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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873.

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XXI. Das Gesandtschaftshaus.
die grösste Tempelanlage von Bankok, Wat-po, deren Gärten nur
die Stadtmauer vom Flusse scheidet. Ihr gegenüber liegt am rechten
Stromufer der Tempel von Wat-dzen, dessen hohe im Fluss wieder-
gespiegelte Pyramide mit den gegenüberliegenden Prachtbauten von
Wat-po und dem Königspalast den landschaftlichen Glanzpunct
von Bankok bildet. Unterhalb Wat-dzen mündet auf der rechten
Seite ein starker Arm in den Menam, welcher nordwestlich den
Garten von Wat Kalaya, einem der vornehmsten Tempel begrenzt;
und unterhalb dieses Grundstückes steht, durch ein schmales Rinn-
sal davon getrennt, das Gebäude, welches die preussische Gesandt-
schaft bezog. Von den viel weiter unterhalb am linken Stromufer
gelegenen Consulaten und Häusern der fremden Kaufleute recht
entfernt, befanden wir uns doch im schönsten und merkwürdigsten
Theile der Stadt und in bequemer Nähe der siamesischen Grossen,
mit welchen der Vertrag berathen wurde.

Das Gesandtschaftshaus bestand aus einem auf den Fluss
sehenden Hauptgebäude, an dessen Rückseite zwei lange Neben-
flügel mit einem niedrigen Querbau einen geräumigen Hof um-
schlossen. Das Erdgeschoss -- Keller giebt es in Bankok nicht --
war dunkel und feucht, von Schlangen, Scorpionen und ähnlichem
Gethier der Finsterniss bewohnt; es lag voll Holz und zerbrochener
Geräthe, bei hoher Fluth stieg das Wasser hinein. Massiv aus
Stein gebaut bildete es nur den Sockel der bewohnbaren Stock-
werke, deren das Hauptgebäude zwei, die Nebenflügel eines hatten.
Nah dem Fluss begrenzte das Grundstück eine Gartenmauer: vom
Landungsplatz trat man durch die Eingangsthür in ein gartenartiges
Höfchen, von wo eine doppelte Holztreppe auf den vortretenden
Altan des Hauptgebäudes führte. Auf diesen öffnete sich der
Speisesaal, der den grössten Theil dieses Geschosses einnahm;
darüber lagen des Gesandten Schlaf- und Arbeitsräume und Gast-
zimmer für Commodore Sundewall und Capitän Jachmann. Jeder
Nebenflügel enthielt eine lange Reihe von Zimmern mit dem Zu-
gang von einer breiten schattigen Veranda, die auf den Hof sah.
Die Enden der beiden Veranden verband eine Galerie des niedrigen
Quergebäudes, wo die zur Gesandtschaft commandirten Seesoldaten
hausten. Die Matrosen, die nur vorübergehend nach Bankok kamen,
pflegten auf der Veranda zu schlafen, der angenehmsten Stätte in
den lauen Nächten. Die darauf mündenden von den Begleitern
des Gesandten bewohnten luftigen Zimmer hatten Fenster mit ver-

IV. 17

XXI. Das Gesandtschaftshaus.
die grösste Tempelanlage von Baṅkok, Wat-po, deren Gärten nur
die Stadtmauer vom Flusse scheidet. Ihr gegenüber liegt am rechten
Stromufer der Tempel von Wat-džeṅ, dessen hohe im Fluss wieder-
gespiegelte Pyramide mit den gegenüberliegenden Prachtbauten von
Wat-po und dem Königspalast den landschaftlichen Glanzpunct
von Baṅkok bildet. Unterhalb Wat-džeṅ mündet auf der rechten
Seite ein starker Arm in den Menam, welcher nordwestlich den
Garten von Wat Kalaya, einem der vornehmsten Tempel begrenzt;
und unterhalb dieses Grundstückes steht, durch ein schmales Rinn-
sal davon getrennt, das Gebäude, welches die preussische Gesandt-
schaft bezog. Von den viel weiter unterhalb am linken Stromufer
gelegenen Consulaten und Häusern der fremden Kaufleute recht
entfernt, befanden wir uns doch im schönsten und merkwürdigsten
Theile der Stadt und in bequemer Nähe der siamesischen Grossen,
mit welchen der Vertrag berathen wurde.

