trotz allen Einwendungen der americanischen Consuln in A-moi und Fu-tsau gefangen zu Lande nach Shang-hae. Beim Ueber- gang eines Flusses, hiess es nachher, sei durch eine plötzliche Hochfluth die Fähre umgeschlagen, der Abenteurer mit zehn Chinesen ertrunken. Der americanische Gesandte in Pe-kin drang auf Untersuchung, und die Leiche wurde ausgegraben, zeigte aber keine Spur von Gewalt. Das Ereigniss der Wasserfluth wurde constatirt, das zufällige Ertrinken aber auch dadurch nicht bewiesen.
Die Miliz von Fu-kian war der Bewältigung von Tsan-tsau nicht gewachsen; als aber 8000 Mann regulärer Truppen erschie- nen, räumten die Tae-pin in der Nacht des 16. April 1865 die Stadt und zerstreuten sich hart bedrängt in die Gebirge. Unter einem "Kan-wan", der sich, obgleich viel jünger, für den echten Hun-dzin ausgab, zog eine starke Schaar nach Kuan-tun, wurde aber bald auseinandergesprengt. Politische Bedeutung hatte nach dem Fall von Nan-kin keine dieser Horden; sie plünderten aber, aus den Gebirgen hervorbrechend, noch Jahre lang häufig das platte Land.
Des Tien-wan älterer Bruder Si-ta-kae, der in Se-tsuen auf eigene Hand operirte, wurde schon 1863 gefangen und hin- gerichtet. Ein Theil seiner Truppen soll sich nach der Provinz Kan-su zu den mohamedanischen Rebellen durchgeschlagen haben. Die periodischen Aufstände in dieser und der vorwiegend von Moslem bewohnten Provinz Sen-si, deren schwankende Grenzen über die Grosse Mauer hinausreichen, nehmen oft bedeutende Aus- dehnung an, ohne den Thron zu bedrohen. 1866 scheinen die kaiserlichen Heere jene Rebellen über die Reichsgrenze in das von Moslem bewohnte Land I-li gedrängt zu haben.
Die mit dem Namen Nien-fei bezeichneten Rebellenhorden kommen meist aus dem Flussthal des Hoan-ho. Der Gelbe Strom, China's Geissel, bricht häufig die Dämme seines über dem Spiegel der Ebene liegenden Bettes und verwüstet weite Strecken; dann überfluthen Zehntausende heimathloser Armen raubend und stehlend die Nachbargebiete. Den Beraubten bleibt keine Wahl als sich anzuschliessen; so wachsen die Horden lawinenartig und bezwingen leicht die Miliz der Provinzen. Die Ebbe im chinesischen Staats- schatz seit dem Opiumkrieg, welche die für die Deichbauten am
Anh. IV. Mohamedanische Rebellen und Nien-fei.
trotz allen Einwendungen der americanischen Consuln in A-moi und Fu-tšau gefangen zu Lande nach Shang-hae. Beim Ueber- gang eines Flusses, hiess es nachher, sei durch eine plötzliche Hochfluth die Fähre umgeschlagen, der Abenteurer mit zehn Chinesen ertrunken. Der americanische Gesandte in Pe-kiṅ drang auf Untersuchung, und die Leiche wurde ausgegraben, zeigte aber keine Spur von Gewalt. Das Ereigniss der Wasserfluth wurde constatirt, das zufällige Ertrinken aber auch dadurch nicht bewiesen.
Die Miliz von Fu-kian war der Bewältigung von Tšaṅ-tšau nicht gewachsen; als aber 8000 Mann regulärer Truppen erschie- nen, räumten die Tae-piṅ in der Nacht des 16. April 1865 die Stadt und zerstreuten sich hart bedrängt in die Gebirge. Unter einem »Kan-waṅ«, der sich, obgleich viel jünger, für den echten Huṅ-džiṅ ausgab, zog eine starke Schaar nach Kuaṅ-tuṅ, wurde aber bald auseinandergesprengt. Politische Bedeutung hatte nach dem Fall von Nan-kiṅ keine dieser Horden; sie plünderten aber, aus den Gebirgen hervorbrechend, noch Jahre lang häufig das platte Land.
