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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

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wenn er sich nicht vorgesehen:
feste schlieffe, so fürchtete ich, daß er mir nicht
etwan mit einem Messer einen Stich versetzte.
Aber nein. Er gieng in die Stube. Da
war nun keine Zeit zu verweilen. Jch that
beyde Augen auf, und sahe, so viel als ich sehen
kunte, was er da machen wolte. Er gieng
überall herum, suchte in allen Winckeln, hinter
dem Ofen, hinter dem Tische. Jch kunte
leicht mercken, was er suchte, und dachte: Hier
ist nicht Zeit lange zu warten, und zuzusehen;
Sprang also aus dem Bette heraus, und fuhr
ihn mit der grösten Furie an: Kerl was suchst
du, sprach ich, ich glaube der Teufel reitet dich,
daß du den Degen suchst, und willst mich um-
bringen. So wenig Hertz ich sonst in der Ju-
gend gehabt, wenn ich mich mit iemanden schmeis-
sen, oder an iemanden die Hand legen sollen,
so fehlte es mir ietzt weder an Leibes-noch an Ge-
müths-Stärcke. Jch schlug ihn mit der ge-
ballten Faust in die Augen, und wohin ich kom-
men kunte, und stieß ihn endlich im Grimm zur
Cammer hinein, daß ich nicht anders meynte, er
würde den Hals brechen. Jch brachte die
Nacht ohne Schlaf zu, des Morgens aber muste
er von Stund an aus dem Hause, und von mei-
ner Stube, und drohete ihm, daß ich wider ihn
bey dem Concilio denunciren wolte, wo er nicht
gienge. Er hat mir nach der Zeit selbst ge-

standen,

wenn er ſich nicht vorgeſehen:
feſte ſchlieffe, ſo fuͤrchtete ich, daß er mir nicht
etwan mit einem Meſſer einen Stich verſetzte.
Aber nein. Er gieng in die Stube. Da
war nun keine Zeit zu verweilen. Jch that
beyde Augen auf, und ſahe, ſo viel als ich ſehen
kunte, was er da machen wolte. Er gieng
uͤberall herum, ſuchte in allen Winckeln, hinter
dem Ofen, hinter dem Tiſche. Jch kunte
leicht mercken, was er ſuchte, und dachte: Hier
iſt nicht Zeit lange zu warten, und zuzuſehen;
Sprang alſo aus dem Bette heraus, und fuhr
ihn mit der groͤſten Furie an: Kerl was ſuchſt
du, ſprach ich, ich glaube der Teufel reitet dich,
daß du den Degen ſuchſt, und willſt mich um-
bringen. So wenig Hertz ich ſonſt in der Ju-
gend gehabt, wenn ich mich mit iemanden ſchmeiſ-
ſen, oder an iemanden die Hand legen ſollen,
ſo fehlte es mir ietzt weder an Leibes-noch an Ge-
muͤths-Staͤrcke. Jch ſchlug ihn mit der ge-
ballten Fauſt in die Augen, und wohin ich kom-
men kunte, und ſtieß ihn endlich im Grimm zur
Cammer hinein, daß ich nicht anders meynte, er
wuͤrde den Hals brechen. Jch brachte die
Nacht ohne Schlaf zu, des Morgens aber muſte
er von Stund an aus dem Hauſe, und von mei-
ner Stube, und drohete ihm, daß ich wider ihn
bey dem Concilio denunciren wolte, wo er nicht
gienge. Er hat mir nach der Zeit ſelbſt ge-

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[189/0235] wenn er ſich nicht vorgeſehen: feſte ſchlieffe, ſo fuͤrchtete ich, daß er mir nicht etwan mit einem Meſſer einen Stich verſetzte. Aber nein. Er gieng in die Stube. Da war nun keine Zeit zu verweilen. Jch that beyde Augen auf, und ſahe, ſo viel als ich ſehen kunte, was er da machen wolte. Er gieng uͤberall herum, ſuchte in allen Winckeln, hinter dem Ofen, hinter dem Tiſche. Jch kunte leicht mercken, was er ſuchte, und dachte: Hier iſt nicht Zeit lange zu warten, und zuzuſehen; Sprang alſo aus dem Bette heraus, und fuhr ihn mit der groͤſten Furie an: Kerl was ſuchſt du, ſprach ich, ich glaube der Teufel reitet dich, daß du den Degen ſuchſt, und willſt mich um- bringen. So wenig Hertz ich ſonſt in der Ju- gend gehabt, wenn ich mich mit iemanden ſchmeiſ- ſen, oder an iemanden die Hand legen ſollen, ſo fehlte es mir ietzt weder an Leibes-noch an Ge- muͤths-Staͤrcke. Jch ſchlug ihn mit der ge- ballten Fauſt in die Augen, und wohin ich kom- men kunte, und ſtieß ihn endlich im Grimm zur Cammer hinein, daß ich nicht anders meynte, er wuͤrde den Hals brechen. Jch brachte die Nacht ohne Schlaf zu, des Morgens aber muſte er von Stund an aus dem Hauſe, und von mei- ner Stube, und drohete ihm, daß ich wider ihn bey dem Concilio denunciren wolte, wo er nicht gienge. Er hat mir nach der Zeit ſelbſt ge- ſtanden,

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Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/235>, abgerufen am 21.11.2024.