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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

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und im Hebräischen zu unterrichten:
ren. Seine Erben haben bey seinem Lebens-
Lauffe, den sie aufgesetzet, mir die Ehre nicht
angethan, daß sie mich unter seine Praeceptores
gesetzet hätten; vielleicht, weil sie mich unter
seinen Praeceptoribus nicht gefunden haben;
es würde auch vor den Verstorbenen eben keine
große Ehre gewesen seyn. Ungeachtet er mein
Schüler gewesen, so war er doch nach der Zeit
heimlich mein bitterster Feind, welches ich eher
nicht, als vor 10. Jahren bey der Melodiani-
schen Affaire erfahren. Jn einem gewissen
Conventu, da über mich berathschlaget wurde,
harangurte er die gantze Zeit alleine, und re-
dete auf das hefftigste wider mich, wolte auch
von allem gelinden Verfahren wider mich nicht
das geringste hören. Das hat ihm aber nach
seinem Tode viel geschadet. Denn weil ein
gewisser gelehrter Mann, der stets viel Liebe
und Hochachtung vor mich gehabt, dadurch er-
schrecklich erbittert, und aufgebracht wurde, daß
niemand so sehr, als er, in Gesellschafften die
bittersten Reden wider mich ausgestossen; so
war er hernach die erste Ursache des Processes,
der seinethalben nach seinem Tode geführet
wurde, da sonst die gantze Sache wol würde
seyn liegen blieben. Drum soll man keinen
Menschen, der auch hassens-würdig, ohne
Maß hassen, und verfolgen, so schwach derselbe

ist;

und im Hebraͤiſchen zu unterrichten:
ren. Seine Erben haben bey ſeinem Lebens-
Lauffe, den ſie aufgeſetzet, mir die Ehre nicht
angethan, daß ſie mich unter ſeine Præceptores
geſetzet haͤtten; vielleicht, weil ſie mich unter
ſeinen Præceptoribus nicht gefunden haben;
es wuͤrde auch vor den Verſtorbenen eben keine
große Ehre geweſen ſeyn. Ungeachtet er mein
Schuͤler geweſen, ſo war er doch nach der Zeit
heimlich mein bitterſter Feind, welches ich eher
nicht, als vor 10. Jahren bey der Melodiani-
ſchen Affaire erfahren. Jn einem gewiſſen
Conventu, da uͤber mich berathſchlaget wurde,
harangurte er die gantze Zeit alleine, und re-
dete auf das hefftigſte wider mich, wolte auch
von allem gelinden Verfahren wider mich nicht
das geringſte hoͤren. Das hat ihm aber nach
ſeinem Tode viel geſchadet. Denn weil ein
gewiſſer gelehrter Mann, der ſtets viel Liebe
und Hochachtung vor mich gehabt, dadurch er-
ſchrecklich erbittert, und aufgebracht wurde, daß
niemand ſo ſehr, als er, in Geſellſchafften die
bitterſten Reden wider mich ausgeſtoſſen; ſo
war er hernach die erſte Urſache des Proceſſes,
der ſeinethalben nach ſeinem Tode gefuͤhret
wurde, da ſonſt die gantze Sache wol wuͤrde
ſeyn liegen blieben. Drum ſoll man keinen
Menſchen, der auch haſſens-wuͤrdig, ohne
Maß haſſen, und verfolgen, ſo ſchwach derſelbe

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[204/0250] und im Hebraͤiſchen zu unterrichten: ren. Seine Erben haben bey ſeinem Lebens- Lauffe, den ſie aufgeſetzet, mir die Ehre nicht angethan, daß ſie mich unter ſeine Præceptores geſetzet haͤtten; vielleicht, weil ſie mich unter ſeinen Præceptoribus nicht gefunden haben; es wuͤrde auch vor den Verſtorbenen eben keine große Ehre geweſen ſeyn. Ungeachtet er mein Schuͤler geweſen, ſo war er doch nach der Zeit heimlich mein bitterſter Feind, welches ich eher nicht, als vor 10. Jahren bey der Melodiani- ſchen Affaire erfahren. Jn einem gewiſſen Conventu, da uͤber mich berathſchlaget wurde, harangurte er die gantze Zeit alleine, und re- dete auf das hefftigſte wider mich, wolte auch von allem gelinden Verfahren wider mich nicht das geringſte hoͤren. Das hat ihm aber nach ſeinem Tode viel geſchadet. Denn weil ein gewiſſer gelehrter Mann, der ſtets viel Liebe und Hochachtung vor mich gehabt, dadurch er- ſchrecklich erbittert, und aufgebracht wurde, daß niemand ſo ſehr, als er, in Geſellſchafften die bitterſten Reden wider mich ausgeſtoſſen; ſo war er hernach die erſte Urſache des Proceſſes, der ſeinethalben nach ſeinem Tode gefuͤhret wurde, da ſonſt die gantze Sache wol wuͤrde ſeyn liegen blieben. Drum ſoll man keinen Menſchen, der auch haſſens-wuͤrdig, ohne Maß haſſen, und verfolgen, ſo ſchwach derſelbe iſt;

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Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/250>, abgerufen am 21.11.2024.