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Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873.

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XV. Schriftwechsel.
Regierung dürfe Preussen ferner nicht von vorn herein Alles ver-
sagen, was sie anderen Völkern zugestanden habe. Er könne keine
ihrer Bedingungen annehmen und mache als Vertreter einer Gross-
macht auf dieselben politischen Rechte Anspruch, welche anderen
Mächten gewährt seien; verweigere die kaiserliche Regierung die
Ausstellung von Vollmachten und beginne sie mit Aufzählung der
Puncte, die sie nicht gewähren wolle, so zeige sie dadurch, dass
sie mit Preussen und Deutschland überhaupt nicht in freundschaft-
liche Beziehungen zu treten wünsche.

Eine Note des Prinzen vom 18. Mai erklärte gleichfalls, dass
nur ein Handelsvertrag abgeschlossen werden könne; die Commis-
sare seien durch kaiserlichen Befehl zu den Verhandlungen beauf-
tragt; Tsun-luen habe als Mitglied des Auswärtigen Amtes hin-
reichende Vollmacht, Tsun-hau sei ausdrücklich dazu ermächtigt.
Was sie billig gewähren könnten, werde die Regierung annehmen;
was darüber hinausgehe, könne weder er selbst genehmigen, noch
dem Kaiser vortragen. -- Die hier zuerst auftauchende Erklärung
des Prinzen von Kun, dass nur ein Handelsvertrag geschlossen
werden könne, widersprach gradezu seinen früheren Noten, in
welchen die Anträge des Gesandten auf Abschluss eines "Freund-
schafts- und Handels-", also eines politischen Vertrages, ohne Ein-
spruch hingenommen, und Unterhandlungen auf dieser Basis ver-
heissen wurden. Ebenso hatte Tsun-luen bei seinem ersten Be-
such aus freien Stücken erklärt, dass China keinen Grund habe,
Preussen und Deutschland die anderen Staaten gewährten Rechte
zu versagen. Jetzt sprachen sie anders. Das Zusammentreffen jener
Schreiben mit den Aeusserungen des Herrn Bruce und des Grafen
Kleczkowski erweckte den unwillkürlichen Gedanken, dass frem-
der Einfluss den Umschlag bewirkt habe. Graf Eulenburg
richtete am 23. Mai abermals eine Note an den Prinzen von
Kun, in welcher er sich gegen den Abschluss eines blossen Han-
delsvertrages verwahrt, und, durch undeutliche Uebersetzung der
letzten Note des Prinzen irre geleitet, noch einmal jede Verhand-
lung mit Commissaren ablehnt, die nicht mit Special-Vollmachten
versehen seien. Der Gesandte bespricht in dieser Note eingehend
Preussens europäische Stellung, und die Unmöglichkeit, hinter an-
deren Grossmächten zurückzustehen. Er betont, dass er die Bei-
legung des Zwistes mit den Westmächten abgewartet habe, jetzt
aber nicht einsehe, warum China nicht in Vertragsbeziehungen

XV. Schriftwechsel.
Regierung dürfe Preussen ferner nicht von vorn herein Alles ver-
sagen, was sie anderen Völkern zugestanden habe. Er könne keine
ihrer Bedingungen annehmen und mache als Vertreter einer Gross-
macht auf dieselben politischen Rechte Anspruch, welche anderen
Mächten gewährt seien; verweigere die kaiserliche Regierung die
Ausstellung von Vollmachten und beginne sie mit Aufzählung der
Puncte, die sie nicht gewähren wolle, so zeige sie dadurch, dass
sie mit Preussen und Deutschland überhaupt nicht in freundschaft-
liche Beziehungen zu treten wünsche.

