Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

Bild:
<< vorherige Seite

hält auch ein Disputatorium
wenn sie gehalten wurden, hörte ich meistens bis
zu Ende zu; ja da ich mit etlichen Studiosis
bekannt wurde, die bey eben dem Gastwirthe
des Abends speiseten, wo ich speisete, und gleiche
Liebhaber der öffentlichen Disputationen waren,
so schrieb ich öffters die Argumenta nach, welche
gemacht worden, dergleichen sie auch thaten, und
des Abends raisonnirten wir denn darüber bey dem
essen, und bey einer Pfeiffe Tabac, welch Abend-
Essen mir lieber, als alle Compagnien des Ta-
ges waren, so daß ich derselben gerne vergessen,
und sie entbehren kunte. Weil mir dieses im
Studiren überaus viel genutzet, so habe ich solche
Weise stets den Studiosis recommendiret, wenn
sie mich um Rath gefraget, wie sie ihr Studiren
einrichten solten.

Anno 1699.
§. 40.

Bey dem allem so lag mir doch immer auf
dem Hertzen, daß ich noch keine Philosophie
hörte. Die Aristotelische Philosophie herrschte
damahls noch, dieselbe aber hatte ich auf der
Schule großen Theils gelernet. Nach der Phy-
sic
insonderheit fragte ich nicht viel, wäre sie
auch auf die neueste, und beste Weise vorgetragen
worden; denn Herr Krantz, der allein in der
Physic ein Eclecticus war, hatte in 6. Jahren

auf
L

haͤlt auch ein Diſputatorium
wenn ſie gehalten wurden, hoͤrte ich meiſtens bis
zu Ende zu; ja da ich mit etlichen Studioſis
bekannt wurde, die bey eben dem Gaſtwirthe
des Abends ſpeiſeten, wo ich ſpeiſete, und gleiche
Liebhaber der oͤffentlichen Diſputationen waren,
ſo ſchrieb ich oͤffters die Argumenta nach, welche
gemacht worden, dergleichen ſie auch thaten, und
des Abends raiſonnirten wir denn daruͤber bey dem
eſſen, und bey einer Pfeiffe Tabac, welch Abend-
Eſſen mir lieber, als alle Compagnien des Ta-
ges waren, ſo daß ich derſelben gerne vergeſſen,
und ſie entbehren kunte. Weil mir dieſes im
Studiren uͤberaus viel genutzet, ſo habe ich ſolche
Weiſe ſtets den Studioſis recommendiret, wenn
ſie mich um Rath gefraget, wie ſie ihr Studiren
einrichten ſolten.

Anno 1699.
§. 40.

Bey dem allem ſo lag mir doch immer auf
dem Hertzen, daß ich noch keine Philoſophie
hoͤrte. Die Ariſtoteliſche Philoſophie herrſchte
damahls noch, dieſelbe aber hatte ich auf der
Schule großen Theils gelernet. Nach der Phy-
ſic
inſonderheit fragte ich nicht viel, waͤre ſie
auch auf die neueſte, und beſte Weiſe vorgetragen
worden; denn Herr Krantz, der allein in der
Phyſic ein Eclecticus war, hatte in 6. Jahren

