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Berlin, Rudolf: Eine besondere Art der Wortblindheit (Dyslexie). Wiesbaden, 1887.

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so gut wie erblindet -- so hatte er doch bis dahin nie-
mals irgend einen Mangel in der Leistungsfähigkeit seiner
Sehkraft weder für die Ferne noch für die Nähe empfun-
den. Inzwischen consultirte der damals auf der Reise
befindliche Patient mehrere auswärtige Aerzte, deren
Namen er leider nicht mehr anzugeben wusste, und erst
am 21. Juni hatte ich Gelegenheit, ihn zu untersuchen.
Der Grund, weshalb er meinen Rath einholte, war aber
jene Lesestörung, welche er erstmals vor 3 Monaten
bemerkt hatte. Ich constatirte rechterseits eine fast
totale Hornhauttrübung, als Residuum einer sclerosirenden
Episcleritis; das Sehvermögen war auf Fingerzählen in
unmittelbarer Nähe beschränkt. Links zeigte sich eine
geringgradige, subconjunctivale Injection, welche übrigens
sowohl dem Patienten als seiner Umgebung entgangen
war; sonst konnte an dem Auge weder bei äusserer Be-
trachtung noch mit dem Augenspiegel etwas Pathologisches
wahrgenommen werden. Indessen, wenn er versuchte zu
lesen, so brachte er von mittlerem Druck 3 bis 4, von
Jäger No. 3 sogar 5 Worte heraus; darnach trat jene
characteristische Unfähigkeit, weiter zu lesen ein, welche
wir in den vorhergehenden Krankheitsgeschichten als
"Dyslexie" beschrieben haben. Die Sehschärfe betrug
, der Bau des Auges war emmetropisch, die Accom-
modationsbreite seinen Jahren entsprechend. Er entzifferte
Jäger No. 1 ebenso gut wie die grossen Drucke, keine
Anomalien des Gesichtsfeldes. Das einzig Pathologische
in der Sehfunction war eine vollkommene Rothgrünblind-
heit mit gleichzeitiger Herabsetzung der Perception für
Gelb und Blau. Früher will Patient die Farbe gut er-
kannt haben(?).

Aus den anamnestischen Angaben ging hervor, dass
er vor ca. 4 Jahren inficirt worden war, ohne jedoch, so
viel er weiss, je an secundären Erscheinungen gelitten
zu haben, vor 13 Jahren enstand eine Entzündung des

so gut wie erblindet — so hatte er doch bis dahin nie-
mals irgend einen Mangel in der Leistungsfähigkeit seiner
Sehkraft weder für die Ferne noch für die Nähe empfun-
den. Inzwischen consultirte der damals auf der Reise
befindliche Patient mehrere auswärtige Aerzte, deren
Namen er leider nicht mehr anzugeben wusste, und erst
am 21. Juni hatte ich Gelegenheit, ihn zu untersuchen.
Der Grund, weshalb er meinen Rath einholte, war aber
jene Lesestörung, welche er erstmals vor 3 Monaten
bemerkt hatte. Ich constatirte rechterseits eine fast
totale Hornhauttrübung, als Residuum einer sclerosirenden
Episcleritis; das Sehvermögen war auf Fingerzählen in
unmittelbarer Nähe beschränkt. Links zeigte sich eine
geringgradige, subconjunctivale Injection, welche übrigens
sowohl dem Patienten als seiner Umgebung entgangen
war; sonst konnte an dem Auge weder bei äusserer Be-
trachtung noch mit dem Augenspiegel etwas Pathologisches
wahrgenommen werden. Indessen, wenn er versuchte zu
lesen, so brachte er von mittlerem Druck 3 bis 4, von
Jäger No. 3 sogar 5 Worte heraus; darnach trat jene
characteristische Unfähigkeit, weiter zu lesen ein, welche
wir in den vorhergehenden Krankheitsgeschichten als
„Dyslexie“ beschrieben haben. Die Sehschärfe betrug
, der Bau des Auges war emmetropisch, die Accom-
modationsbreite seinen Jahren entsprechend. Er entzifferte
Jäger No. 1 ebenso gut wie die grossen Drucke, keine
Anomalien des Gesichtsfeldes. Das einzig Pathologische
in der Sehfunction war eine vollkommene Rothgrünblind-
heit mit gleichzeitiger Herabsetzung der Perception für
Gelb und Blau. Früher will Patient die Farbe gut er-
kannt haben(?).

Aus den anamnestischen Angaben ging hervor, dass
er vor ca. 4 Jahren inficirt worden war, ohne jedoch, so
viel er weiss, je an secundären Erscheinungen gelitten
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[22/0026] so gut wie erblindet — so hatte er doch bis dahin nie- mals irgend einen Mangel in der Leistungsfähigkeit seiner Sehkraft weder für die Ferne noch für die Nähe empfun- den. Inzwischen consultirte der damals auf der Reise befindliche Patient mehrere auswärtige Aerzte, deren Namen er leider nicht mehr anzugeben wusste, und erst am 21. Juni hatte ich Gelegenheit, ihn zu untersuchen. Der Grund, weshalb er meinen Rath einholte, war aber jene Lesestörung, welche er erstmals vor 3 Monaten bemerkt hatte. Ich constatirte rechterseits eine fast totale Hornhauttrübung, als Residuum einer sclerosirenden Episcleritis; das Sehvermögen war auf Fingerzählen in unmittelbarer Nähe beschränkt. Links zeigte sich eine geringgradige, subconjunctivale Injection, welche übrigens sowohl dem Patienten als seiner Umgebung entgangen war; sonst konnte an dem Auge weder bei äusserer Be- trachtung noch mit dem Augenspiegel etwas Pathologisches wahrgenommen werden. Indessen, wenn er versuchte zu lesen, so brachte er von mittlerem Druck 3 bis 4, von Jäger No. 3 sogar 5 Worte heraus; darnach trat jene characteristische Unfähigkeit, weiter zu lesen ein, welche wir in den vorhergehenden Krankheitsgeschichten als „Dyslexie“ beschrieben haben. Die Sehschärfe betrug [FORMEL], der Bau des Auges war emmetropisch, die Accom- modationsbreite seinen Jahren entsprechend. Er entzifferte Jäger No. 1 ebenso gut wie die grossen Drucke, keine Anomalien des Gesichtsfeldes. Das einzig Pathologische in der Sehfunction war eine vollkommene Rothgrünblind- heit mit gleichzeitiger Herabsetzung der Perception für Gelb und Blau. Früher will Patient die Farbe gut er- kannt haben(?). Aus den anamnestischen Angaben ging hervor, dass er vor ca. 4 Jahren inficirt worden war, ohne jedoch, so viel er weiss, je an secundären Erscheinungen gelitten zu haben, vor 13 Jahren enstand eine Entzündung des

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Zitationshilfe: Berlin, Rudolf: Eine besondere Art der Wortblindheit (Dyslexie). Wiesbaden, 1887, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/berlin_wortblindheit_1887/26>, abgerufen am 27.11.2024.