Maassregeln getroffen. Die Regentschaftsräthe sollen sich darauf in den Palast begeben haben; über das, was sich dort zu- trug, giebt folgendes Decret einigen Aufschluss, das an demselben Abend ausgefertigt wurde.
"Da die drei Individuen Tsae-yuen, Twan-wa und Su-tsuen schon vor unserer Abreise von unserem Hof in Dzehol ihre Stellung als unsere Diener vergessen hatten, so befahlen wir Yi-wan, Prinzen von Tsun, für uns ein Decret auszufertigen, welches bestimmte, dass Tsae-yuen und die beiden anderen aus ihren Stellungen entfernt wür- den; und wir liessen heute Yi-sin, Prinzen von Kun, in unsere Gegen- wart berufen, mit dem Befehl, die Gross-Secretäre Kwei-lian und Tsan-tsu-pei, und Wen-sian, Mitglied des Staatsraths und Vice-Prä- sidenten des Finanz-Ministeriums mitzubringen. Tsae-yuen aber und seine Genossen nahmen sich heraus, ihren Eintritt verhindern zu wollen, indem sie mit frecher Heftigkeit erklärten, es zieme sich nicht, dass wir äussere Minister (solche, die nicht zum Regentschaftsrath ge- hörten) vor uns beriefen. Wo würde solche Unverschämtheit enden? Durch unser früheres Decret wurden sie ihrer Aemter entsetzt; aber dieser Spruch steht nicht im Verhältniss zu ihrem Vergehen.
Wir befehlen, das Yi-sin, Prinz von Kun, Kwei-lian, Tsan- tsu-pei und Wen-sian sofort unseren Willen bekannt machen, dass Tsae-yuen, Twan-wa und Su-tsuen ihres erblichen Ranges entkleidet und vor Gericht gestellt werden. Ihre Angelegenheit wird vor den höchsten Gerichtshof verwiesen, mit welchem die Mitglieder des Gross- Secretariates, der neun hohen Gerichtshöfe, die Han-lin-yuen, die Sen-tse-fu und die Censoren eine strenge Strafe für ihre Vergehen aussprechen werden."
Gleich darauf erschienen am 2. November noch zwei andere Decrete: das erste befahl dem Prinzen von Tsun, Su-tsuen zu ver- haften; das zweite beauftragte die höchsten Staatsbehörden mit Prüfung zweier Denkschriften, welche die Regentschaft der Kaiserin befürworteten. Die eine rührte von Kia-tsin, Tsan-tsu-pei und anderen Civilbeamten, die andere von dem in diesen Blättern schon genannten Tartaren-General Tsen-pao her.
Der Gross-Secretär Kia-tsin stellt zunächst den Satz auf, dass die höchste Macht niemals in die Hand eines Unterthanen kommen dürfe, weil solcher sie sich mit der Zeit aneigne; ferner dürften die Gesetze der Etiquette auch nicht ein Haarbreit über- schritten werden, weil sonst Missbräuche entständen. Der Ver- fasser beweist dann aus dem Wortlaut von Hien-fun's letztwilliger
XIX. Der Staatsstreich in Pe-kiṅ.
Maassregeln getroffen. Die Regentschaftsräthe sollen sich darauf in den Palast begeben haben; über das, was sich dort zu- trug, giebt folgendes Decret einigen Aufschluss, das an demselben Abend ausgefertigt wurde.
»Da die drei Individuen Tsae-yuen, Twan-wa und Su-tšuen schon vor unserer Abreise von unserem Hof in Džehol ihre Stellung als unsere Diener vergessen hatten, so befahlen wir Yi-wan, Prinzen von Tšuṅ, für uns ein Decret auszufertigen, welches bestimmte, dass Tsae-yuen und die beiden anderen aus ihren Stellungen entfernt wür- den; und wir liessen heute Yi-sin, Prinzen von Kuṅ, in unsere Gegen- wart berufen, mit dem Befehl, die Gross-Secretäre Kwei-liaṅ und Tšan-tsu-pei, und Wen-siaṅ, Mitglied des Staatsraths und Vice-Prä- sidenten des Finanz-Ministeriums mitzubringen. Tsae-yuen aber und seine Genossen nahmen sich heraus, ihren Eintritt verhindern zu wollen, indem sie mit frecher Heftigkeit erklärten, es zieme sich nicht, dass wir äussere Minister (solche, die nicht zum Regentschaftsrath ge- hörten) vor uns beriefen. Wo würde solche Unverschämtheit enden? Durch unser früheres Decret wurden sie ihrer Aemter entsetzt; aber dieser Spruch steht nicht im Verhältniss zu ihrem Vergehen.
