verdienstes; sie ist entweder (und zwar in den seltensten Fällen) eine unfreiwillige, durch den Zufall herbeigeführte Muthprobe für den Aelpler, -- oder ein absichtlich aufgesuchter, höchst gefahrvoller Vernichtungskampf gegen den gefürchteten Herden-Räuber. In beiden Fällen ist diese Jagd nicht minder beschwerlich und drohend als jene, nur daß die Gefahr weniger in dem zu passirenden un¬ zugänglichen Terrain, als vielmehr in der Natur des zu erlegenden Wildes beruht.
Die eigentliche Bärenheimath in den Alpen sind die Kantone Wallis und Graubünden. Als das am Schwächsten bevölkerte Alpenland, welches zugleich noch die ausgedehntesten, dichtesten Waldungen und umfangreiche, wenig betretene Gebirgsreviere be¬ sitzt, bietet es dem großen Raubwild die beste Gelegenheit zu un¬ gestörtem Aufenthalt. Es vergeht kein Jahr in den rhätischen und walliser Alpen, daß nicht bald hier, bald dort die Schreckensbot¬ schaft ins Thal hinabkommt: der Bär habe wiederum Schaafe, Kälber oder überhaupt Jungvieh auf der Alp zerrissen. Aber zur Genugthuung der allgemeinen Sicherheit verbreitet sich dann auch oft die freudig wiederhallende Kunde durch die Berge, daß unter den, oft abenteuerlichsten, Umständen wieder ein Bär erlegt worden sei. Die Summe der in den Alpen geschossenen Bären darf in neuerer Zeit immerhin jährlich auf 12 bis 20 Stück angenommen werden. Es giebt, möchte man sagen, Bärenjahre, in denen sich diese Bestien außerordentlich zahlreich zeigen, und deren viele in engen Gränzen geschossen werden, und wieder andere Jahre, in denen wenig von diesem Raubthiere verlautet. Die Menge der erlegten Bären würde bei Weitem größer sein, wenn es mehr Jäger in den Bergen gäbe und die gesetzte Schußprämie größer wäre. (Graubünden z. B. zahlt von Regierungswegen nur 28 Francs für jeden erlegten Bären, ob alt oder jung, wobei dem Schützen dann das Thier sammt Fell zum Verkauf noch bleibt.) Taxationen von Forst- und Jagd-Männern schätzen den Bären-Reichthum von
Berlepsch, die Alpen. 27
Auf der Jagd.
verdienſtes; ſie iſt entweder (und zwar in den ſeltenſten Fällen) eine unfreiwillige, durch den Zufall herbeigeführte Muthprobe für den Aelpler, — oder ein abſichtlich aufgeſuchter, höchſt gefahrvoller Vernichtungskampf gegen den gefürchteten Herden-Räuber. In beiden Fällen iſt dieſe Jagd nicht minder beſchwerlich und drohend als jene, nur daß die Gefahr weniger in dem zu paſſirenden un¬ zugänglichen Terrain, als vielmehr in der Natur des zu erlegenden Wildes beruht.
Die eigentliche Bärenheimath in den Alpen ſind die Kantone Wallis und Graubünden. Als das am Schwächſten bevölkerte Alpenland, welches zugleich noch die ausgedehnteſten, dichteſten Waldungen und umfangreiche, wenig betretene Gebirgsreviere be¬ ſitzt, bietet es dem großen Raubwild die beſte Gelegenheit zu un¬ geſtörtem Aufenthalt. Es vergeht kein Jahr in den rhätiſchen und walliſer Alpen, daß nicht bald hier, bald dort die Schreckensbot¬ ſchaft ins Thal hinabkommt: der Bär habe wiederum Schaafe, Kälber oder überhaupt Jungvieh auf der Alp zerriſſen. Aber zur Genugthuung der allgemeinen Sicherheit verbreitet ſich dann auch oft die freudig wiederhallende Kunde durch die Berge, daß unter den, oft abenteuerlichſten, Umſtänden wieder ein Bär erlegt worden ſei. Die Summe der in den Alpen geſchoſſenen Bären darf in neuerer Zeit immerhin jährlich auf 12 bis 20 Stück angenommen werden. Es giebt, möchte man ſagen, Bärenjahre, in denen ſich dieſe Beſtien außerordentlich zahlreich zeigen, und deren viele in engen Gränzen geſchoſſen werden, und wieder andere Jahre, in denen wenig von dieſem Raubthiere verlautet. Die Menge der erlegten Bären würde bei Weitem größer ſein, wenn es mehr Jäger in den Bergen gäbe und die geſetzte Schußprämie größer wäre. (Graubünden z. B. zahlt von Regierungswegen nur 28 Francs für jeden erlegten Bären, ob alt oder jung, wobei dem Schützen dann das Thier ſammt Fell zum Verkauf noch bleibt.) Taxationen von Forſt- und Jagd-Männern ſchätzen den Bären-Reichthum von
Berlepſch, die Alpen. 27
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Auf der Jagd.
verdienſtes; ſie iſt entweder (und zwar in den ſeltenſten Fällen)
eine unfreiwillige, durch den Zufall herbeigeführte Muthprobe für
den Aelpler, — oder ein abſichtlich aufgeſuchter, höchſt gefahrvoller
Vernichtungskampf gegen den gefürchteten Herden-Räuber. In
beiden Fällen iſt dieſe Jagd nicht minder beſchwerlich und drohend
als jene, nur daß die Gefahr weniger in dem zu paſſirenden un¬
zugänglichen Terrain, als vielmehr in der Natur des zu erlegenden
Wildes beruht.
Die eigentliche Bärenheimath in den Alpen ſind die Kantone
Wallis und Graubünden. Als das am Schwächſten bevölkerte
Alpenland, welches zugleich noch die ausgedehnteſten, dichteſten
Waldungen und umfangreiche, wenig betretene Gebirgsreviere be¬
ſitzt, bietet es dem großen Raubwild die beſte Gelegenheit zu un¬
geſtörtem Aufenthalt. Es vergeht kein Jahr in den rhätiſchen und
walliſer Alpen, daß nicht bald hier, bald dort die Schreckensbot¬
ſchaft ins Thal hinabkommt: der Bär habe wiederum Schaafe,
Kälber oder überhaupt Jungvieh auf der Alp zerriſſen. Aber zur
Genugthuung der allgemeinen Sicherheit verbreitet ſich dann auch
oft die freudig wiederhallende Kunde durch die Berge, daß unter
den, oft abenteuerlichſten, Umſtänden wieder ein Bär erlegt worden
ſei. Die Summe der in den Alpen geſchoſſenen Bären darf in
neuerer Zeit immerhin jährlich auf 12 bis 20 Stück angenommen
werden. Es giebt, möchte man ſagen, Bärenjahre, in denen ſich
dieſe Beſtien außerordentlich zahlreich zeigen, und deren viele in
engen Gränzen geſchoſſen werden, und wieder andere Jahre, in
denen wenig von dieſem Raubthiere verlautet. Die Menge der
erlegten Bären würde bei Weitem größer ſein, wenn es mehr
Jäger in den Bergen gäbe und die geſetzte Schußprämie größer
wäre. (Graubünden z. B. zahlt von Regierungswegen nur 28 Francs
für jeden erlegten Bären, ob alt oder jung, wobei dem Schützen
dann das Thier ſammt Fell zum Verkauf noch bleibt.) Taxationen
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Berlepſch, die Alpen. 27
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Berlepsch, Hermann Alexander: Die Alpen in Natur- und Lebensbildern. Leipzig, 1871, S. 417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berlepsch_alpen_1861/465>, abgerufen am 21.11.2024.
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