Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

Bild:
<< vorherige Seite
Z. E. Zorn und Unversohnlichkeit,

Der Hochmuth, welcher der Grund des
meisten Zorns und Zancks unter den Menschen ist,
war um diese Zeit auch Ursache, daß ich mit
meinem Bruder, dem Kretschmar-Schencken,
zerfiel, und schier dieß gantze 1694. Jahr mit
ihm in Unversöhnlichkeit lebte. Er konte ohne
mich nicht wohl seyn; denn er hatte sein großes
Wohlgefallen an mir, und meinen Gaben; und
ich kunte noch viel weniger seiner entbehren, weil
ich viel Wohlthaten, und Geld zu Büchern und
Kleidern von ihm empfieng, und an ihm einen
rechten Vater hatte. Wir waren aber erst
mit Worten, und hernach auch durch Briefe
hart an einander gerathen, weil ich seine große
Schärffe und Strenge aus großer Einbildung
nicht vertragen kunte. Jch hielt Unversöhn-
lichkeit vor eine große Sünde, und es lag mir
immer auf dem Hertzen, daß ich in solcher Sünde
lebte. Jch bath GOtt, er möchte doch Mit-
tel und Wege zeigen, daß wir wieder mit einan-
der könten versöhnet werden. Es lag nur dar-
an, daß ich zu ihm käme, und ihm ein gut Wort
gäbe; ich war aber als ein Starr-Kopff lange
nicht dazu zu bringen, bis mein Wirth, der Flei-
scher, mich einst beredete, mit ihm in dasjenige
Haus zu Biere zu gehen, wo mein Bruder
Schencke, oder der oberste Dienst-Bote war, da er
mich denn gar freundlich empfieng, und wir
also mit einander gute Freunde worden.

So
Z. E. Zorn und Unverſohnlichkeit,

Der Hochmuth, welcher der Grund des
meiſten Zorns und Zancks unter den Menſchen iſt,
war um dieſe Zeit auch Urſache, daß ich mit
meinem Bruder, dem Kretſchmar-Schencken,
zerfiel, und ſchier dieß gantze 1694. Jahr mit
ihm in Unverſoͤhnlichkeit lebte. Er konte ohne
mich nicht wohl ſeyn; denn er hatte ſein großes
Wohlgefallen an mir, und meinen Gaben; und
ich kunte noch viel weniger ſeiner entbehren, weil
ich viel Wohlthaten, und Geld zu Buͤchern und
Kleidern von ihm empfieng, und an ihm einen
rechten Vater hatte. Wir waren aber erſt
mit Worten, und hernach auch durch Briefe
hart an einander gerathen, weil ich ſeine große
Schaͤrffe und Strenge aus großer Einbildung
nicht vertragen kunte. Jch hielt Unverſoͤhn-
lichkeit vor eine große Suͤnde, und es lag mir
immer auf dem Hertzen, daß ich in ſolcher Suͤnde
lebte. Jch bath GOtt, er moͤchte doch Mit-
tel und Wege zeigen, daß wir wieder mit einan-
der koͤnten verſoͤhnet werden. Es lag nur dar-
an, daß ich zu ihm kaͤme, und ihm ein gut Wort
gaͤbe; ich war aber als ein Starr-Kopff lange
nicht dazu zu bringen, bis mein Wirth, der Flei-
ſcher, mich einſt beredete, mit ihm in dasjenige
Haus zu Biere zu gehen, wo mein Bruder
Schencke, oder der oberſte Dienſt-Bote war, da er
mich denn gar freundlich empfieng, und wir
alſo mit einander gute Freunde worden.