Das Gesandtschaftshaus bestand aus einem auf den Fluss
sehenden Hauptgebäude, an dessen Rückseite zwei lange Neben-
flügel mit einem niedrigen Querbau einen geräumigen Hof um-
schlossen. Das Erdgeschoss — Keller giebt es in Baṅkok nicht —
war dunkel und feucht, von Schlangen, Scorpionen und ähnlichem
Gethier der Finsterniss bewohnt; es lag voll Holz und zerbrochener
Geräthe, bei hoher Fluth stieg das Wasser hinein. Massiv aus
Stein gebaut bildete es nur den Sockel der bewohnbaren Stock-
werke, deren das Hauptgebäude zwei, die Nebenflügel eines hatten.
Nah dem Fluss begrenzte das Grundstück eine Gartenmauer: vom
Landungsplatz trat man durch die Eingangsthür in ein gartenartiges
Höfchen, von wo eine doppelte Holztreppe auf den vortretenden
Altan des Hauptgebäudes führte. Auf diesen öffnete sich der
Speisesaal, der den grössten Theil dieses Geschosses einnahm;
darüber lagen des Gesandten Schlaf- und Arbeitsräume und Gast-
zimmer für Commodore Sundewall und Capitän Jachmann. Jeder
Nebenflügel enthielt eine lange Reihe von Zimmern mit dem Zu-
gang von einer breiten schattigen Veranda, die auf den Hof sah.
Die Enden der beiden Veranden verband eine Galerie des niedrigen
Quergebäudes, wo die zur Gesandtschaft commandirten Seesoldaten
hausten. Die Matrosen, die nur vorübergehend nach Baṅkok kamen,
pflegten auf der Veranda zu schlafen, der angenehmsten Stätte in
den lauen Nächten. Die darauf mündenden von den Begleitern
des Gesandten bewohnten luftigen Zimmer hatten Fenster mit ver-

IV. 17
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[257/0271] XXI. Das Gesandtschaftshaus. die grösste Tempelanlage von Baṅkok, Wat-po, deren Gärten nur die Stadtmauer vom Flusse scheidet. Ihr gegenüber liegt am rechten Stromufer der Tempel von Wat-džeṅ, dessen hohe im Fluss wieder- gespiegelte Pyramide mit den gegenüberliegenden Prachtbauten von Wat-po und dem Königspalast den landschaftlichen Glanzpunct von Baṅkok bildet. Unterhalb Wat-džeṅ mündet auf der rechten Seite ein starker Arm in den Menam, welcher nordwestlich den Garten von Wat Kalaya, einem der vornehmsten Tempel begrenzt; und unterhalb dieses Grundstückes steht, durch ein schmales Rinn- sal davon getrennt, das Gebäude, welches die preussische Gesandt- schaft bezog. Von den viel weiter unterhalb am linken Stromufer gelegenen Consulaten und Häusern der fremden Kaufleute recht entfernt, befanden wir uns doch im schönsten und merkwürdigsten Theile der Stadt und in bequemer Nähe der siamesischen Grossen, mit welchen der Vertrag berathen wurde. Das Gesandtschaftshaus bestand aus einem auf den Fluss sehenden Hauptgebäude, an dessen Rückseite zwei lange Neben- flügel mit einem niedrigen Querbau einen geräumigen Hof um- schlossen. Das Erdgeschoss — Keller giebt es in Baṅkok nicht — war dunkel und feucht, von Schlangen, Scorpionen und ähnlichem Gethier der Finsterniss bewohnt; es lag voll Holz und zerbrochener Geräthe, bei hoher Fluth stieg das Wasser hinein. Massiv aus Stein gebaut bildete es nur den Sockel der bewohnbaren Stock- werke, deren das Hauptgebäude zwei, die Nebenflügel eines hatten. Nah dem Fluss begrenzte das Grundstück eine Gartenmauer: vom Landungsplatz trat man durch die Eingangsthür in ein gartenartiges Höfchen, von wo eine doppelte Holztreppe auf den vortretenden Altan des Hauptgebäudes führte. Auf diesen öffnete sich der Speisesaal, der den grössten Theil dieses Geschosses einnahm; darüber lagen des Gesandten Schlaf- und Arbeitsräume und Gast- zimmer für Commodore Sundewall und Capitän Jachmann. Jeder Nebenflügel enthielt eine lange Reihe von Zimmern mit dem Zu- gang von einer breiten schattigen Veranda, die auf den Hof sah. Die Enden der beiden Veranden verband eine Galerie des niedrigen Quergebäudes, wo die zur Gesandtschaft commandirten Seesoldaten hausten. Die Matrosen, die nur vorübergehend nach Baṅkok kamen, pflegten auf der Veranda zu schlafen, der angenehmsten Stätte in den lauen Nächten. Die darauf mündenden von den Begleitern des Gesandten bewohnten luftigen Zimmer hatten Fenster mit ver- IV. 17

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Zitationshilfe: Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/271>, abgerufen am 22.11.2024.