Des Tien-waṅ älterer Bruder Ši-ta-kae, der in Se-tšuen auf eigene Hand operirte, wurde schon 1863 gefangen und hin- gerichtet. Ein Theil seiner Truppen soll sich nach der Provinz Kan-su zu den mohamedanischen Rebellen durchgeschlagen haben. Die periodischen Aufstände in dieser und der vorwiegend von Moslem bewohnten Provinz Šen-si, deren schwankende Grenzen über die Grosse Mauer hinausreichen, nehmen oft bedeutende Aus- dehnung an, ohne den Thron zu bedrohen. 1866 scheinen die kaiserlichen Heere jene Rebellen über die Reichsgrenze in das von Moslem bewohnte Land I-li gedrängt zu haben.
Die mit dem Namen Nien-fei bezeichneten Rebellenhorden kommen meist aus dem Flussthal des Hoaṅ-ho. Der Gelbe Strom, China’s Geissel, bricht häufig die Dämme seines über dem Spiegel der Ebene liegenden Bettes und verwüstet weite Strecken; dann überfluthen Zehntausende heimathloser Armen raubend und stehlend die Nachbargebiete. Den Beraubten bleibt keine Wahl als sich anzuschliessen; so wachsen die Horden lawinenartig und bezwingen leicht die Miliz der Provinzen. Die Ebbe im chinesischen Staats- schatz seit dem Opiumkrieg, welche die für die Deichbauten am
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gang eines Flusses, hiess es nachher, sei durch eine plötzliche
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Chinesen ertrunken. Der americanische Gesandte in Pe-kiṅ drang
auf Untersuchung, und die Leiche wurde ausgegraben, zeigte
aber keine Spur von Gewalt. Das Ereigniss der Wasserfluth
wurde constatirt, das zufällige Ertrinken aber auch dadurch
nicht bewiesen.
Die Miliz von Fu-kian war der Bewältigung von Tšaṅ-tšau
nicht gewachsen; als aber 8000 Mann regulärer Truppen erschie-
nen, räumten die Tae-piṅ in der Nacht des 16. April 1865 die
Stadt und zerstreuten sich hart bedrängt in die Gebirge. Unter
einem »Kan-waṅ«, der sich, obgleich viel jünger, für den echten
Huṅ-džiṅ ausgab, zog eine starke Schaar nach Kuaṅ-tuṅ, wurde
aber bald auseinandergesprengt. Politische Bedeutung hatte nach
dem Fall von Nan-kiṅ keine dieser Horden; sie plünderten aber,
aus den Gebirgen hervorbrechend, noch Jahre lang häufig das
platte Land.
Des Tien-waṅ älterer Bruder Ši-ta-kae, der in Se-tšuen
auf eigene Hand operirte, wurde schon 1863 gefangen und hin-
gerichtet. Ein Theil seiner Truppen soll sich nach der Provinz
Kan-su zu den mohamedanischen Rebellen durchgeschlagen haben.
Die periodischen Aufstände in dieser und der vorwiegend von
Moslem bewohnten Provinz Šen-si, deren schwankende Grenzen
über die Grosse Mauer hinausreichen, nehmen oft bedeutende Aus-
dehnung an, ohne den Thron zu bedrohen. 1866 scheinen die
kaiserlichen Heere jene Rebellen über die Reichsgrenze in das von
Moslem bewohnte Land I-li gedrängt zu haben.
Die mit dem Namen Nien-fei bezeichneten Rebellenhorden
kommen meist aus dem Flussthal des Hoaṅ-ho. Der Gelbe Strom,
China’s Geissel, bricht häufig die Dämme seines über dem Spiegel
der Ebene liegenden Bettes und verwüstet weite Strecken; dann
überfluthen Zehntausende heimathloser Armen raubend und stehlend
die Nachbargebiete. Den Beraubten bleibt keine Wahl als sich
anzuschliessen; so wachsen die Horden lawinenartig und bezwingen
leicht die Miliz der Provinzen. Die Ebbe im chinesischen Staats-
schatz seit dem Opiumkrieg, welche die für die Deichbauten am
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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 431. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/445>, abgerufen am 16.07.2024.
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