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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873.

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Nan-kin genommen. Anh. IV.
und Weiber flehten in den Strassen kläglich um Nahrung; unter-
dess raubten und mordeten des Kan-wan kantonesische Trabanten
nach Gefallen. "Diebe und Räuber," sagt der Tsun-wan, "standen
in der Stadt auf. Die nächtliche Ruhe störte beständiges Schiessen
im Innern der Stadt und ganze Familien wurden ausgeplündert.
Das waren Zeichen von übeler Vorbedeutung und Vorboten der
Vernichtung."

Der Tod des Tien-wan ist in Dunkel gehüllt. Nach des
Tsun-wan Bericht hätte das furchtbare Getöse der platzenden
Minen seine Sinne verdüstert: er hätte sich am 30. Juni ver-
giftet. Im Garten des Palastes fanden die Kaiserlichen den
Leichnam eingescharrt, in gelbe Seide gehüllt, mit grauem
Schnurrbart. -- Der "Junge Herr", Hun-fu-tien, bestieg wirk-
lich den Thron.

Am 8. Juli versuchte der Tsun-wan einen Ausfall, wurde
aber nach hartem Kampfe zurückgetrieben. Er wünschte dem Elend
ein Ende zu machen, die anderen Wan widersetzten sich jedoch
der Uebergabe. Am 19. Juli sprengten die Kaiserlichen eine ge-
waltige Mine, die ein grosses Stück der Stadtmauer niederlegte,
und stürmten die Bresche. Der Tsun-wan schützte mit seinen
Leuten bis Mitternacht des Tien-wan heulende Frauen in dessen
Palast, steckte diesen endlich in Brand und rückte nach dem Süd-
west-Thor, wo er Hun-fu-tien, dem "Jungen Herrn", sein eigenes
Streitross gab für einen elenden Klepper, der ihn kaum trug.
"Obgleich," schreibt er, "des Tien-wan Tage erfüllt, das Volk
durch Andere, die seine Mühe vereitelten und ihn täuschten, ge-
schädigt, und der Staat verloren waren, so konnte doch ich, der
seine Gunst genossen hatte, nicht anders, als meine Treue beweisen
durch das Streben, seinen Sohn zu retten."

Der Tsun-wan, der Kan-wan und Hun-fu-tien entkamen
im Wirrwarr glücklich mit etwa tausend Mann, wurden aber von
Tsen-kwo-tsun's Reiterei verfolgt und auseinandergesprengt. Der
Tsun-wan, den sein schwacher Klepper nicht tragen konnte, ver-
barg sich in einem Tempel, wo Landleute ihn erkannten und knieend
unter Thränen anflehten, sein Haupt zu scheeren. Von Anderen
erkannt, wurde er bald darauf festgehalten und ausgeliefert.

Hun-dzin, der Kan-wan, wurde ebenfalls gefangen. Hun-
fu-tien
, der "Junge Herr", irrte, von mitleidigen Landleuten er-

Nan-kiṅ genommen. Anh. IV.
und Weiber flehten in den Strassen kläglich um Nahrung; unter-
dess raubten und mordeten des Kan-waṅ kantonesische Trabanten
nach Gefallen. »Diebe und Räuber,« sagt der Tšun-waṅ, »standen
in der Stadt auf. Die nächtliche Ruhe störte beständiges Schiessen
im Innern der Stadt und ganze Familien wurden ausgeplündert.
Das waren Zeichen von übeler Vorbedeutung und Vorboten der
Vernichtung.«

Der Tod des Tien-waṅ ist in Dunkel gehüllt. Nach des
Tšun-waṅ Bericht hätte das furchtbare Getöse der platzenden
Minen seine Sinne verdüstert: er hätte sich am 30. Juni ver-
giftet. Im Garten des Palastes fanden die Kaiserlichen den
Leichnam eingescharrt, in gelbe Seide gehüllt, mit grauem
Schnurrbart. — Der »Junge Herr«, Huṅ-fu-tien, bestieg wirk-
lich den Thron.

