Die grosse Insel Hian-san, deren Südspitze die Halbinsel Gau-mun oder Macao bildet, liegt südlich vor der Hauptmündung des Perl-Flusses, besser gesagt, vor dem Labyrinthe kleinerer Rinn- sale, in welche die Gewässer des Tsu-kian sich unterhalb Kan-ton nach Süden verzweigen. Ein schmaler Arm trennt die Insel vom Festlande. Nach Kan-ton führt von Macao aus durch dieses Netz eine vielbefahrene Wasserstrasse, die "Innere Passage" im Gegensatz zur äusseren genannt, unter welcher man den Weg an der Ostküste der Insel entlang nach der Bocca Tigris versteht.
Die Halbinsel Macao ist durch einen sandigen Isthmus von kaum hundert Schritt Breite mit der Insel verbunden. Quer über denselben läuft eine Mauer, bei welcher früher portugiesische und chinesische Wachtposten zu stehen pflegten. Der ganze Umfang der Halbinsel mag fast zwei Meilen betragen. -- Dicht bei dem Isthmus erhebt sich ein Felsberg mit Burgtrümmern, von welchem ein be- waldeter Höhenzug, östlich vom Meere bespült, nach Süden läuft; schroffe Klippen und losgelöste Blöcke, zwischen welchen sich malerische Fischerhütten eingenistet haben, sind in die klare stille Bucht am Isthmus hin ausgestreut. An seinem südlichen Ende bildet dieser Höhenzug ein hübsches Vorgebirge, wendet sich dann, in breiten Felsmassen ansteigend, scharf nach Westen und läuft end- lich die Halbinsel quer durchsetzend in sanfter Abdachung bis an den ihr nördliches Ufer bespülenden Meeresarm. Auf seinen Gipfeln thronen die portugiesischen Festen, die nach Süden das hohe Meer, nach Norden die fruchtbare Ebene bis zum Isthmus beherrschen. Westlich von jener Abdachung zieht sich die Halb- insel zu einem schmalen niedrigen Sattel zusammen, auf welchem die Stadt Macao liegt, und steigt jenseit derselben zu einem schroffen Felscap mit doppeltem Gipfel auf, welches spitz in die See aus- läuft. Neben diesem Vorgebirge mündet der schmale versandete Eingang des "Inneren Hafens", der sich nordöstlich zu einem tief in die Insel schneidenden Becken mit grünen Inseln erweitert. Die Ufer säumen auch jenseit des Isthmus fruchtbare bergumkränzte Ebenen.
Die vornehmere portugiesische Seite der Stadt blickt südlich auf das hohe Meer; hier stehen an der "Praja" die stattlichsten Gebäude. Dahinter führen abschüssige Gassen über den schmalen Sattel nach dem inneren Hafenbecken, das von chinesischen Fahr- zeugen jeder Gattung wimmelt; für tiefgehende westländische Schiffe
XIX. Macao.
Die grosse Insel Hiaṅ-šan, deren Südspitze die Halbinsel Gau-mun oder Macao bildet, liegt südlich vor der Hauptmündung des Perl-Flusses, besser gesagt, vor dem Labyrinthe kleinerer Rinn- sale, in welche die Gewässer des Tšu-kiaṅ sich unterhalb Kan-ton nach Süden verzweigen. Ein schmaler Arm trennt die Insel vom Festlande. Nach Kan-ton führt von Macao aus durch dieses Netz eine vielbefahrene Wasserstrasse, die »Innere Passage« im Gegensatz zur äusseren genannt, unter welcher man den Weg an der Ostküste der Insel entlang nach der Bocca Tigris versteht.