So
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0150" n="104"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Z. E. Zorn und Unver&#x017F;ohnlichkeit,</hi> </fw><lb/>
        <p>Der Hochmuth, welcher der Grund des<lb/>
mei&#x017F;ten Zorns und Zancks unter den Men&#x017F;chen i&#x017F;t,<lb/>
war um die&#x017F;e Zeit auch Ur&#x017F;ache, daß ich mit<lb/>
meinem Bruder, dem Kret&#x017F;chmar-Schencken,<lb/>
zerfiel, und &#x017F;chier dieß gantze 1694. Jahr mit<lb/>
ihm in Unver&#x017F;o&#x0364;hnlichkeit lebte. Er konte ohne<lb/>
mich nicht wohl &#x017F;eyn; denn er hatte &#x017F;ein großes<lb/>
Wohlgefallen an mir, und meinen Gaben; und<lb/>
ich kunte noch viel weniger &#x017F;einer entbehren, weil<lb/>
ich viel Wohlthaten, und Geld zu Bu&#x0364;chern und<lb/>
Kleidern von ihm empfieng, und an ihm einen<lb/>
rechten Vater hatte. Wir waren aber er&#x017F;t<lb/>
mit Worten, und hernach auch durch Briefe<lb/>
hart an einander gerathen, weil ich &#x017F;eine große<lb/>
Scha&#x0364;rffe und Strenge aus großer Einbildung<lb/>
nicht vertragen kunte. Jch hielt Unver&#x017F;o&#x0364;hn-<lb/>
lichkeit vor eine große Su&#x0364;nde, und es lag mir<lb/>
immer auf dem Hertzen, daß ich in &#x017F;olcher Su&#x0364;nde<lb/>
lebte. Jch bath GOtt, er mo&#x0364;chte doch Mit-<lb/>
tel und Wege zeigen, daß wir wieder mit einan-<lb/>
der ko&#x0364;nten ver&#x017F;o&#x0364;hnet werden. Es lag nur dar-<lb/>
an, daß ich zu ihm ka&#x0364;me, und ihm ein gut Wort<lb/>
ga&#x0364;be; ich war aber als ein Starr-Kopff lange<lb/>
nicht dazu zu bringen, bis mein Wirth, der Flei-<lb/>
&#x017F;cher, mich ein&#x017F;t beredete, mit ihm in dasjenige<lb/>
Haus zu Biere zu gehen, wo mein Bruder<lb/>
Schencke, oder der ober&#x017F;te Dien&#x017F;t-Bote war, da er<lb/>
mich denn gar freundlich empfieng, und wir<lb/>
al&#x017F;o mit einander gute Freunde worden.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">So</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[104/0150] Z. E. Zorn und Unverſohnlichkeit, Der Hochmuth, welcher der Grund des meiſten Zorns und Zancks unter den Menſchen iſt, war um dieſe Zeit auch Urſache, daß ich mit meinem Bruder, dem Kretſchmar-Schencken, zerfiel, und ſchier dieß gantze 1694. Jahr mit ihm in Unverſoͤhnlichkeit lebte. Er konte ohne mich nicht wohl ſeyn; denn er hatte ſein großes Wohlgefallen an mir, und meinen Gaben; und ich kunte noch viel weniger ſeiner entbehren, weil ich viel Wohlthaten, und Geld zu Buͤchern und Kleidern von ihm empfieng, und an ihm einen rechten Vater hatte. Wir waren aber erſt mit Worten, und hernach auch durch Briefe hart an einander gerathen, weil ich ſeine große Schaͤrffe und Strenge aus großer Einbildung nicht vertragen kunte. Jch hielt Unverſoͤhn- lichkeit vor eine große Suͤnde, und es lag mir immer auf dem Hertzen, daß ich in ſolcher Suͤnde lebte. Jch bath GOtt, er moͤchte doch Mit- tel und Wege zeigen, daß wir wieder mit einan- der koͤnten verſoͤhnet werden. Es lag nur dar- an, daß ich zu ihm kaͤme, und ihm ein gut Wort gaͤbe; ich war aber als ein Starr-Kopff lange nicht dazu zu bringen, bis mein Wirth, der Flei- ſcher, mich einſt beredete, mit ihm in dasjenige Haus zu Biere zu gehen, wo mein Bruder Schencke, oder der oberſte Dienſt-Bote war, da er mich denn gar freundlich empfieng, und wir alſo mit einander gute Freunde worden. So

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/150
Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/150>, abgerufen am 21.11.2024.