Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873.Haushaltung. XXI. schliessbaren Läden, -- denn Glasfenster sind in den Tropen unge-bräuchlich, in den besten Häusern giebt es nur Jalousieen. In grösserer Höhe waren noch unverschliessbare Luken angebracht, welche die Luft Tag und Nacht einströmen liessen. Die Decke bildete der schräge Dachstuhl, in dessen Sparren viel kleine giftige Schlänglein sehr graziös herumspazierten; sie wohnten in den Mauerritzen, steckten oft neugierig züngelnd den breiten Kopf daraus hervor und schienen ihre Stubengenossen wohlgefällig zu be- trachten. Ihre Nähe wäre bei Nacht nicht grade beruhigend ge- wesen, wenn nicht dichte Mosquito-Netze ihr Herabfallen auf die Betten unmöglich machten. Die siamesische Regierung versah uns nicht nur mit allem Von siamesischen Dienern wimmelte das Haus; die meisten In Bankok waren bis auf Regierungsrath Wichura, der in Haushaltung. XXI. schliessbaren Läden, — denn Glasfenster sind in den Tropen unge-bräuchlich, in den besten Häusern giebt es nur Jalousieen. In grösserer Höhe waren noch unverschliessbare Luken angebracht, welche die Luft Tag und Nacht einströmen liessen. Die Decke bildete der schräge Dachstuhl, in dessen Sparren viel kleine giftige Schlänglein sehr graziös herumspazierten; sie wohnten in den Mauerritzen, steckten oft neugierig züngelnd den breiten Kopf daraus hervor und schienen ihre Stubengenossen wohlgefällig zu be- trachten. Ihre Nähe wäre bei Nacht nicht grade beruhigend ge- wesen, wenn nicht dichte Mosquito-Netze ihr Herabfallen auf die Betten unmöglich machten. Die siamesische Regierung versah uns nicht nur mit allem Von siamesischen Dienern wimmelte das Haus; die meisten In Baṅkok waren bis auf Regierungsrath Wichura, der in <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0272" n="258"/><fw place="top" type="header">Haushaltung. XXI.</fw><lb/> schliessbaren Läden, — denn Glasfenster sind in den Tropen unge-<lb/> bräuchlich, in den besten Häusern giebt es nur Jalousieen. In<lb/> grösserer Höhe waren noch unverschliessbare Luken angebracht,<lb/> welche die Luft Tag und Nacht einströmen liessen. Die Decke<lb/> bildete der schräge Dachstuhl, in dessen Sparren viel kleine giftige<lb/> Schlänglein sehr graziös herumspazierten; sie wohnten in den<lb/> Mauerritzen, steckten oft neugierig züngelnd den breiten Kopf daraus<lb/> hervor und schienen ihre Stubengenossen wohlgefällig zu be-<lb/> trachten. Ihre Nähe wäre bei Nacht nicht grade beruhigend ge-<lb/> wesen, wenn nicht dichte Mosquito-Netze ihr Herabfallen auf die<lb/> Betten unmöglich machten.</p><lb/> <p>Die siamesische Regierung versah uns nicht nur mit allem<lb/> Haus-, Küchen- und Tafelgeräth, mit Silber, Tisch- und Bettwäsche,<lb/> sondern wollte auch für die Bewirthung sorgen; die gelieferten<lb/> Nahrungsmittel waren aber nur theilweise brauchbar. Ein portu-<lb/> giesischer Comprador, den der Gesandte in Dienst nahm, schaffte<lb/> alles Uebrige zu mässigen Preisen. Die grösste Schwierigkeit machte,<lb/> wie in allen buddistischen Ländern, das Rindfleisch; dagegen gab<lb/> es Hirsche, gute Gemüse, Fische und Seethiere, Geflügel, Eier und<lb/> herrliche Tropenfrüchte in unbezwingbarer Menge.