Stolzen Haupts im Sonnenstrahle Stehn die Riesen unbesiegt, Während etwas Staub im Thale Ihnen von den Sohlen fliegt.
Anast. Grün.
Alle großen Alpenthäler, die in den Formationen der Schiefer-, Kalk- und Flysch-Gebilde liegen und von starren Seitenwänden eingeschlossen werden, zeigen streckenweise zwei landschaftliche Erschei¬ nungen, die selbst dem oberflächlichsten Beobachter auffallen müssen. Ganz besonders lassen sich dieselben im romantischen Rheinthale wahr¬ nehmen. Auf der, wegen ihrer prächtigen Alpendekorationen mit Recht hochgepriesenen Eisenbahnlinie (vielleicht der schönsten des Kon¬ tinentes), welche von den Ufern des Bodensees nach Graubündens Hauptstadt Chur führt, erblickt man von den Stationen Haag, Werdenberg und Sevelen aus, am jenseitigen Rheinufer im Für¬ stenthume Lichtenstein unter den fünftausend Fuß hohen Felsenfron¬ ten der "Drei Schwestern", gleichmäßig in einer Böschung von etwa zwanzig Grad, vom Rhein gegen die Berge ansteigende, theils mit Wald und Wiese, theils mit Weingärten überwachsene Halden, die stellenweise von breiten, grauen, vegetationslosen Steinschutt- Linien, ähnlich dem trockenliegenden Bett bedeutender Flüsse, unter¬
Die Rüfe.
Stolzen Haupts im Sonnenſtrahle Stehn die Rieſen unbeſiegt, Während etwas Staub im Thale Ihnen von den Sohlen fliegt.
Anaſt. Grün.
Alle großen Alpenthäler, die in den Formationen der Schiefer-, Kalk- und Flyſch-Gebilde liegen und von ſtarren Seitenwänden eingeſchloſſen werden, zeigen ſtreckenweiſe zwei landſchaftliche Erſchei¬ nungen, die ſelbſt dem oberflächlichſten Beobachter auffallen müſſen. Ganz beſonders laſſen ſich dieſelben im romantiſchen Rheinthale wahr¬ nehmen. Auf der, wegen ihrer prächtigen Alpendekorationen mit Recht hochgeprieſenen Eiſenbahnlinie (vielleicht der ſchönſten des Kon¬ tinentes), welche von den Ufern des Bodenſees nach Graubündens Hauptſtadt Chur führt, erblickt man von den Stationen Haag, Werdenberg und Sevelen aus, am jenſeitigen Rheinufer im Für¬ ſtenthume Lichtenſtein unter den fünftauſend Fuß hohen Felſenfron¬ ten der „Drei Schweſtern“, gleichmäßig in einer Böſchung von etwa zwanzig Grad, vom Rhein gegen die Berge anſteigende, theils mit Wald und Wieſe, theils mit Weingärten überwachſene Halden, die ſtellenweiſe von breiten, grauen, vegetationsloſen Steinſchutt- Linien, ähnlich dem trockenliegenden Bett bedeutender Flüſſe, unter¬
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[[183]/0211]
Die Rüfe.
Stolzen Haupts im Sonnenſtrahle
Stehn die Rieſen unbeſiegt,
Während etwas Staub im Thale
Ihnen von den Sohlen fliegt.
Anaſt. Grün.
Alle großen Alpenthäler, die in den Formationen der Schiefer-,
Kalk- und Flyſch-Gebilde liegen und von ſtarren Seitenwänden
eingeſchloſſen werden, zeigen ſtreckenweiſe zwei landſchaftliche Erſchei¬
nungen, die ſelbſt dem oberflächlichſten Beobachter auffallen müſſen.
Ganz beſonders laſſen ſich dieſelben im romantiſchen Rheinthale wahr¬
nehmen. Auf der, wegen ihrer prächtigen Alpendekorationen mit
Recht hochgeprieſenen Eiſenbahnlinie (vielleicht der ſchönſten des Kon¬
tinentes), welche von den Ufern des Bodenſees nach Graubündens
Hauptſtadt Chur führt, erblickt man von den Stationen Haag,
Werdenberg und Sevelen aus, am jenſeitigen Rheinufer im Für¬
ſtenthume Lichtenſtein unter den fünftauſend Fuß hohen Felſenfron¬
ten der „Drei Schweſtern“, gleichmäßig in einer Böſchung von
etwa zwanzig Grad, vom Rhein gegen die Berge anſteigende, theils
mit Wald und Wieſe, theils mit Weingärten überwachſene Halden,
die ſtellenweiſe von breiten, grauen, vegetationsloſen Steinſchutt-
Linien, ähnlich dem trockenliegenden Bett bedeutender Flüſſe, unter¬
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Berlepsch, Hermann Alexander: Die Alpen in Natur- und Lebensbildern. Leipzig, 1871, S. [183]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berlepsch_alpen_1861/211>, abgerufen am 24.11.2024.
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