Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873.Steuern. XXII. und silberne Bäume und gewisse Mengen Goldstaub zu liefern; dieanderen Fürsten zahlen einen jährlichen Tribut in Elfenbein, Teka- Holz, Benzoin, Gummigutti, Kardamom und anderen werthvollen Stoffen. -- Der gleichmässig für das ganze Reich geltende Satz der Grundsteuer ist an sich nicht hoch; sie trifft aber den Landmann deshalb hart, weil die Beamten sie zur Erntezeit in Reis erheben, und ihn zu ihrem Vortheil weit unter dem Werth taxiren. Ausser- dem zahlt jeder Frucht- und Nutzbaum im Lande eine bedeutende Abgabe; bei jedem Thronwechsel wird eine Zählung davon veran- staltet, die bis zum nächsten als Norm dient; der Landmann kann bis dahin ohne weitere Belastung so viel neue Bäume pflanzen als er will, muss dagegen auch für die eingehenden zahlen. -- Die Geldstrafen aus Prozessen sollen dem König namhafte Summen brin- gen; eine Hauptquelle seines Reichthums ist aber der Handel. An Tribut abhängiger Fürsten und Abgaben der keinen Frohndienst leistenden Unterthanen fliessen jährlich in des Königs Magazin grosse Mengen der kostbarsten Landeserzeugnisse, mit denen er seine Schiffe befrachtet; ausserdem treiben sowohl die Könige als die Grossen einen ausgedehnten Reishandel, der bei günstigen Con- juncturen, besonders bei Misswachs in China reichen Gewinn bringt. -- König Maha-monkut soll Schätze auf Schätze gehäuft haben und galt für einen der reichsten Erdenbewohner. Aus den in Einzelnem sehr von einander abweichenden Auf- Steuern. XXII. und silberne Bäume und gewisse Mengen Goldstaub zu liefern; dieanderen Fürsten zahlen einen jährlichen Tribut in Elfenbein, Teka- Holz, Benzoin, Gummigutti, Kardamom und anderen werthvollen Stoffen. — Der gleichmässig für das ganze Reich geltende Satz der Grundsteuer ist an sich nicht hoch; sie trifft aber den Landmann deshalb hart, weil die Beamten sie zur Erntezeit in Reis erheben, und ihn zu ihrem Vortheil weit unter dem Werth taxiren. Ausser- dem zahlt jeder Frucht- und Nutzbaum im Lande eine bedeutende Abgabe; bei jedem Thronwechsel wird eine Zählung davon veran- staltet, die bis zum nächsten als Norm dient; der Landmann kann bis dahin ohne weitere Belastung so viel neue Bäume pflanzen als er will, muss dagegen auch für die eingehenden zahlen. — Die Geldstrafen aus Prozessen sollen dem König namhafte Summen brin- gen; eine Hauptquelle seines Reichthums ist aber der Handel. An Tribut abhängiger Fürsten und Abgaben der keinen Frohndienst leistenden Unterthanen fliessen jährlich in des Königs Magazin grosse Mengen der kostbarsten Landeserzeugnisse, mit denen er seine Schiffe befrachtet; ausserdem treiben sowohl die Könige als die Grossen einen ausgedehnten Reishandel, der bei günstigen Con- juncturen, besonders bei Misswachs in China reichen Gewinn bringt. — König Maha-moṅkut soll Schätze auf Schätze gehäuft haben und galt für einen der reichsten Erdenbewohner. Aus den in Einzelnem sehr von einander abweichenden Auf- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0340" n="326"/><fw place="top" type="header">Steuern. XXII.</fw><lb/> und silberne Bäume und gewisse Mengen Goldstaub zu liefern; die<lb/> anderen Fürsten zahlen einen jährlichen Tribut in Elfenbein, Teka-<lb/> Holz, Benzoin, Gummigutti, Kardamom und anderen werthvollen<lb/> Stoffen. — Der gleichmässig für das ganze Reich geltende Satz der<lb/> Grundsteuer ist an sich nicht hoch; sie trifft aber den Landmann<lb/> deshalb hart, weil die Beamten sie zur Erntezeit in Reis erheben,<lb/> und ihn zu ihrem Vortheil weit unter dem Werth taxiren. Ausser-<lb/> dem zahlt jeder Frucht- und Nutzbaum im Lande eine bedeutende<lb/> Abgabe; bei jedem Thronwechsel wird eine Zählung davon veran-<lb/> staltet, die bis zum nächsten als Norm dient; der Landmann kann<lb/> bis dahin ohne weitere Belastung so viel neue Bäume pflanzen als<lb/> er will, muss dagegen auch für die eingehenden zahlen. — Die<lb/> Geldstrafen aus Prozessen sollen dem König namhafte Summen brin-<lb/> gen; eine Hauptquelle seines Reichthums ist aber der Handel. An<lb/> Tribut abhängiger Fürsten und Abgaben der keinen Frohndienst<lb/> leistenden Unterthanen fliessen jährlich in des Königs Magazin<lb/> grosse Mengen der kostbarsten Landeserzeugnisse, mit denen er<lb/> seine Schiffe befrachtet; ausserdem treiben sowohl die Könige als<lb/> die Grossen einen ausgedehnten Reishandel, der bei günstigen Con-<lb/> juncturen, besonders bei Misswachs in <placeName>China</placeName> reichen Gewinn<lb/> bringt. — König <hi rendition="#k"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/119137003">Maha-moṅkut</persName></hi> soll Schätze auf Schätze gehäuft<lb/> haben und galt für einen der reichsten Erdenbewohner.