Wir befehlen, das Yi-sin, Prinz von Kuṅ, Kwei-liaṅ, Tšan- tsu-pei und Wen-siaṅ sofort unseren Willen bekannt machen, dass Tsae-yuen, Twan-wa und Su-tšuen ihres erblichen Ranges entkleidet und vor Gericht gestellt werden. Ihre Angelegenheit wird vor den höchsten Gerichtshof verwiesen, mit welchem die Mitglieder des Gross- Secretariates, der neun hohen Gerichtshöfe, die Han-lin-yuen, die Šen-tse-fu und die Censoren eine strenge Strafe für ihre Vergehen aussprechen werden.«
Gleich darauf erschienen am 2. November noch zwei andere Decrete: das erste befahl dem Prinzen von Tšuṅ, Su-tšuen zu ver- haften; das zweite beauftragte die höchsten Staatsbehörden mit Prüfung zweier Denkschriften, welche die Regentschaft der Kaiserin befürworteten. Die eine rührte von Kia-tšiṅ, Tšan-tsu-pei und anderen Civilbeamten, die andere von dem in diesen Blättern schon genannten Tartaren-General Tšen-pao her.
Der Gross-Secretär Kia-tšiṅ stellt zunächst den Satz auf, dass die höchste Macht niemals in die Hand eines Unterthanen kommen dürfe, weil solcher sie sich mit der Zeit aneigne; ferner dürften die Gesetze der Etiquette auch nicht ein Haarbreit über- schritten werden, weil sonst Missbräuche entständen. Der Ver- fasser beweist dann aus dem Wortlaut von Hien-fuṅ’s letztwilliger
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XIX. Der Staatsstreich in Pe-kiṅ.
Maassregeln getroffen. Die Regentschaftsräthe sollen sich darauf
in den Palast begeben haben; über das, was sich dort zu-
trug, giebt folgendes Decret einigen Aufschluss, das an demselben
Abend ausgefertigt wurde.
»Da die drei Individuen Tsae-yuen, Twan-wa und Su-tšuen
schon vor unserer Abreise von unserem Hof in Džehol ihre Stellung
als unsere Diener vergessen hatten, so befahlen wir Yi-wan, Prinzen
von Tšuṅ, für uns ein Decret auszufertigen, welches bestimmte, dass
Tsae-yuen und die beiden anderen aus ihren Stellungen entfernt wür-
den; und wir liessen heute Yi-sin, Prinzen von Kuṅ, in unsere Gegen-
wart berufen, mit dem Befehl, die Gross-Secretäre Kwei-liaṅ und
Tšan-tsu-pei, und Wen-siaṅ, Mitglied des Staatsraths und Vice-Prä-
sidenten des Finanz-Ministeriums mitzubringen. Tsae-yuen aber und
seine Genossen nahmen sich heraus, ihren Eintritt verhindern zu
wollen, indem sie mit frecher Heftigkeit erklärten, es zieme sich nicht,
dass wir äussere Minister (solche, die nicht zum Regentschaftsrath ge-
hörten) vor uns beriefen. Wo würde solche Unverschämtheit enden?
Durch unser früheres Decret wurden sie ihrer Aemter entsetzt; aber
dieser Spruch steht nicht im Verhältniss zu ihrem Vergehen.
Wir befehlen, das Yi-sin, Prinz von Kuṅ, Kwei-liaṅ, Tšan-
tsu-pei und Wen-siaṅ sofort unseren Willen bekannt machen, dass
Tsae-yuen, Twan-wa und Su-tšuen ihres erblichen Ranges entkleidet
und vor Gericht gestellt werden. Ihre Angelegenheit wird vor den
höchsten Gerichtshof verwiesen, mit welchem die Mitglieder des Gross-
Secretariates, der neun hohen Gerichtshöfe, die Han-lin-yuen, die
Šen-tse-fu und die Censoren eine strenge Strafe für ihre Vergehen
aussprechen werden.«
Gleich darauf erschienen am 2. November noch zwei andere
Decrete: das erste befahl dem Prinzen von Tšuṅ, Su-tšuen zu ver-
haften; das zweite beauftragte die höchsten Staatsbehörden mit
Prüfung zweier Denkschriften, welche die Regentschaft der Kaiserin
befürworteten. Die eine rührte von Kia-tšiṅ, Tšan-tsu-pei und
anderen Civilbeamten, die andere von dem in diesen Blättern schon
genannten Tartaren-General Tšen-pao her.
Der Gross-Secretär Kia-tšiṅ stellt zunächst den Satz auf,
dass die höchste Macht niemals in die Hand eines Unterthanen
kommen dürfe, weil solcher sie sich mit der Zeit aneigne; ferner
dürften die Gesetze der Etiquette auch nicht ein Haarbreit über-
schritten werden, weil sonst Missbräuche entständen. Der Ver-
fasser beweist dann aus dem Wortlaut von Hien-fuṅ’s letztwilliger
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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/221>, abgerufen am 16.07.2024.
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