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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873.

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gend, die zugleich verbrannt werden sollten, waren mit jenem durch
Streifen von Goldbrocat verbunden. -- Von dem mit weissem Zeug
und Goldflittern ausgeschlagenen Katafalk hingen Vorhänge aus
demselben Stoff herab, liessen aber, gardinenartig aufgenommen,
an allen Seiten den Blick auf den Sarg frei; das reichverzierte
vergoldete Dach verjüngte sich in stufenförmigen Absätzen zu einer
schlanken Spitze. Das Innere zierten viele Hängelampen, Vasen
und Kostbarkeiten aus Gold, Glas, Porcelan, Alabaster, künstliche
Blumen, Vögel, Kinder- und Engelgestalten. -- Rings um den Kata-
falk standen Altäre mit sonderbarem Geräth, dazwischen die Zeichen
des Königshauses, mehrstöckige Sonnenschirme aus Holz und buntem
Papier, und hohe Stangen mit Feuerwerkskörpern; dieser ganze
Raum war im Viereck mit schweren Vorhängen abgezäunt, inner-
halb deren vor dem Katafalk eine offene Halle lag.

Ausserhalb drängte sich das Volk; wir machten, von einem
Bruder des Königs geleitet, einen Rundgang durch die Schaustel-
lungen; da gab es chinesische Theater, malayisches, siamesisches
Ballet, Puppenspiele, Jongleure, Declamatoren und Seiltänzer. Auf
dem chinesischen Theater wurde mit kerniger Mimik eine Posse
gespielt. Die siamesischen Tänzerinnen trugen phantastische Masken
von Helden und Dämonen, kauten und spieen aber trotzdem ihren
Betel und vollzogen ihre conventionellen Verdrehungen mit grossem
Phlegma; hinter jeder stand eine Person im Alttagscostüm und
sagte laut deren Rolle her. -- An einer anderen Stelle wurden mi-
mische Tänze, ebenfalls mit Declamation, von Thiermasken auf-
geführt; das Orchester bestand aus halbwachsenen Kindern mit
gefärbten Gesichtern in buntem Lappenputz. -- Die malayischen
Bayaderen waren ziemlich abschreckend, die ältere wohl sechszig-
jährig, die jüngere sehr pockennarbig, ihre Kleidung schmutzig und
zerlumpt. Bühne stand an Bühne; hier verschlang ein Ungeheuer
den Mond, dort der Jongleur einen Stein; wir wurden des Ge-
dränges bald müde.

Nach Sonnenuntergang empfing Prinz Khroma-luan den Ge-
sandten innerhalb der verhängten Einzäunung; dort erschien gleich
darauf der König, voraus die Garden, Spiessträger und Trabanten
mit Revolverbüchsen. Er nahm in der Halle vor dem Katafalk
Platz; etwa dreissig Schritt vor ihm lagen die Prinzen, Minister und
Hofleute in Reihen auf allen Vieren. Auf einige laut gesagte Worte,
die ziemlich barsch klangen, kroch die ganze Schaar in Colonnen

XXI. Todtenverbrennung.
gend, die zugleich verbrannt werden sollten, waren mit jenem durch
Streifen von Goldbrocat verbunden. — Von dem mit weissem Zeug
und Goldflittern ausgeschlagenen Katafalk hingen Vorhänge aus
demselben Stoff herab, liessen aber, gardinenartig aufgenommen,
an allen Seiten den Blick auf den Sarg frei; das reichverzierte
vergoldete Dach verjüngte sich in stufenförmigen Absätzen zu einer
schlanken Spitze. Das Innere zierten viele Hängelampen, Vasen
und Kostbarkeiten aus Gold, Glas, Porcelan, Alabaster, künstliche
Blumen, Vögel, Kinder- und Engelgestalten. — Rings um den Kata-
falk standen Altäre mit sonderbarem Geräth, dazwischen die Zeichen
des Königshauses, mehrstöckige Sonnenschirme aus Holz und buntem
Papier, und hohe Stangen mit Feuerwerkskörpern; dieser ganze
Raum war im Viereck mit schweren Vorhängen abgezäunt, inner-
halb deren vor dem Katafalk eine offene Halle lag.

