und Trincken schmeckte mir nicht mehr; und, wenn ja die große Angst des Gemüthes zuwei- len Hitze und Durst im Leibe machte, so hatte ich zum wenigsten doch vor den Speisen einen Eckel. Dachte ich, mein Lager solte mirs lindern, so erschreckte mich GOTT durch Träume. Bald schwamm ich in großen Wassern, daß mich die Fluth ersäuffen wolte: bald brannte mir mein Haupt-Küs- sen, oder befand mich sonst in Feuers-Noth: bald soff ich die allerabscheulichsten Geträncke im Traum. Uberaus offt träumte mir, als ob ich meinen Ofen heitzte, und mit Holtz das gröste Feuer darinnen machte. Und, wenn ich dergleichen ängstliche Träume des Nachts gehabt hatte, so wurde hernach allemahl des Tages die Anfechtung noch größer. Jch fieng an abscheulich im Gesichte auszusehen, so daß ich nicht mehr das Hertze hatte in Spie- gel zu sehen. Meine Schüler erschracken über meiner Gestalt, wenn sie zu mir kamen, und war kaum geschickt, meine Informationes abzuwarten. Einer von meinen Auditori- bus hatte gar das Urtheil von mir gefället, daß ich im Gesichte aussähe, wie sie die Verdamm- ten in der Hölle manchmahl zu mahlen pfleg- ten; welches mich, da man mir es wieder gesagt, schrecklich peinigte, und welches ich
als
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wird mit Traͤumen erſchrecket,
und Trincken ſchmeckte mir nicht mehr; und, wenn ja die große Angſt des Gemuͤthes zuwei- len Hitze und Durſt im Leibe machte, ſo hatte ich zum wenigſten doch vor den Speiſen einen Eckel. Dachte ich, mein Lager ſolte mirs lindern, ſo erſchreckte mich GOTT durch Traͤume. Bald ſchwamm ich in großen Waſſern, daß mich die Fluth erſaͤuffen wolte: bald brannte mir mein Haupt-Kuͤſ- ſen, oder befand mich ſonſt in Feuers-Noth: bald ſoff ich die allerabſcheulichſten Getraͤncke im Traum. Uberaus offt traͤumte mir, als ob ich meinen Ofen heitzte, und mit Holtz das groͤſte Feuer darinnen machte. Und, wenn ich dergleichen aͤngſtliche Traͤume des Nachts gehabt hatte, ſo wurde hernach allemahl des Tages die Anfechtung noch groͤßer. Jch fieng an abſcheulich im Geſichte auszuſehen, ſo daß ich nicht mehr das Hertze hatte in Spie- gel zu ſehen. Meine Schuͤler erſchracken uͤber meiner Geſtalt, wenn ſie zu mir kamen, und war kaum geſchickt, meine Informationes abzuwarten. Einer von meinen Auditori- bus hatte gar das Urtheil von mir gefaͤllet, daß ich im Geſichte ausſaͤhe, wie ſie die Verdamm- ten in der Hoͤlle manchmahl zu mahlen pfleg- ten; welches mich, da man mir es wieder geſagt, ſchrecklich peinigte, und welches ich
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wird mit Traͤumen erſchrecket,
und Trincken ſchmeckte mir nicht mehr; und,
wenn ja die große Angſt des Gemuͤthes zuwei-
len Hitze und Durſt im Leibe machte, ſo hatte
ich zum wenigſten doch vor den Speiſen einen
Eckel. Dachte ich, mein Lager ſolte
mirs lindern, ſo erſchreckte mich GOTT
durch Traͤume. Bald ſchwamm ich in
großen Waſſern, daß mich die Fluth erſaͤuffen
wolte: bald brannte mir mein Haupt-Kuͤſ-
ſen, oder befand mich ſonſt in Feuers-Noth:
bald ſoff ich die allerabſcheulichſten Getraͤncke
im Traum. Uberaus offt traͤumte mir, als
ob ich meinen Ofen heitzte, und mit Holtz das
groͤſte Feuer darinnen machte. Und, wenn
ich dergleichen aͤngſtliche Traͤume des Nachts
gehabt hatte, ſo wurde hernach allemahl des
Tages die Anfechtung noch groͤßer. Jch
fieng an abſcheulich im Geſichte auszuſehen, ſo
daß ich nicht mehr das Hertze hatte in Spie-
gel zu ſehen. Meine Schuͤler erſchracken
uͤber meiner Geſtalt, wenn ſie zu mir kamen,
und war kaum geſchickt, meine Informationes
abzuwarten. Einer von meinen Auditori-
bus hatte gar das Urtheil von mir gefaͤllet, daß
ich im Geſichte ausſaͤhe, wie ſie die Verdamm-
ten in der Hoͤlle manchmahl zu mahlen pfleg-
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/257>, abgerufen am 21.11.2024.
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