edele
Pferde belebten die breite in den Felsen gesprengte Kunststrasse;
abgesehen von den Zöpfen hätte man glauben sollen, bei einem
fashionablen englischen Badeort zu sein. Der Rennplatz liegt in
einem nach dem Meere geöffneten Thalgrund zwischen malerischen
Felsgruppen und üppig bewaldeten Hängen. Im Windschutz stehen
einzelne Cocos-Palmen. — Die Chaussee läuft, den Rennplatz rechts
lassend, an einem bunten zwischen Felsen gebetteten Tempelchen
vorbei, dann weiter östlich, hier und da eine Felsrippe schneidend,
theils am Strande hin, theils in geringer Entfernung davon. Auch
hier sind die Hänge bewaldet; aus kühlen schattigen Schluchten
rieseln klare Gewässer dem Meere zu. Viele Dschunken und Boote
liegen auf dem weissen Ufersand, wo zwischen überhängenden
Klippen arme Fischer hausen. Weiterhinaus haben die Eng-
länder eine seichte Bucht vom Meere abgeschnitten, um ebenen
Boden zu gewinnen. Am Bergeshang jenseits thront auf hoher
Terrasse ein Tempel im dichtesten Grün. Die vielen in dieser Ge-
gend und am Rennplatz erbauten Villen stehen verschlossen, es
soll der ungesundeste Fleck der Insel sein.

Am Abend des 16. November gaben die deutschen Kaufleute
dem Gesandten in den Räumen des englischen Clubhauses ein

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[185/0199] XIX. Umgebung. Slaney nach den an der Südküste gelegenen »Aberdeen docks«. Nach Süden und Westen liegen hundert kleinere Eilande um die Insel ausgestreut, lauter trockene Felsen, deren Ritzen kümmerliche Sträucher nähren. Hongkong selbst stürzt westlich in schroffen Wänden ab, von denen hier und da ein Bach in jähem Sprung zum Meere eilt. Die reizende Fahrt dauerte kaum eine Stunde. Um das schöne Dock, das ein Schotte aus Speculation baute, hat sich ein chinesisches Dorf angesiedelt; gegenüber liegt jenseit eines schmalen Meeresarmes ein Inselchen. Der Capitän des englischen Schiffes Vulcan, das grade dort ausgebessert wurde, führte den Gesandten über die ganze Werft und bewirthete ihn dann in seiner Kajüte. — Gegen sechs ankerte Capitän Borlace mit dem Slaney wieder auf der Rhede von Victoria und erntete den Dank seiner Gäste für den angenehmen Tag. — Abends speisten der Ge- sandte und seine Begleiter beim Gouverneur, dessen Verdienste um die Colonie allgemein gerühmt wurden. Am folgenden Nachmittag gingen wir nach dem eine halbe Stunde östlich von der Stadt gelegenen Rennplatz. Elegante Wa- gen, Reiter und viele von chinesischen Stallknechten geführte edele Pferde belebten die breite in den Felsen gesprengte Kunststrasse; abgesehen von den Zöpfen hätte man glauben sollen, bei einem fashionablen englischen Badeort zu sein. Der Rennplatz liegt in einem nach dem Meere geöffneten Thalgrund zwischen malerischen Felsgruppen und üppig bewaldeten Hängen. Im Windschutz stehen einzelne Cocos-Palmen. — Die Chaussee läuft, den Rennplatz rechts lassend, an einem bunten zwischen Felsen gebetteten Tempelchen vorbei, dann weiter östlich, hier und da eine Felsrippe schneidend, theils am Strande hin, theils in geringer Entfernung davon. Auch hier sind die Hänge bewaldet; aus kühlen schattigen Schluchten rieseln klare Gewässer dem Meere zu. Viele Dschunken und Boote liegen auf dem weissen Ufersand, wo zwischen überhängenden Klippen arme Fischer hausen. Weiterhinaus haben die Eng- länder eine seichte Bucht vom Meere abgeschnitten, um ebenen Boden zu gewinnen. Am Bergeshang jenseits thront auf hoher Terrasse ein Tempel im dichtesten Grün. Die vielen in dieser Ge- gend und am Rennplatz erbauten Villen stehen verschlossen, es soll der ungesundeste Fleck der Insel sein. Am Abend des 16. November gaben die deutschen Kaufleute dem Gesandten in den Räumen des englischen Clubhauses ein

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Zitationshilfe: Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/199>, abgerufen am 23.11.2024.