auf
L
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0207" n="161"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">ha&#x0364;lt auch ein</hi><hi rendition="#aq">Di&#x017F;putatorium</hi></fw><lb/>
wenn &#x017F;ie gehalten wurden, ho&#x0364;rte ich mei&#x017F;tens bis<lb/>
zu Ende zu; ja da ich mit etlichen <hi rendition="#aq">Studio&#x017F;is</hi><lb/>
bekannt wurde, die bey eben dem Ga&#x017F;twirthe<lb/>
des Abends &#x017F;pei&#x017F;eten, wo ich &#x017F;pei&#x017F;ete, und gleiche<lb/>
Liebhaber der o&#x0364;ffentlichen <hi rendition="#aq">Di&#x017F;putation</hi>en waren,<lb/>
&#x017F;o &#x017F;chrieb ich o&#x0364;ffters die <hi rendition="#aq">Argumenta</hi> nach, welche<lb/>
gemacht worden, dergleichen &#x017F;ie auch thaten, und<lb/>
des Abends <hi rendition="#aq">rai&#x017F;onni</hi>rten wir denn daru&#x0364;ber bey dem<lb/>
e&#x017F;&#x017F;en, und bey einer Pfeiffe Tabac, welch Abend-<lb/>
E&#x017F;&#x017F;en mir lieber, als alle <hi rendition="#aq">Compagni</hi>en des Ta-<lb/>
ges waren, &#x017F;o daß ich der&#x017F;elben gerne verge&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
und &#x017F;ie entbehren kunte. Weil mir die&#x017F;es im<lb/><hi rendition="#aq">Studi</hi>ren u&#x0364;beraus viel genutzet, &#x017F;o habe ich &#x017F;olche<lb/>
Wei&#x017F;e &#x017F;tets den <hi rendition="#aq">Studio&#x017F;is recommendi</hi>ret, wenn<lb/>
&#x017F;ie mich um Rath gefraget, wie &#x017F;ie ihr <hi rendition="#aq">Studi</hi>ren<lb/>
einrichten &#x017F;olten.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Anno</hi></hi> 1699.<lb/>
§. 40.</head><lb/>
        <p>Bey dem allem &#x017F;o lag mir doch immer auf<lb/>
dem Hertzen, daß ich noch keine <hi rendition="#aq">Philo&#x017F;ophie</hi><lb/>
ho&#x0364;rte. Die <hi rendition="#aq">Ari&#x017F;toteli</hi>&#x017F;che <hi rendition="#aq">Philo&#x017F;ophie</hi> herr&#x017F;chte<lb/>
damahls noch, die&#x017F;elbe aber hatte ich auf der<lb/>
Schule großen Theils gelernet. Nach der <hi rendition="#aq">Phy-<lb/>
&#x017F;ic</hi> in&#x017F;onderheit fragte ich nicht viel, wa&#x0364;re &#x017F;ie<lb/>
auch auf die neue&#x017F;te, und be&#x017F;te Wei&#x017F;e vorgetragen<lb/>
worden; denn Herr Krantz, der allein in der<lb/><hi rendition="#aq">Phy&#x017F;ic</hi> ein <hi rendition="#aq">Eclecticus</hi> war, hatte in 6. Jahren<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">L</fw><fw place="bottom" type="catch">auf</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[161/0207] haͤlt auch ein Diſputatorium wenn ſie gehalten wurden, hoͤrte ich meiſtens bis zu Ende zu; ja da ich mit etlichen Studioſis bekannt wurde, die bey eben dem Gaſtwirthe des Abends ſpeiſeten, wo ich ſpeiſete, und gleiche Liebhaber der oͤffentlichen Diſputationen waren, ſo ſchrieb ich oͤffters die Argumenta nach, welche gemacht worden, dergleichen ſie auch thaten, und des Abends raiſonnirten wir denn daruͤber bey dem eſſen, und bey einer Pfeiffe Tabac, welch Abend- Eſſen mir lieber, als alle Compagnien des Ta- ges waren, ſo daß ich derſelben gerne vergeſſen, und ſie entbehren kunte. Weil mir dieſes im Studiren uͤberaus viel genutzet, ſo habe ich ſolche Weiſe ſtets den Studioſis recommendiret, wenn ſie mich um Rath gefraget, wie ſie ihr Studiren einrichten ſolten. Anno 1699. §. 40. Bey dem allem ſo lag mir doch immer auf dem Hertzen, daß ich noch keine Philoſophie hoͤrte. Die Ariſtoteliſche Philoſophie herrſchte damahls noch, dieſelbe aber hatte ich auf der Schule großen Theils gelernet. Nach der Phy- ſic inſonderheit fragte ich nicht viel, waͤre ſie auch auf die neueſte, und beſte Weiſe vorgetragen worden; denn Herr Krantz, der allein in der Phyſic ein Eclecticus war, hatte in 6. Jahren auf L

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/207
Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/207>, abgerufen am 24.11.2024.