Am 8. Juli versuchte der Tšun-waṅ einen Ausfall, wurde
aber nach hartem Kampfe zurückgetrieben. Er wünschte dem Elend
ein Ende zu machen, die anderen Waṅ widersetzten sich jedoch
der Uebergabe. Am 19. Juli sprengten die Kaiserlichen eine ge-
waltige Mine, die ein grosses Stück der Stadtmauer niederlegte,
und stürmten die Bresche. Der Tšun-waṅ schützte mit seinen
Leuten bis Mitternacht des Tien-waṅ heulende Frauen in dessen
Palast, steckte diesen endlich in Brand und rückte nach dem Süd-
west-Thor, wo er Huṅ-fu-tien, dem »Jungen Herrn«, sein eigenes
Streitross gab für einen elenden Klepper, der ihn kaum trug.
»Obgleich,« schreibt er, »des Tien-waṅ Tage erfüllt, das Volk
durch Andere, die seine Mühe vereitelten und ihn täuschten, ge-
schädigt, und der Staat verloren waren, so konnte doch ich, der
seine Gunst genossen hatte, nicht anders, als meine Treue beweisen
durch das Streben, seinen Sohn zu retten.«

Der Tšun-waṅ, der Kan-waṅ und Huṅ-fu-tien entkamen
im Wirrwarr glücklich mit etwa tausend Mann, wurden aber von
Tseṅ-kwo-tsun’s Reiterei verfolgt und auseinandergesprengt. Der
Tšun-waṅ, den sein schwacher Klepper nicht tragen konnte, ver-
barg sich in einem Tempel, wo Landleute ihn erkannten und knieend
unter Thränen anflehten, sein Haupt zu scheeren. Von Anderen
erkannt, wurde er bald darauf festgehalten und ausgeliefert.

Huṅ-džin, der Kan-waṅ, wurde ebenfalls gefangen. Huṅ-
fu-tien
, der »Junge Herr«, irrte, von mitleidigen Landleuten er-

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[428/0442] Nan-kiṅ genommen. Anh. IV. und Weiber flehten in den Strassen kläglich um Nahrung; unter- dess raubten und mordeten des Kan-waṅ kantonesische Trabanten nach Gefallen. »Diebe und Räuber,« sagt der Tšun-waṅ, »standen in der Stadt auf. Die nächtliche Ruhe störte beständiges Schiessen im Innern der Stadt und ganze Familien wurden ausgeplündert. Das waren Zeichen von übeler Vorbedeutung und Vorboten der Vernichtung.« Der Tod des Tien-waṅ ist in Dunkel gehüllt. Nach des Tšun-waṅ Bericht hätte das furchtbare Getöse der platzenden Minen seine Sinne verdüstert: er hätte sich am 30. Juni ver- giftet. Im Garten des Palastes fanden die Kaiserlichen den Leichnam eingescharrt, in gelbe Seide gehüllt, mit grauem Schnurrbart. — Der »Junge Herr«, Huṅ-fu-tien, bestieg wirk- lich den Thron. Am 8. Juli versuchte der Tšun-waṅ einen Ausfall, wurde aber nach hartem Kampfe zurückgetrieben. Er wünschte dem Elend ein Ende zu machen, die anderen Waṅ widersetzten sich jedoch der Uebergabe. Am 19. Juli sprengten die Kaiserlichen eine ge- waltige Mine, die ein grosses Stück der Stadtmauer niederlegte, und stürmten die Bresche. Der Tšun-waṅ schützte mit seinen Leuten bis Mitternacht des Tien-waṅ heulende Frauen in dessen Palast, steckte diesen endlich in Brand und rückte nach dem Süd- west-Thor, wo er Huṅ-fu-tien, dem »Jungen Herrn«, sein eigenes Streitross gab für einen elenden Klepper, der ihn kaum trug. »Obgleich,« schreibt er, »des Tien-waṅ Tage erfüllt, das Volk durch Andere, die seine Mühe vereitelten und ihn täuschten, ge- schädigt, und der Staat verloren waren, so konnte doch ich, der seine Gunst genossen hatte, nicht anders, als meine Treue beweisen durch das Streben, seinen Sohn zu retten.« Der Tšun-waṅ, der Kan-waṅ und Huṅ-fu-tien entkamen im Wirrwarr glücklich mit etwa tausend Mann, wurden aber von Tseṅ-kwo-tsun’s Reiterei verfolgt und auseinandergesprengt. Der Tšun-waṅ, den sein schwacher Klepper nicht tragen konnte, ver- barg sich in einem Tempel, wo Landleute ihn erkannten und knieend unter Thränen anflehten, sein Haupt zu scheeren. Von Anderen erkannt, wurde er bald darauf festgehalten und ausgeliefert. Huṅ-džin, der Kan-waṅ, wurde ebenfalls gefangen. Huṅ- fu-tien, der »Junge Herr«, irrte, von mitleidigen Landleuten er-

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Zitationshilfe: Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 428. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/442>, abgerufen am 22.11.2024.