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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

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und einer Wohlthäterin
Schrifften, und Joachims Biblia in Historiis
zu rechnen, oder welche das Leben gottseliger
und wiedergebohrner Christen beschrieben, wis-
sen allerhand merckwürdige Geschichte zu erzeh-
len von denen, die sich solches Capitel entweder
auf dem Sterbe-Bette vorlesen laßen, oder we-
gen dessen Vortrefflichkeit mit Danhauern ge-
wünscht, daß es auf einen gewissen Sonntag
unter andere Evangelia wäre verleget worden,
oder die sonst große Erquickungen darinnen ge-
funden.

Anno 1692.

Den dritten Weyhnachts-Feyertag hatte ich
keinen Tisch. Ob ich nun wohl zu meinen El-
tern in die Vorstadt hätte gehen können, oder
auch leicht im Hause etwas würde zu eßen be-
kommen haben; so gieng ich doch lieber, weil es
schön leidlich Wetter, zur Eß-Zeit um die Müh-
len spatzieren, fastete denselben Tag bis auf den
Abend, betete und sang, und suchte mich in mei-
nem guten Vorsatze zu befestigen. Allein die-
ser glückselige und ruhige Zustand, was meine
leibliche Glückseligkeit anbetraff, währte nicht
lange, sondern ward gegen Ostern, oder kurtz
nach Ostern durch den Tod dieser meiner großen
Wohlthäterin gar bald unterbrochen. Du
magst mich nun vor einen Träumer halten, oder

vor

und einer Wohlthaͤterin
Schrifften, und Joachims Biblia in Hiſtoriis
zu rechnen, oder welche das Leben gottſeliger
und wiedergebohrner Chriſten beſchrieben, wiſ-
ſen allerhand merckwuͤrdige Geſchichte zu erzeh-
len von denen, die ſich ſolches Capitel entweder
auf dem Sterbe-Bette vorleſen laßen, oder we-
gen deſſen Vortrefflichkeit mit Danhauern ge-
wuͤnſcht, daß es auf einen gewiſſen Sonntag
unter andere Evangelia waͤre verleget worden,
oder die ſonſt große Erquickungen darinnen ge-
funden.

Anno 1692.

Den dritten Weyhnachts-Feyertag hatte ich
keinen Tiſch. Ob ich nun wohl zu meinen El-
tern in die Vorſtadt haͤtte gehen koͤnnen, oder
auch leicht im Hauſe etwas wuͤrde zu eßen be-
kommen haben; ſo gieng ich doch lieber, weil es
ſchoͤn leidlich Wetter, zur Eß-Zeit um die Muͤh-
len ſpatzieren, faſtete denſelben Tag bis auf den
Abend, betete und ſang, und ſuchte mich in mei-
nem guten Vorſatze zu befeſtigen. Allein die-
ſer gluͤckſelige und ruhige Zuſtand, was meine
leibliche Gluͤckſeligkeit anbetraff, waͤhrte nicht
lange, ſondern ward gegen Oſtern, oder kurtz
nach Oſtern durch den Tod dieſer meiner großen
Wohlthaͤterin gar bald unterbrochen. Du
magſt mich nun vor einen Traͤumer halten, oder

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[88/0134] und einer Wohlthaͤterin Schrifften, und Joachims Biblia in Hiſtoriis zu rechnen, oder welche das Leben gottſeliger und wiedergebohrner Chriſten beſchrieben, wiſ- ſen allerhand merckwuͤrdige Geſchichte zu erzeh- len von denen, die ſich ſolches Capitel entweder auf dem Sterbe-Bette vorleſen laßen, oder we- gen deſſen Vortrefflichkeit mit Danhauern ge- wuͤnſcht, daß es auf einen gewiſſen Sonntag unter andere Evangelia waͤre verleget worden, oder die ſonſt große Erquickungen darinnen ge- funden. Anno 1692. Den dritten Weyhnachts-Feyertag hatte ich keinen Tiſch. Ob ich nun wohl zu meinen El- tern in die Vorſtadt haͤtte gehen koͤnnen, oder auch leicht im Hauſe etwas wuͤrde zu eßen be- kommen haben; ſo gieng ich doch lieber, weil es ſchoͤn leidlich Wetter, zur Eß-Zeit um die Muͤh- len ſpatzieren, faſtete denſelben Tag bis auf den Abend, betete und ſang, und ſuchte mich in mei- nem guten Vorſatze zu befeſtigen. Allein die- ſer gluͤckſelige und ruhige Zuſtand, was meine leibliche Gluͤckſeligkeit anbetraff, waͤhrte nicht lange, ſondern ward gegen Oſtern, oder kurtz nach Oſtern durch den Tod dieſer meiner großen Wohlthaͤterin gar bald unterbrochen. Du magſt mich nun vor einen Traͤumer halten, oder vor

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Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/134>, abgerufen am 24.11.2024.