</p><lb/> <p>Aus den in Einzelnem sehr von einander abweichenden Auf-<lb/> schlüssen, die wir in <hi rendition="#k"><placeName>Baṅkok</placeName></hi> erhielten, und den Berichten anderer<lb/> Reisenden über die Rechtspflege ergiebt sich ungefähr Folgendes.<lb/><hi rendition="#k"><placeName>Siam</placeName></hi> besitzt ein ausführliches Gesetzbuch von altem Ursprung, das<lb/> mit dem Volke herangewachsen, aber nicht mehr in seinen Händen<lb/> ist. <persName ref="http://d-nb.info/gnd/141205164">Pallégoix</persName> nennt die Gesetze vortrefflich, dem natürlichen Recht<lb/> wie dem Volkscharakter entsprechend; sie sollen aus den indischen<lb/> des Manu abgeleitet sein. — Von den dreierlei Gerichtshöfen der<lb/> Beamten, der Prinzen und des Königs behandeln die beiden ersteren<lb/> nur unbedeutende Sachen; jeder wichtige Fall kommt vor des Kö-<lb/> nigs Tribunal. Es giebt einen Justizminister oder Oberrichter, der<lb/> von allen wichtigen Fällen Kenntniss nimmt, den Verhandlungen<lb/> aber nicht beiwohnt. Gewöhnlich fällen Einzelrichter den Spruch.<lb/> Darin stimmen alle Berichte überein, dass die ganze Justiz vom<lb/> Schergen und Kerkermeister bis zum Grossrichter käuflich ist, dass<lb/> trotz dem Gesetz, nach welchem jeder Rechtsstreit binnen drei<lb/> Tagen entschieden sein muss, die Prozesse in die Länge gezogen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [326/0340]
Steuern. XXII.
und silberne Bäume und gewisse Mengen Goldstaub zu liefern; die
anderen Fürsten zahlen einen jährlichen Tribut in Elfenbein, Teka-
Holz, Benzoin, Gummigutti, Kardamom und anderen werthvollen
Stoffen. — Der gleichmässig für das ganze Reich geltende Satz der
Grundsteuer ist an sich nicht hoch; sie trifft aber den Landmann
deshalb hart, weil die Beamten sie zur Erntezeit in Reis erheben,
und ihn zu ihrem Vortheil weit unter dem Werth taxiren. Ausser-
dem zahlt jeder Frucht- und Nutzbaum im Lande eine bedeutende
Abgabe; bei jedem Thronwechsel wird eine Zählung davon veran-
staltet, die bis zum nächsten als Norm dient; der Landmann kann
bis dahin ohne weitere Belastung so viel neue Bäume pflanzen als
er will, muss dagegen auch für die eingehenden zahlen. — Die
Geldstrafen aus Prozessen sollen dem König namhafte Summen brin-
gen; eine Hauptquelle seines Reichthums ist aber der Handel. An
Tribut abhängiger Fürsten und Abgaben der keinen Frohndienst
leistenden Unterthanen fliessen jährlich in des Königs Magazin
grosse Mengen der kostbarsten Landeserzeugnisse, mit denen er
seine Schiffe befrachtet; ausserdem treiben sowohl die Könige als
die Grossen einen ausgedehnten Reishandel, der bei günstigen Con-
juncturen, besonders bei Misswachs in China reichen Gewinn
bringt. — König Maha-moṅkut soll Schätze auf Schätze gehäuft
haben und galt für einen der reichsten Erdenbewohner.
Aus den in Einzelnem sehr von einander abweichenden Auf-
schlüssen, die wir in Baṅkok erhielten, und den Berichten anderer
Reisenden über die Rechtspflege ergiebt sich ungefähr Folgendes.
Siam besitzt ein ausführliches Gesetzbuch von altem Ursprung, das
mit dem Volke herangewachsen, aber nicht mehr in seinen Händen
ist. Pallégoix nennt die Gesetze vortrefflich, dem natürlichen Recht
wie dem Volkscharakter entsprechend; sie sollen aus den indischen
des Manu abgeleitet sein. — Von den dreierlei Gerichtshöfen der
Beamten, der Prinzen und des Königs behandeln die beiden ersteren
nur unbedeutende Sachen; jeder wichtige Fall kommt vor des Kö-
nigs Tribunal. Es giebt einen Justizminister oder Oberrichter, der
von allen wichtigen Fällen Kenntniss nimmt, den Verhandlungen
aber nicht beiwohnt. Gewöhnlich fällen Einzelrichter den Spruch.
Darin stimmen alle Berichte überein, dass die ganze Justiz vom
Schergen und Kerkermeister bis zum Grossrichter käuflich ist, dass
trotz dem Gesetz, nach welchem jeder Rechtsstreit binnen drei
Tagen entschieden sein muss, die Prozesse in die Länge gezogen
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |