und vermischen; so gewinnt es so gar das An- sehen, als ob diejenigen, welche bey dergleichen Begebenheiten am geschicktesten wären, die Wahr- heit, oder die Lügen an Tag zu bringen, mit Fleiß wolten, daß die Leute von solchen Dingen keine rechte Nachricht, noch Erkänntniß bekom- men sollen, und als ob es eine Staats-Maxime sey, den Pöbel, und auch wol höhere Leute im Aberglauben stecken zu laßen, und zu erhalten, damit sie desto besser im Zaume des Gehorsames könten erhalten werden; wodurch aber die Un- gläubigen leicht in ihrer Atheisterey, und thörich- ten Meynungen gestärcket werden, als ob die Religion überhaupt ein purer Aberglaube, und ein Inventum und Gedichte der Regenten sey, den Leuten, als solchen Roß und Mäulern, ei- nen Zaum und Gebiß ins Maul zu legen, wenn sie sich nicht mit Gutem wollen regieren laßen. Jch sage eben nicht, daß die, so Herrscher und Regierer des Volcks, und Häupter einer Re- public sind, im Gewissen verbunden wären, sol- ches zu thun; sondern nur, daß es vor die ge- lehrte, und geistliche Welt eine nützliche Sache seyn würde, und daß der Religion dadurch ein guter Dienst geschehen würde, von welcher die Republic doch in Wahrheit mehr Vortheile, als vom Aberglauben, und von lauter Reli- gions-Ungewißheiten hat, die warlich keine gute
Cives
und in Betrachtung
und vermiſchen; ſo gewinnt es ſo gar das An- ſehen, als ob diejenigen, welche bey dergleichen Begebenheiten am geſchickteſten waͤren, die Wahr- heit, oder die Luͤgen an Tag zu bringen, mit Fleiß wolten, daß die Leute von ſolchen Dingen keine rechte Nachricht, noch Erkaͤnntniß bekom- men ſollen, und als ob es eine Staats-Maxime ſey, den Poͤbel, und auch wol hoͤhere Leute im Aberglauben ſtecken zu laßen, und zu erhalten, damit ſie deſto beſſer im Zaume des Gehorſames koͤnten erhalten werden; wodurch aber die Un- glaͤubigen leicht in ihrer Atheiſterey, und thoͤrich- ten Meynungen geſtaͤrcket werden, als ob die Religion uͤberhaupt ein purer Aberglaube, und ein Inventum und Gedichte der Regenten ſey, den Leuten, als ſolchen Roß und Maͤulern, ei- nen Zaum und Gebiß ins Maul zu legen, wenn ſie ſich nicht mit Gutem wollen regieren laßen. Jch ſage eben nicht, daß die, ſo Herrſcher und Regierer des Volcks, und Haͤupter einer Re- public ſind, im Gewiſſen verbunden waͤren, ſol- ches zu thun; ſondern nur, daß es vor die ge- lehrte, und geiſtliche Welt eine nuͤtzliche Sache ſeyn wuͤrde, und daß der Religion dadurch ein guter Dienſt geſchehen wuͤrde, von welcher die Republic doch in Wahrheit mehr Vortheile, als vom Aberglauben, und von lauter Reli- gions-Ungewißheiten hat, die warlich keine gute
Cives
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[56/0102]
und in Betrachtung
und vermiſchen; ſo gewinnt es ſo gar das An-
ſehen, als ob diejenigen, welche bey dergleichen
Begebenheiten am geſchickteſten waͤren, die Wahr-
heit, oder die Luͤgen an Tag zu bringen, mit
Fleiß wolten, daß die Leute von ſolchen Dingen
keine rechte Nachricht, noch Erkaͤnntniß bekom-
men ſollen, und als ob es eine Staats-Maxime
ſey, den Poͤbel, und auch wol hoͤhere Leute im
Aberglauben ſtecken zu laßen, und zu erhalten,
damit ſie deſto beſſer im Zaume des Gehorſames
koͤnten erhalten werden; wodurch aber die Un-
glaͤubigen leicht in ihrer Atheiſterey, und thoͤrich-
ten Meynungen geſtaͤrcket werden, als ob die
Religion uͤberhaupt ein purer Aberglaube, und
ein Inventum und Gedichte der Regenten ſey,
den Leuten, als ſolchen Roß und Maͤulern, ei-
nen Zaum und Gebiß ins Maul zu legen, wenn
ſie ſich nicht mit Gutem wollen regieren laßen.
Jch ſage eben nicht, daß die, ſo Herrſcher und
Regierer des Volcks, und Haͤupter einer Re-
public ſind, im Gewiſſen verbunden waͤren, ſol-
ches zu thun; ſondern nur, daß es vor die ge-
lehrte, und geiſtliche Welt eine nuͤtzliche Sache
ſeyn wuͤrde, und daß der Religion dadurch ein
guter Dienſt geſchehen wuͤrde, von welcher die
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als vom Aberglauben, und von lauter Reli-
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/102>, abgerufen am 22.11.2024.
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