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Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876.

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Einfluss der Jahreszeit; schädliche Insekten.

Was den Einfluss der Jahreszeit betrifft, so waren schon
Ende Septembers, als wir noch mehr schwitzten als froren, die
grossen Landschnecken: Helix peliomphala, quaesita und myomphala,
selten geworden und Ende Octobers ganz verschwunden; auch
kleinere Arten fand ich um diese Zeit schon mit ihrem Winterdeckel
versehen im Moos. Die Heuschrecken und rothen Libellen dagegen
waren noch zu Anfang Novembers häufig; am 27. desselben Monats,
nachdem schon mehrmals des Morgens Reif eingetreten war, fand
ich Libellen und gelbe Schmetterlinge noch fliegend, die Land-
amphipoden noch munter, und am 28. November in einem der
Teiche die Wassersalamander, Triton subcristatus, und Sumpf-
schnecken, Paludina Japonica, noch in Bewegung, aber keine
Frösche und keine Wasserinsekten mehr.

Um Nangasaki fand ich im Februar, trotz des milden Wetters,
bei dem schon viel Grünes zu sehen war, Alles sprossend und
treibend, noch keine kriechende Landschnecke, sondern nur im
Winterschlaf begriffene oder leere Schalen, dagegen kleine Scolo-
pendra, Porcellio und die Landamphipoden schon in Thätigkeit.
Trotz der ungünstigen geognostischen Beschaffenheit -- Trachyt
und Schiefer, kein Kalk -- war die Anzahl der hier in Kurzem
gefundenen kaum geringer als diejenige um Yokohama, meistens
dieselben Arten, Helix peliomphala durch die dunkelbraune Helix
Luhuana (von den Liukiuinseln) ersetzt; bei dem felsigen Terrain
war aber der Mangel an Clausilien und Pupen noch mehr auffallend.
Dagegen fand ich die einzige grössere Cyclostomacee Japan's,
Cyclophorus Herklotsi, nur hier, nicht um Yokohama.

Insekten, die dem Menschen direct schädlich oder lästig
werden, gibt es in Japan so gut wie anderwärts, doch auch nicht
in höherem Grade; so Fliegen hai, Ameisen ari, die geflügelten
ha-ari, Federameise, eine grössere Art khi-ari, Feuerameise genannt,
Motten khitori-musi -- Feuervogelinsekt --, Milben dani, Flöhe
nomi und Läuse sirami (tsubi-sirami, Pediculis pubis, usi-sirami
die Zecke, Ixodes). Die Stechmücken, Culex, ka, sind nicht
schlimmer, als auch in Europa im Herbst in sumpfigen Gegenden;
die Encyclopädie scheint ihre Entstehung aus den im Wasser
lebenden Larven, bofuri-musi, zu kennen. Ferner finde ich in
derselben sehr kenntlich das niedliche Zuckergästchen, Lepisma
saccharinum L., als simi, und auch die Kakerlake oder Küchen-
schabe, cockroach der Engländer, welche wir auch auf unseren

Einfluss der Jahreszeit; schädliche Insekten.

Was den Einfluss der Jahreszeit betrifft, so waren schon
Ende Septembers, als wir noch mehr schwitzten als froren, die
grossen Landschnecken: Helix peliomphala, quaesita und myomphala,
selten geworden und Ende Octobers ganz verschwunden; auch
kleinere Arten fand ich um diese Zeit schon mit ihrem Winterdeckel
versehen im Moos. Die Heuschrecken und rothen Libellen dagegen
waren noch zu Anfang Novembers häufig; am 27. desselben Monats,
nachdem schon mehrmals des Morgens Reif eingetreten war, fand
ich Libellen und gelbe Schmetterlinge noch fliegend, die Land-
amphipoden noch munter, und am 28. November in einem der
Teiche die Wassersalamander, Triton subcristatus, und Sumpf-
schnecken, Paludina Japonica, noch in Bewegung, aber keine
Frösche und keine Wasserinsekten mehr.

Um Nangasaki fand ich im Februar, trotz des milden Wetters,
bei dem schon viel Grünes zu sehen war, Alles sprossend und
treibend, noch keine kriechende Landschnecke, sondern nur im
Winterschlaf begriffene oder leere Schalen, dagegen kleine Scolo-
pendra, Porcellio und die Landamphipoden schon in Thätigkeit.
Trotz der ungünstigen geognostischen Beschaffenheit — Trachyt
und Schiefer, kein Kalk — war die Anzahl der hier in Kurzem
gefundenen kaum geringer als diejenige um Yokohama, meistens
dieselben Arten, Helix peliomphala durch die dunkelbraune Helix
Luhuana (von den Liukiuinseln) ersetzt; bei dem felsigen Terrain
war aber der Mangel an Clausilien und Pupen noch mehr auffallend.
Dagegen fand ich die einzige grössere Cyclostomacee Japan’s,
Cyclophorus Herklotsi, nur hier, nicht um Yokohama.