Die Halbinsel Macao ist durch einen sandigen Isthmus von kaum hundert Schritt Breite mit der Insel verbunden. Quer über denselben läuft eine Mauer, bei welcher früher portugiesische und chinesische Wachtposten zu stehen pflegten. Der ganze Umfang der Halbinsel mag fast zwei Meilen betragen. — Dicht bei dem Isthmus erhebt sich ein Felsberg mit Burgtrümmern, von welchem ein be- waldeter Höhenzug, östlich vom Meere bespült, nach Süden läuft; schroffe Klippen und losgelöste Blöcke, zwischen welchen sich malerische Fischerhütten eingenistet haben, sind in die klare stille Bucht am Isthmus hin ausgestreut. An seinem südlichen Ende bildet dieser Höhenzug ein hübsches Vorgebirge, wendet sich dann, in breiten Felsmassen ansteigend, scharf nach Westen und läuft end- lich die Halbinsel quer durchsetzend in sanfter Abdachung bis an den ihr nördliches Ufer bespülenden Meeresarm. Auf seinen Gipfeln thronen die portugiesischen Festen, die nach Süden das hohe Meer, nach Norden die fruchtbare Ebene bis zum Isthmus beherrschen. Westlich von jener Abdachung zieht sich die Halb- insel zu einem schmalen niedrigen Sattel zusammen, auf welchem die Stadt Macao liegt, und steigt jenseit derselben zu einem schroffen Felscap mit doppeltem Gipfel auf, welches spitz in die See aus- läuft. Neben diesem Vorgebirge mündet der schmale versandete Eingang des »Inneren Hafens«, der sich nordöstlich zu einem tief in die Insel schneidenden Becken mit grünen Inseln erweitert. Die Ufer säumen auch jenseit des Isthmus fruchtbare bergumkränzte Ebenen.
Die vornehmere portugiesische Seite der Stadt blickt südlich auf das hohe Meer; hier stehen an der »Praja« die stattlichsten Gebäude. Dahinter führen abschüssige Gassen über den schmalen Sattel nach dem inneren Hafenbecken, das von chinesischen Fahr- zeugen jeder Gattung wimmelt; für tiefgehende westländische Schiffe
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XIX. Macao.
Die grosse Insel Hiaṅ-šan, deren Südspitze die Halbinsel
Gau-mun oder Macao bildet, liegt südlich vor der Hauptmündung
des Perl-Flusses, besser gesagt, vor dem Labyrinthe kleinerer Rinn-
sale, in welche die Gewässer des Tšu-kiaṅ sich unterhalb Kan-ton
nach Süden verzweigen. Ein schmaler Arm trennt die Insel vom
Festlande. Nach Kan-ton führt von Macao aus durch dieses Netz
eine vielbefahrene Wasserstrasse, die »Innere Passage« im Gegensatz
zur äusseren genannt, unter welcher man den Weg an der Ostküste
der Insel entlang nach der Bocca Tigris versteht.
Die Halbinsel Macao ist durch einen sandigen Isthmus von
kaum hundert Schritt Breite mit der Insel verbunden. Quer über
denselben läuft eine Mauer, bei welcher früher portugiesische und
chinesische Wachtposten zu stehen pflegten. Der ganze Umfang der
Halbinsel mag fast zwei Meilen betragen. — Dicht bei dem Isthmus
erhebt sich ein Felsberg mit Burgtrümmern, von welchem ein be-
waldeter Höhenzug, östlich vom Meere bespült, nach Süden läuft;
schroffe Klippen und losgelöste Blöcke, zwischen welchen sich
malerische Fischerhütten eingenistet haben, sind in die klare stille
Bucht am Isthmus hin ausgestreut. An seinem südlichen Ende bildet
dieser Höhenzug ein hübsches Vorgebirge, wendet sich dann, in
breiten Felsmassen ansteigend, scharf nach Westen und läuft end-
lich die Halbinsel quer durchsetzend in sanfter Abdachung bis
an den ihr nördliches Ufer bespülenden Meeresarm. Auf seinen
Gipfeln thronen die portugiesischen Festen, die nach Süden das
hohe Meer, nach Norden die fruchtbare Ebene bis zum Isthmus
beherrschen. Westlich von jener Abdachung zieht sich die Halb-
insel zu einem schmalen niedrigen Sattel zusammen, auf welchem
die Stadt Macao liegt, und steigt jenseit derselben zu einem schroffen
Felscap mit doppeltem Gipfel auf, welches spitz in die See aus-
läuft. Neben diesem Vorgebirge mündet der schmale versandete
Eingang des »Inneren Hafens«, der sich nordöstlich zu einem tief
in die Insel schneidenden Becken mit grünen Inseln erweitert. Die
Ufer säumen auch jenseit des Isthmus fruchtbare bergumkränzte
Ebenen.
Die vornehmere portugiesische Seite der Stadt blickt südlich
auf das hohe Meer; hier stehen an der »Praja« die stattlichsten
Gebäude. Dahinter führen abschüssige Gassen über den schmalen
Sattel nach dem inneren Hafenbecken, das von chinesischen Fahr-
zeugen jeder Gattung wimmelt; für tiefgehende westländische Schiffe
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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/213>, abgerufen am 27.11.2024.
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