Eine Note des Prinzen vom 18. Mai erklärte gleichfalls, dass
nur ein Handelsvertrag abgeschlossen werden könne; die Commis-
sare seien durch kaiserlichen Befehl zu den Verhandlungen beauf-
tragt; Tsuṅ-luen habe als Mitglied des Auswärtigen Amtes hin-
reichende Vollmacht, Tsuṅ-hau sei ausdrücklich dazu ermächtigt.
Was sie billig gewähren könnten, werde die Regierung annehmen;
was darüber hinausgehe, könne weder er selbst genehmigen, noch
dem Kaiser vortragen. — Die hier zuerst auftauchende Erklärung
des Prinzen von Kuṅ, dass nur ein Handelsvertrag geschlossen
werden könne, widersprach gradezu seinen früheren Noten, in
welchen die Anträge des Gesandten auf Abschluss eines »Freund-
schafts- und Handels-«, also eines politischen Vertrages, ohne Ein-
spruch hingenommen, und Unterhandlungen auf dieser Basis ver-
heissen wurden. Ebenso hatte Tsuṅ-luen bei seinem ersten Be-
such aus freien Stücken erklärt, dass China keinen Grund habe,
Preussen und Deutschland die anderen Staaten gewährten Rechte
zu versagen. Jetzt sprachen sie anders. Das Zusammentreffen jener
Schreiben mit den Aeusserungen des Herrn Bruce und des Grafen
Kleczkowski erweckte den unwillkürlichen Gedanken, dass frem-
der Einfluss den Umschlag bewirkt habe. Graf Eulenburg
richtete am 23. Mai abermals eine Note an den Prinzen von
Kuṅ, in welcher er sich gegen den Abschluss eines blossen Han-
delsvertrages verwahrt, und, durch undeutliche Uebersetzung der
letzten Note des Prinzen irre geleitet, noch einmal jede Verhand-
lung mit Commissaren ablehnt, die nicht mit Special-Vollmachten
versehen seien. Der Gesandte bespricht in dieser Note eingehend
Preussens europäische Stellung, und die Unmöglichkeit, hinter an-
deren Grossmächten zurückzustehen. Er betont, dass er die Bei-
legung des Zwistes mit den Westmächten abgewartet habe, jetzt
aber nicht einsehe, warum China nicht in Vertragsbeziehungen

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[39/0053] XV. Schriftwechsel. Regierung dürfe Preussen ferner nicht von vorn herein Alles ver- sagen, was sie anderen Völkern zugestanden habe. Er könne keine ihrer Bedingungen annehmen und mache als Vertreter einer Gross- macht auf dieselben politischen Rechte Anspruch, welche anderen Mächten gewährt seien; verweigere die kaiserliche Regierung die Ausstellung von Vollmachten und beginne sie mit Aufzählung der Puncte, die sie nicht gewähren wolle, so zeige sie dadurch, dass sie mit Preussen und Deutschland überhaupt nicht in freundschaft- liche Beziehungen zu treten wünsche. Eine Note des Prinzen vom 18. Mai erklärte gleichfalls, dass nur ein Handelsvertrag abgeschlossen werden könne; die Commis- sare seien durch kaiserlichen Befehl zu den Verhandlungen beauf- tragt; Tsuṅ-luen habe als Mitglied des Auswärtigen Amtes hin- reichende Vollmacht, Tsuṅ-hau sei ausdrücklich dazu ermächtigt. Was sie billig gewähren könnten, werde die Regierung annehmen; was darüber hinausgehe, könne weder er selbst genehmigen, noch dem Kaiser vortragen. — Die hier zuerst auftauchende Erklärung des Prinzen von Kuṅ, dass nur ein Handelsvertrag geschlossen werden könne, widersprach gradezu seinen früheren Noten, in welchen die Anträge des Gesandten auf Abschluss eines »Freund- schafts- und Handels-«, also eines politischen Vertrages, ohne Ein- spruch hingenommen, und Unterhandlungen auf dieser Basis ver- heissen wurden. Ebenso hatte Tsuṅ-luen bei seinem ersten Be- such aus freien Stücken erklärt, dass China keinen Grund habe, Preussen und Deutschland die anderen Staaten gewährten Rechte zu versagen. Jetzt sprachen sie anders. Das Zusammentreffen jener Schreiben mit den Aeusserungen des Herrn Bruce und des Grafen Kleczkowski erweckte den unwillkürlichen Gedanken, dass frem- der Einfluss den Umschlag bewirkt habe. Graf Eulenburg richtete am 23. Mai abermals eine Note an den Prinzen von Kuṅ, in welcher er sich gegen den Abschluss eines blossen Han- delsvertrages verwahrt, und, durch undeutliche Uebersetzung der letzten Note des Prinzen irre geleitet, noch einmal jede Verhand- lung mit Commissaren ablehnt, die nicht mit Special-Vollmachten versehen seien. Der Gesandte bespricht in dieser Note eingehend Preussens europäische Stellung, und die Unmöglichkeit, hinter an- deren Grossmächten zurückzustehen. Er betont, dass er die Bei- legung des Zwistes mit den Westmächten abgewartet habe, jetzt aber nicht einsehe, warum China nicht in Vertragsbeziehungen

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Zitationshilfe: Martens, Georg von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Vierter Band. Berlin, 1873, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasien04_1873/53>, abgerufen am 27.11.2024.