Insekten, die dem Menschen direct schädlich oder lästig
werden, gibt es in Japan so gut wie anderwärts, doch auch nicht
in höherem Grade; so Fliegen hai, Ameisen ari, die geflügelten
ha-ari, Federameise, eine grössere Art χi-ari, Feuerameise genannt,
Motten χitori-musi — Feuervogelinsekt —, Milben dani, Flöhe
nomi und Läuse sirami (tsubi-sirami, Pediculis pubis, usi-sirami
die Zecke, Ixodes). Die Stechmücken, Culex, ka, sind nicht
schlimmer, als auch in Europa im Herbst in sumpfigen Gegenden;
die Encyclopädie scheint ihre Entstehung aus den im Wasser
lebenden Larven, bofuri-musi, zu kennen. Ferner finde ich in
derselben sehr kenntlich das niedliche Zuckergästchen, Lepisma
saccharinum L., als simi, und auch die Kakerlake oder Küchen-
schabe, cockroach der Engländer, welche wir auch auf unseren

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[135/0153] Einfluss der Jahreszeit; schädliche Insekten. Was den Einfluss der Jahreszeit betrifft, so waren schon Ende Septembers, als wir noch mehr schwitzten als froren, die grossen Landschnecken: Helix peliomphala, quaesita und myomphala, selten geworden und Ende Octobers ganz verschwunden; auch kleinere Arten fand ich um diese Zeit schon mit ihrem Winterdeckel versehen im Moos. Die Heuschrecken und rothen Libellen dagegen waren noch zu Anfang Novembers häufig; am 27. desselben Monats, nachdem schon mehrmals des Morgens Reif eingetreten war, fand ich Libellen und gelbe Schmetterlinge noch fliegend, die Land- amphipoden noch munter, und am 28. November in einem der Teiche die Wassersalamander, Triton subcristatus, und Sumpf- schnecken, Paludina Japonica, noch in Bewegung, aber keine Frösche und keine Wasserinsekten mehr. Um Nangasaki fand ich im Februar, trotz des milden Wetters, bei dem schon viel Grünes zu sehen war, Alles sprossend und treibend, noch keine kriechende Landschnecke, sondern nur im Winterschlaf begriffene oder leere Schalen, dagegen kleine Scolo- pendra, Porcellio und die Landamphipoden schon in Thätigkeit. Trotz der ungünstigen geognostischen Beschaffenheit — Trachyt und Schiefer, kein Kalk — war die Anzahl der hier in Kurzem gefundenen kaum geringer als diejenige um Yokohama, meistens dieselben Arten, Helix peliomphala durch die dunkelbraune Helix Luhuana (von den Liukiuinseln) ersetzt; bei dem felsigen Terrain war aber der Mangel an Clausilien und Pupen noch mehr auffallend. Dagegen fand ich die einzige grössere Cyclostomacee Japan’s, Cyclophorus Herklotsi, nur hier, nicht um Yokohama. Insekten, die dem Menschen direct schädlich oder lästig werden, gibt es in Japan so gut wie anderwärts, doch auch nicht in höherem Grade; so Fliegen hai, Ameisen ari, die geflügelten ha-ari, Federameise, eine grössere Art χi-ari, Feuerameise genannt, Motten χitori-musi — Feuervogelinsekt —, Milben dani, Flöhe nomi und Läuse sirami (tsubi-sirami, Pediculis pubis, usi-sirami die Zecke, Ixodes). Die Stechmücken, Culex, ka, sind nicht schlimmer, als auch in Europa im Herbst in sumpfigen Gegenden; die Encyclopädie scheint ihre Entstehung aus den im Wasser lebenden Larven, bofuri-musi, zu kennen. Ferner finde ich in derselben sehr kenntlich das niedliche Zuckergästchen, Lepisma saccharinum L., als simi, und auch die Kakerlake oder Küchen- schabe, cockroach der Engländer, welche wir auch auf unseren

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Zitationshilfe: Martens, Eduard von: Die preussische Expedition nach Ost-Asien. Nach amtlichen Quellen. Zoologischer Teil. Erster Band. Berlin, 1876, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berg_ostasienzoologie01_1876/153>, abgerufen am 21.11.2024.