ich ihn im gantzen Leben geheget,) zu thun vor höchst sündlich, und, welches mein Hertze am meisten verwundete, vor einen wahrhafften Rückfall ansahe. Es fiel mir demnach gleich anfangs auf mein Hertz, wie ein Stein, und wurde mit der höchsten Furcht umfangen. Jch suchte zwar des Sonntags drauf durch Beichte und Abendmahl dem geängsteten Her- tzen Lufft zu machen, und erwehlte so gar her- nach mir noch einen zweyten Beicht-Vater in der Neuen Kirche, weil ich in der Thomas- Kirchen nur vor 6. Wochen bey meinem or- dentlichen Beicht-Vater gebeichtet, und dem- selben nicht gerne den Concept beybringen wolte, als ob ich ein Sonderling wäre, und durch öffterers Communiciren, als die Gewohn- heit mitbringet, heiliger, als andere Leute seyn wolte; allein durch den Gebrauch des Abend- mahls wurde die Angst noch größer. Denn weil ich mit lauter Furcht, und Angst dazu lieff, und nicht das geringste zuversichtliche Ver- trauen bey mir verspührte; (wiewol ich nicht ohne alle Hoffnung muß gewesen seyn; denn wenn ich gar keine Hoffnung, wie die, so völ- lig verzweiffeln, gehabt hätte, so wäre ich nicht gegangen;) so meynte ich gäntzlich, daß ich solches unwürdig genossen, und meine Ver- dammniß noch größer gemacht hätte. Essen
und
Communicirte aber ohne Troſt:
ich ihn im gantzen Leben geheget,) zu thun vor hoͤchſt ſuͤndlich, und, welches mein Hertze am meiſten verwundete, vor einen wahrhafften Ruͤckfall anſahe. Es fiel mir demnach gleich anfangs auf mein Hertz, wie ein Stein, und wurde mit der hoͤchſten Furcht umfangen. Jch ſuchte zwar des Sonntags drauf durch Beichte und Abendmahl dem geaͤngſteten Her- tzen Lufft zu machen, und erwehlte ſo gar her- nach mir noch einen zweyten Beicht-Vater in der Neuen Kirche, weil ich in der Thomas- Kirchen nur vor 6. Wochen bey meinem or- dentlichen Beicht-Vater gebeichtet, und dem- ſelben nicht gerne den Concept beybringen wolte, als ob ich ein Sonderling waͤre, und durch oͤffterers Communiciren, als die Gewohn- heit mitbringet, heiliger, als andere Leute ſeyn wolte; allein durch den Gebrauch des Abend- mahls wurde die Angſt noch groͤßer. Denn weil ich mit lauter Furcht, und Angſt dazu lieff, und nicht das geringſte zuverſichtliche Ver- trauen bey mir verſpuͤhrte; (wiewol ich nicht ohne alle Hoffnung muß geweſen ſeyn; denn wenn ich gar keine Hoffnung, wie die, ſo voͤl- lig verzweiffeln, gehabt haͤtte, ſo waͤre ich nicht gegangen;) ſo meynte ich gaͤntzlich, daß ich ſolches unwuͤrdig genoſſen, und meine Ver- dammniß noch groͤßer gemacht haͤtte. Eſſen
und
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Communicirte aber ohne Troſt:
ich ihn im gantzen Leben geheget,) zu thun vor
hoͤchſt ſuͤndlich, und, welches mein Hertze am
meiſten verwundete, vor einen wahrhafften
Ruͤckfall anſahe. Es fiel mir demnach gleich
anfangs auf mein Hertz, wie ein Stein, und
wurde mit der hoͤchſten Furcht umfangen.
Jch ſuchte zwar des Sonntags drauf durch
Beichte und Abendmahl dem geaͤngſteten Her-
tzen Lufft zu machen, und erwehlte ſo gar her-
nach mir noch einen zweyten Beicht-Vater in
der Neuen Kirche, weil ich in der Thomas-
Kirchen nur vor 6. Wochen bey meinem or-
dentlichen Beicht-Vater gebeichtet, und dem-
ſelben nicht gerne den Concept beybringen
wolte, als ob ich ein Sonderling waͤre, und
durch oͤffterers Communiciren, als die Gewohn-
heit mitbringet, heiliger, als andere Leute ſeyn
wolte; allein durch den Gebrauch des Abend-
mahls wurde die Angſt noch groͤßer. Denn
weil ich mit lauter Furcht, und Angſt dazu lieff,
und nicht das geringſte zuverſichtliche Ver-
trauen bey mir verſpuͤhrte; (wiewol ich nicht
ohne alle Hoffnung muß geweſen ſeyn; denn
wenn ich gar keine Hoffnung, wie die, ſo voͤl-
lig verzweiffeln, gehabt haͤtte, ſo waͤre ich nicht
gegangen;) ſo meynte ich gaͤntzlich, daß ich
ſolches unwuͤrdig genoſſen, und meine Ver-
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und
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 210. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/256>, abgerufen am 21.11.2024.
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