Berlin, Rudolf: Eine besondere Art der Wortblindheit (Dyslexie). Wiesbaden, 1887.oben beschriebenen eigenthümlichen Weise zurück, als Die weitere Untersuchung der Augen ergab mit Con- In Anbetracht dieses negativen Befundes verlor die Hinsichtlich der anatomischen Natur, so characterisirte oben beschriebenen eigenthümlichen Weise zurück, als Die weitere Untersuchung der Augen ergab mit Con- In Anbetracht dieses negativen Befundes verlor die Hinsichtlich der anatomischen Natur, so characterisirte <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0022" n="18"/> oben beschriebenen eigenthümlichen Weise zurück, als<lb/> wenn sie sich von demselben befreien wollte; wenn ich<lb/> es ihr nach wenigen Augenblicken wiedergab, las sie<lb/> wiederum 3 bis 4 Worte, aber nicht mehr. Mit Convex<lb/> 1,5 D erkannte sie Jäger No. 1, aber eine Verbesserung<lb/> der Ausdauer im Lesen wurde durch die Gläser nicht<lb/> erzielt; der Modus der Leistung blieb immer derselbe.</p><lb/> <p>Die weitere Untersuchung der Augen ergab mit Con-<lb/> cav 2 D jederseits Sehschärfe <formula notation="TeX">\frac {15} {30}</formula>. Die Ursache dieser<lb/> Herabsetzung war ein myopischer Astigmatismus, auf des-<lb/> sen genaue Specifizirung ich wegen der schnell eintreten-<lb/> den Ermüdung verzichten musste. Ich durfte dies um<lb/> so eher thun, als Patientin mit Bestimmtheit eine Ab-<lb/> nahme ihrer Sehkraft für die Ferne in Abrede stellte.<lb/> Etwelche Anomalien der Gesichtsfelder waren nicht vor-<lb/> handen. Die Farbenperception, mit den <hi rendition="#g">Pflüger’s</hi>chen<lb/> Tafeln geprüft, erwies sich als tadellos. Keine patholo-<lb/> gische Beschränkung der Accommodationsbreite, keine<lb/> Insufficienz und überhaupt keine Beweglichkeitsstörung<lb/> der Augen. Der Augenspiegel ergab keinerlei patholo-<lb/> gische Veränderung der Retina oder der Sehnerven.</p><lb/> <p>In Anbetracht dieses negativen Befundes verlor die<lb/> Deutung der Symptome als urämische oder überhaupt<lb/> von Nierenerkrankung abhängige wesentlich an Boden.<lb/> Ich glaubte mich vielmehr auf Grund der früheren Er-<lb/> fahrungen bei „Dyslexie“ mit Bestimmtheit dahin aus-<lb/> sprechen zu dürfen, dass wir eine materielle Erkrankung<lb/> des Gehirns annehmen müssten. Hierfür sprach auch das<lb/> Schwindelgefühl und ausserdem zwei weitere Ercheinungen,<lb/> welche die Kranke darbot, nämlich ein häufiges, mit<lb/> wechselnder Lebhaftigkeit auftretendes Zucken der <hi rendition="#g">rech-<lb/> ten</hi> Gesichtshälfte, sowie ein Ringgefühl am <hi rendition="#g">rechten</hi><lb/> kleinen Finger.</p><lb/> <p>Hinsichtlich der anatomischen Natur, so characterisirte<lb/> die Plötzlichkeit, mit welcher die Krankheit auftrat, die-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [18/0022]
oben beschriebenen eigenthümlichen Weise zurück, als
wenn sie sich von demselben befreien wollte; wenn ich
es ihr nach wenigen Augenblicken wiedergab, las sie
wiederum 3 bis 4 Worte, aber nicht mehr. Mit Convex
1,5 D erkannte sie Jäger No. 1, aber eine Verbesserung
der Ausdauer im Lesen wurde durch die Gläser nicht
erzielt; der Modus der Leistung blieb immer derselbe.
Die weitere Untersuchung der Augen ergab mit Con-
cav 2 D jederseits Sehschärfe [FORMEL]. Die Ursache dieser
Herabsetzung war ein myopischer Astigmatismus, auf des-
sen genaue Specifizirung ich wegen der schnell eintreten-
den Ermüdung verzichten musste. Ich durfte dies um
so eher thun, als Patientin mit Bestimmtheit eine Ab-
nahme ihrer Sehkraft für die Ferne in Abrede stellte.
Etwelche Anomalien der Gesichtsfelder waren nicht vor-
handen. Die Farbenperception, mit den Pflüger’schen
Tafeln geprüft, erwies sich als tadellos. Keine patholo-
gische Beschränkung der Accommodationsbreite, keine
Insufficienz und überhaupt keine Beweglichkeitsstörung
der Augen. Der Augenspiegel ergab keinerlei patholo-
gische Veränderung der Retina oder der Sehnerven.
In Anbetracht dieses negativen Befundes verlor die
Deutung der Symptome als urämische oder überhaupt
von Nierenerkrankung abhängige wesentlich an Boden.
Ich glaubte mich vielmehr auf Grund der früheren Er-
fahrungen bei „Dyslexie“ mit Bestimmtheit dahin aus-
sprechen zu dürfen, dass wir eine materielle Erkrankung
des Gehirns annehmen müssten. Hierfür sprach auch das
Schwindelgefühl und ausserdem zwei weitere Ercheinungen,
welche die Kranke darbot, nämlich ein häufiges, mit
wechselnder Lebhaftigkeit auftretendes Zucken der rech-
ten Gesichtshälfte, sowie ein Ringgefühl am rechten
kleinen Finger.
Hinsichtlich der anatomischen Natur, so characterisirte
die Plötzlichkeit, mit welcher die Krankheit auftrat, die-
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