</p><lb/> <p>Von siamesischen Dienern wimmelte das Haus; die meisten<lb/> waren Bootleute, Hörige des Königs zum Dienst der Gesandtschaft<lb/> commandirt. Neben vielen anderen lagen drei sogenannte Staats-<lb/> boote, lange schmale Fahrzeuge mit einer Kajüte in der Mitte, be-<lb/> ständig zur Verfügung am Landungsplatz, zu jedem derselben ge-<lb/> hörten ausser den Steuerern zwölf Ruderer; im Ganzen hatten wir<lb/> 63 Bootleute, sämmtlich mit rothen Kattunjacken, der königlichen<lb/> Livrée bekleidet. Ausserdem stellte die Regierung einen Haushof-<lb/> meister, zwei Compradors, vier Köche und dreizehn Diener, die<lb/> etwas englisch verstanden, als »Interpreters«, so dass wir 83 Siame-<lb/> sen im Hause hatten. Die Hauptpersonen darunter waren portugie-<lb/> sischer Abkunft, sämmtliche im Hause selbst beschäftigte Diener<lb/> Christen, die nicht das Haar siamesisch schoren, sondern über den<lb/> ganzen Kopf wachsen liessen.</p><lb/> <p>In <hi rendition="#k"><placeName>Baṅkok</placeName></hi> waren bis auf Regierungsrath <persName ref="http://d-nb.info/gnd/117336971">Wichura</persName>, der in<lb/><placeName>Java</placeName> fieberkrank zurückblieb, und Herrn <persName ref="nognd">Jacob</persName>, der von <placeName>Singapore</placeName><lb/> aus nach der Heimath reiste, alle Civilmitglieder der Expedition<lb/> versammelt. Commodore <persName ref="nognd">Sundewall</persName>, Capitän <persName ref="http://d-nb.info/gnd/117028886">Jachmann</persName> und viele<lb/> Officiere der Arkona und Thetis kamen häufig zum Besuch, — die<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [258/0272]
Haushaltung. XXI.
schliessbaren Läden, — denn Glasfenster sind in den Tropen unge-
bräuchlich, in den besten Häusern giebt es nur Jalousieen. In
grösserer Höhe waren noch unverschliessbare Luken angebracht,
welche die Luft Tag und Nacht einströmen liessen. Die Decke
bildete der schräge Dachstuhl, in dessen Sparren viel kleine giftige
Schlänglein sehr graziös herumspazierten; sie wohnten in den
Mauerritzen, steckten oft neugierig züngelnd den breiten Kopf daraus
hervor und schienen ihre Stubengenossen wohlgefällig zu be-
trachten. Ihre Nähe wäre bei Nacht nicht grade beruhigend ge-
wesen, wenn nicht dichte Mosquito-Netze ihr Herabfallen auf die
Betten unmöglich machten.
Die siamesische Regierung versah uns nicht nur mit allem
Haus-, Küchen- und Tafelgeräth, mit Silber, Tisch- und Bettwäsche,
sondern wollte auch für die Bewirthung sorgen; die gelieferten
Nahrungsmittel waren aber nur theilweise brauchbar. Ein portu-
giesischer Comprador, den der Gesandte in Dienst nahm, schaffte
alles Uebrige zu mässigen Preisen. Die grösste Schwierigkeit machte,
wie in allen buddistischen Ländern, das Rindfleisch; dagegen gab
es Hirsche, gute Gemüse, Fische und Seethiere, Geflügel, Eier und
herrliche Tropenfrüchte in unbezwingbarer Menge.
Von siamesischen Dienern wimmelte das Haus; die meisten
waren Bootleute, Hörige des Königs zum Dienst der Gesandtschaft
commandirt. Neben vielen anderen lagen drei sogenannte Staats-
boote, lange schmale Fahrzeuge mit einer Kajüte in der Mitte, be-
ständig zur Verfügung am Landungsplatz, zu jedem derselben ge-
hörten ausser den Steuerern zwölf Ruderer; im Ganzen hatten wir
63 Bootleute, sämmtlich mit rothen Kattunjacken, der königlichen
Livrée bekleidet. Ausserdem stellte die Regierung einen Haushof-
meister, zwei Compradors, vier Köche und dreizehn Diener, die
etwas englisch verstanden, als »Interpreters«, so dass wir 83 Siame-
sen im Hause hatten. Die Hauptpersonen darunter waren portugie-
sischer Abkunft, sämmtliche im Hause selbst beschäftigte Diener
Christen, die nicht das Haar siamesisch schoren, sondern über den
ganzen Kopf wachsen liessen.
In Baṅkok waren bis auf Regierungsrath Wichura, der in
Java fieberkrank zurückblieb, und Herrn Jacob, der von Singapore
aus nach der Heimath reiste, alle Civilmitglieder der Expedition
versammelt. Commodore Sundewall, Capitän Jachmann und viele
Officiere der Arkona und Thetis kamen häufig zum Besuch, — die
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