ich ein halbes Jahr länger, und bis auf Ostern in secundo Ordine bleiben muste, welches vor meinem Hochmuth eine bittere Artzney war. Wie aber eines des andern Ursache gewesen, mag ich, weil es etwas geringes, nicht erst er- zehlen; doch war es nicht bloß der Hochmuth, sondern auch zugleich eine gute redliche Begierde in primum Ordinem gesetzet zu werden. Jch hatte einen Comilitonem bey mir schon bey drey Jahren her gehabt, der mir mehr zum Bösen als zum Guten Gelegenheit gab, und dessen ich gerne los gewesen wäre. Jch hatte zweymahl die gröste Hoffnung, von ihm wegzukommen: einmahl, da es drauf stund, daß ich aus Tertio in Secundum, und ietzt, da ich aus Secundo in Primum Ordinem solte transferiret werden. Beydemahl wuste ich, daß dieser Commilito we- gen Alter, und schlechter Profectuum noch wür- de sitzen bleiben. Jch freuete mich schon dar- auf, ich bat GOTT darum inbrünstig, ich danckte GOTT schon zum voraus, weil ich glaubte, daß es gantz gewiß geschehen würde; und doch muste es beyde mahl sich so wunder- lich schicken, daß es zu meinem großen Scha- den nicht geschahe. GOtt! welche eine große Sache ist es, in der Jugend so inbrünstig be- ten, daß uns GOtt von böser Gesellschafft er- lösen wolle, und welche eine betrübte Sache, ja
welche
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Umbgang ſich gezogen:
ich ein halbes Jahr laͤnger, und bis auf Oſtern in ſecundo Ordine bleiben muſte, welches vor meinem Hochmuth eine bittere Artzney war. Wie aber eines des andern Urſache geweſen, mag ich, weil es etwas geringes, nicht erſt er- zehlen; doch war es nicht bloß der Hochmuth, ſondern auch zugleich eine gute redliche Begierde in primum Ordinem geſetzet zu werden. Jch hatte einen Comilitonem bey mir ſchon bey drey Jahren her gehabt, der mir mehr zum Boͤſen als zum Guten Gelegenheit gab, und deſſen ich gerne los geweſen waͤre. Jch hatte zweymahl die groͤſte Hoffnung, von ihm wegzukommen: einmahl, da es drauf ſtund, daß ich aus Tertio in Secundum, und ietzt, da ich aus Secundo in Primum Ordinem ſolte transferiret werden. Beydemahl wuſte ich, daß dieſer Commilito we- gen Alter, und ſchlechter Profectuum noch wuͤr- de ſitzen bleiben. Jch freuete mich ſchon dar- auf, ich bat GOTT darum inbruͤnſtig, ich danckte GOTT ſchon zum voraus, weil ich glaubte, daß es gantz gewiß geſchehen wuͤrde; und doch muſte es beyde mahl ſich ſo wunder- lich ſchicken, daß es zu meinem großen Scha- den nicht geſchahe. GOtt! welche eine große Sache iſt es, in der Jugend ſo inbruͤnſtig be- ten, daß uns GOtt von boͤſer Geſellſchafft er- loͤſen wolle, und welche eine betruͤbte Sache, ja
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Umbgang ſich gezogen:
ich ein halbes Jahr laͤnger, und bis auf Oſtern
in ſecundo Ordine bleiben muſte, welches vor
meinem Hochmuth eine bittere Artzney war.
Wie aber eines des andern Urſache geweſen,
mag ich, weil es etwas geringes, nicht erſt er-
zehlen; doch war es nicht bloß der Hochmuth,
ſondern auch zugleich eine gute redliche Begierde
in primum Ordinem geſetzet zu werden. Jch
hatte einen Comilitonem bey mir ſchon bey drey
Jahren her gehabt, der mir mehr zum Boͤſen
als zum Guten Gelegenheit gab, und deſſen ich
gerne los geweſen waͤre. Jch hatte zweymahl
die groͤſte Hoffnung, von ihm wegzukommen:
einmahl, da es drauf ſtund, daß ich aus Tertio
in Secundum, und ietzt, da ich aus Secundo
in Primum Ordinem ſolte transferiret werden.
Beydemahl wuſte ich, daß dieſer Commilito we-
gen Alter, und ſchlechter Profectuum noch wuͤr-
de ſitzen bleiben. Jch freuete mich ſchon dar-
auf, ich bat GOTT darum inbruͤnſtig, ich
danckte GOTT ſchon zum voraus, weil ich
glaubte, daß es gantz gewiß geſchehen wuͤrde;
und doch muſte es beyde mahl ſich ſo wunder-
lich ſchicken, daß es zu meinem großen Scha-
den nicht geſchahe. GOtt! welche eine große
Sache iſt es, in der Jugend ſo inbruͤnſtig be-
ten, daß uns GOtt von boͤſer Geſellſchafft er-
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/129>, abgerufen am 24.11.2024.
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