Ausserhalb drängte sich das Volk; wir machten, von einem
Bruder des Königs geleitet, einen Rundgang durch die Schaustel-
lungen; da gab es chinesische Theater, malayisches, siamesisches
Ballet, Puppenspiele, Jongleure, Declamatoren und Seiltänzer. Auf
dem chinesischen Theater wurde mit kerniger Mimik eine Posse
gespielt. Die siamesischen Tänzerinnen trugen phantastische Masken
von Helden und Dämonen, kauten und spieen aber trotzdem ihren
Betel und vollzogen ihre conventionellen Verdrehungen mit grossem
Phlegma; hinter jeder stand eine Person im Alttagscostüm und
sagte laut deren Rolle her. — An einer anderen Stelle wurden mi-
mische Tänze, ebenfalls mit Declamation, von Thiermasken auf-
geführt; das Orchester bestand aus halbwachsenen Kindern mit
gefärbten Gesichtern in buntem Lappenputz. — Die malayischen
Bayaderen waren ziemlich abschreckend, die ältere wohl sechszig-
jährig, die jüngere sehr pockennarbig, ihre Kleidung schmutzig und
zerlumpt. Bühne stand an Bühne; hier verschlang ein Ungeheuer
den Mond, dort der Jongleur einen Stein; wir wurden des Ge-
dränges bald müde.

Nach Sonnenuntergang empfing Prinz Khroma-luaṅ den Ge-
sandten innerhalb der verhängten Einzäunung; dort erschien gleich
darauf der König, voraus die Garden, Spiessträger und Trabanten
mit Revolverbüchsen. Er nahm in der Halle vor dem Katafalk
Platz; etwa dreissig Schritt vor ihm lagen die Prinzen, Minister und
Hofleute in Reihen auf allen Vieren. Auf einige laut gesagte Worte,
die ziemlich barsch klangen, kroch die ganze Schaar in Colonnen

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[293/0307] XXI. Todtenverbrennung. gend, die zugleich verbrannt werden sollten, waren mit jenem durch Streifen von Goldbrocat verbunden. — Von dem mit weissem Zeug und Goldflittern ausgeschlagenen Katafalk hingen Vorhänge aus demselben Stoff herab, liessen aber, gardinenartig aufgenommen, an allen Seiten den Blick auf den Sarg frei; das reichverzierte vergoldete Dach verjüngte sich in stufenförmigen Absätzen zu einer schlanken Spitze. Das Innere zierten viele Hängelampen, Vasen und Kostbarkeiten aus Gold, Glas, Porcelan, Alabaster, künstliche Blumen, Vögel, Kinder- und Engelgestalten. — Rings um den Kata- falk standen Altäre mit sonderbarem Geräth, dazwischen die Zeichen des Königshauses, mehrstöckige Sonnenschirme aus Holz und buntem Papier, und hohe Stangen mit Feuerwerkskörpern; dieser ganze Raum war im Viereck mit schweren Vorhängen abgezäunt, inner- halb deren vor dem Katafalk eine offene Halle lag. Ausserhalb drängte sich das Volk; wir machten, von einem Bruder des Königs geleitet, einen Rundgang durch die Schaustel- lungen; da gab es chinesische Theater, malayisches, siamesisches Ballet, Puppenspiele, Jongleure, Declamatoren und Seiltänzer. Auf dem chinesischen Theater wurde mit kerniger Mimik eine Posse gespielt. Die siamesischen Tänzerinnen trugen phantastische Masken von Helden und Dämonen, kauten und spieen aber trotzdem ihren Betel und vollzogen ihre conventionellen Verdrehungen mit grossem Phlegma; hinter jeder stand eine Person im Alttagscostüm und sagte laut deren Rolle her. — An einer anderen Stelle wurden mi- mische Tänze, ebenfalls mit Declamation, von Thiermasken auf- geführt; das Orchester bestand aus halbwachsenen Kindern mit gefärbten Gesichtern in buntem Lappenputz. — Die malayischen Bayaderen waren ziemlich abschreckend, die ältere wohl sechszig- jährig, die jüngere sehr pockennarbig, ihre Kleidung schmutzig und zerlumpt. Bühne stand an Bühne; hier verschlang ein Ungeheuer den Mond, dort der Jongleur einen Stein; wir wurden des Ge- dränges bald müde. Nach Sonnenuntergang empfing Prinz Khroma-luaṅ den Ge- sandten innerhalb der verhängten Einzäunung; dort erschien gleich darauf der König, voraus die Garden, Spiessträger und Trabanten mit Revolverbüchsen. Er nahm in der Halle vor dem Katafalk Platz; etwa dreissig Schritt vor ihm lagen die Prinzen, Minister und Hofleute in Reihen auf allen Vieren. Auf einige laut gesagte Worte, die ziemlich barsch klangen, kroch die ganze Schaar in Colonnen

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Zitationshilfe: Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/307>, abgerufen am 29.11.2024.