thümlich wie das ganze Instrument selber. -- Der Tonumfang ist ungefähr in der gleichen Ausdehnung wie der einer Trompete, innerhalb welchem hauptsächlich die Mittellage benutzt wird, weil die Töne dieser Lage leichter hervorzubringen sind und auch die Klang¬ farbe die schönste ist.
Die Wirkungen des Alphorntones hängen dagegen von einer Menge äußerer Umstände, ja selbst von Zufälligkeiten ab. In unmittelbarer Nähe gehört, klingt das Alphorn rauh, unangenehm, mehr mit einem heiseren Gestöhn, als mit einem klangvollen Tone zu vergleichen. Schon in einiger Entfernung vermindert sich diese Rauheit (zu welcher auch die bedeutende Lungen-Anstrengung des Bläsers viel beitragen mag) und der Ton zieht klangvoll, weich, fein und zart fibrirend über die Thäler dahin, sich mächtig ausbrei¬ tend, je weiter die Luft den Ton trägt. Bei heiterem Himmel, überhaupt bei reiner Luft klingt der Ton hell, markirt, scharf, glän¬ zend und ähnelt hier in seinem Klangcharakter am Meisten der Trompete. An gewitterschwülen Tagen oder sonst bei bedecktem Himmel nimmt der Ton des Alphornes einen melancholisch-düster gefärbten Charakter an, sehnsuchtsvoll, wunderbar-eigenthümlich klagend, -- jenen Ton, der schmerzlich in uns nachklingt, wehmüthige Stim¬ mungen in uns wachruft und dem wir doch nicht entfliehen können, -- denn er zaubert und bannt unsere Seele, entzückt und berauscht unsere Sinne. Es mag ein Theil sein von Orpheus, durch Milde und seelentiefe Zartheit, Alles bewältigendem Tone. Eine beson¬ dere Merkwürdigkeit in der hohen Gebirgswelt findet sich bezüglich unseres Instrumentes darin, daß gewisse Felsenwände und darunter liegende Thäler oder bewaldete Felsenparthien den Klang des Alp¬ hornes ganz eigenthümlich umgeschaffen wiedergeben. Leider hat bis jetzt die Physik in Bezug auf Akustik die Resonanz der Ge¬ birgswände für den Ton, die Verschiedenheit des Tones gegen diese oder jene Felsenwand, oder einer mit Felsenwänden abge¬ schlossenen, Echo erzeugenden Gegend -- noch nicht so genau in
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Das Alphorn.
thümlich wie das ganze Inſtrument ſelber. — Der Tonumfang iſt ungefähr in der gleichen Ausdehnung wie der einer Trompete, innerhalb welchem hauptſächlich die Mittellage benutzt wird, weil die Töne dieſer Lage leichter hervorzubringen ſind und auch die Klang¬ farbe die ſchönſte iſt.
Die Wirkungen des Alphorntones hängen dagegen von einer Menge äußerer Umſtände, ja ſelbſt von Zufälligkeiten ab. In unmittelbarer Nähe gehört, klingt das Alphorn rauh, unangenehm, mehr mit einem heiſeren Geſtöhn, als mit einem klangvollen Tone zu vergleichen. Schon in einiger Entfernung vermindert ſich dieſe Rauheit (zu welcher auch die bedeutende Lungen-Anſtrengung des Bläſers viel beitragen mag) und der Ton zieht klangvoll, weich, fein und zart fibrirend über die Thäler dahin, ſich mächtig ausbrei¬ tend, je weiter die Luft den Ton trägt. Bei heiterem Himmel, überhaupt bei reiner Luft klingt der Ton hell, markirt, ſcharf, glän¬ zend und ähnelt hier in ſeinem Klangcharakter am Meiſten der Trompete. An gewitterſchwülen Tagen oder ſonſt bei bedecktem Himmel nimmt der Ton des Alphornes einen melancholiſch-düſter gefärbten Charakter an, ſehnſuchtsvoll, wunderbar-eigenthümlich klagend, — jenen Ton, der ſchmerzlich in uns nachklingt, wehmüthige Stim¬ mungen in uns wachruft und dem wir doch nicht entfliehen können, — denn er zaubert und bannt unſere Seele, entzückt und berauſcht unſere Sinne. Es mag ein Theil ſein von Orpheus, durch Milde und ſeelentiefe Zartheit, Alles bewältigendem Tone. Eine beſon¬ dere Merkwürdigkeit in der hohen Gebirgswelt findet ſich bezüglich unſeres Inſtrumentes darin, daß gewiſſe Felſenwände und darunter liegende Thäler oder bewaldete Felſenparthien den Klang des Alp¬ hornes ganz eigenthümlich umgeſchaffen wiedergeben. Leider hat bis jetzt die Phyſik in Bezug auf Akuſtik die Reſonanz der Ge¬ birgswände für den Ton, die Verſchiedenheit des Tones gegen dieſe oder jene Felſenwand, oder einer mit Felſenwänden abge¬ ſchloſſenen, Echo erzeugenden Gegend — noch nicht ſo genau in
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Das Alphorn.
thümlich wie das ganze Inſtrument ſelber. — Der Tonumfang iſt
ungefähr in der gleichen Ausdehnung wie der einer Trompete,
innerhalb welchem hauptſächlich die Mittellage benutzt wird, weil die
Töne dieſer Lage leichter hervorzubringen ſind und auch die Klang¬
farbe die ſchönſte iſt.
Die Wirkungen des Alphorntones hängen dagegen von einer
Menge äußerer Umſtände, ja ſelbſt von Zufälligkeiten ab. In
unmittelbarer Nähe gehört, klingt das Alphorn rauh, unangenehm,
mehr mit einem heiſeren Geſtöhn, als mit einem klangvollen Tone
zu vergleichen. Schon in einiger Entfernung vermindert ſich dieſe
Rauheit (zu welcher auch die bedeutende Lungen-Anſtrengung des
Bläſers viel beitragen mag) und der Ton zieht klangvoll, weich,
fein und zart fibrirend über die Thäler dahin, ſich mächtig ausbrei¬
tend, je weiter die Luft den Ton trägt. Bei heiterem Himmel,
überhaupt bei reiner Luft klingt der Ton hell, markirt, ſcharf, glän¬
zend und ähnelt hier in ſeinem Klangcharakter am Meiſten der
Trompete. An gewitterſchwülen Tagen oder ſonſt bei bedecktem Himmel
nimmt der Ton des Alphornes einen melancholiſch-düſter gefärbten
Charakter an, ſehnſuchtsvoll, wunderbar-eigenthümlich klagend, —
jenen Ton, der ſchmerzlich in uns nachklingt, wehmüthige Stim¬
mungen in uns wachruft und dem wir doch nicht entfliehen können,
— denn er zaubert und bannt unſere Seele, entzückt und berauſcht
unſere Sinne. Es mag ein Theil ſein von Orpheus, durch Milde
und ſeelentiefe Zartheit, Alles bewältigendem Tone. Eine beſon¬
dere Merkwürdigkeit in der hohen Gebirgswelt findet ſich bezüglich
unſeres Inſtrumentes darin, daß gewiſſe Felſenwände und darunter
liegende Thäler oder bewaldete Felſenparthien den Klang des Alp¬
hornes ganz eigenthümlich umgeſchaffen wiedergeben. Leider hat
bis jetzt die Phyſik in Bezug auf Akuſtik die Reſonanz der Ge¬
birgswände für den Ton, die Verſchiedenheit des Tones gegen
dieſe oder jene Felſenwand, oder einer mit Felſenwänden abge¬
ſchloſſenen, Echo erzeugenden Gegend — noch nicht ſo genau in
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Berlepsch, Hermann Alexander: Die Alpen in Natur- und Lebensbildern. Leipzig, 1871, S. 355. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berlepsch_alpen_1861/393>, abgerufen am 22.11.2024.
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