mehr einzugehen, wenn mir auch dazu Anlaß gegeben würde, welches sonst nach der besten Sitten-Lehrer Meynung, ein Argument und Beweis-Grund ist, daß die That, so man wider solchen Vorsatz thut, nicht eine proaereti- sche That, sondern nur eine Schwachheits- Sünde sey; und, siehe, so sehr ich neben die- sem guten Vorsatz auch eiferig gebetet, in einer gewissen Sache mein Ja-Wort nicht darzu zu geben, so wurde ich doch bey der sich dazu er- eignenden Gelegenheit schnelle, und in der Hitze des Affectes, willens, meinem Vorsatzecontrair zu handeln, und solchen zu übertreten. Noch mehr: Es wurden mir Hindernisse in Weg geworffen, daß, so willens ich auch war, wi- der meinen Vorsatz zu agiren, ich solchen doch nicht vollziehen, noch darwider thun konte. Der Geschichts-Schreiber Josephus würde mich hier nach der Jüdischen Theologie, so leicht, wie den Antiochum, von der Sünde absolviret haben. Denn da Antiochus wil- lens gewesen, den Tempel zu Jerusalem zu zer- stöhren, und zu verwüsten, so meynte er, weil er es nur nicht gethan hätte, so könte ihm die- ses zu keiner Sünde angerechnet werden. Allein die Umstände waren bey mir so merck- würdig, daß ich diesen Willen, wider meinen, ich möchte bald sagen, ewigen Vorsatz (weil
ich
O
vor einen Ruͤckfall anſahe:
mehr einzugehen, wenn mir auch dazu Anlaß gegeben wuͤrde, welches ſonſt nach der beſten Sitten-Lehrer Meynung, ein Argument und Beweis-Grund iſt, daß die That, ſo man wider ſolchen Vorſatz thut, nicht eine proæreti- ſche That, ſondern nur eine Schwachheits- Suͤnde ſey; und, ſiehe, ſo ſehr ich neben die- ſem guten Vorſatz auch eiferig gebetet, in einer gewiſſen Sache mein Ja-Wort nicht darzu zu geben, ſo wurde ich doch bey der ſich dazu er- eignenden Gelegenheit ſchnelle, und in der Hitze des Affectes, willens, meinem Vorſatzecontrair zu handeln, und ſolchen zu uͤbertreten. Noch mehr: Es wurden mir Hinderniſſe in Weg geworffen, daß, ſo willens ich auch war, wi- der meinen Vorſatz zu agiren, ich ſolchen doch nicht vollziehen, noch darwider thun konte. Der Geſchichts-Schreiber Joſephus wuͤrde mich hier nach der Juͤdiſchen Theologie, ſo leicht, wie den Antiochum, von der Suͤnde abſolviret haben. Denn da Antiochus wil- lens geweſen, den Tempel zu Jeruſalem zu zer- ſtoͤhren, und zu verwuͤſten, ſo meynte er, weil er es nur nicht gethan haͤtte, ſo koͤnte ihm die- ſes zu keiner Suͤnde angerechnet werden. Allein die Umſtaͤnde waren bey mir ſo merck- wuͤrdig, daß ich dieſen Willen, wider meinen, ich moͤchte bald ſagen, ewigen Vorſatz (weil
ich
O
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0255"n="209"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">vor einen Ruͤckfall anſahe:</hi></fw><lb/>
mehr einzugehen, wenn mir auch dazu Anlaß<lb/>
gegeben wuͤrde, welches ſonſt nach der beſten<lb/>
Sitten-Lehrer Meynung, ein <hirendition="#aq">Argument</hi> und<lb/>
Beweis-Grund iſt, daß die That, ſo man<lb/>
wider ſolchen Vorſatz thut, nicht eine <hirendition="#aq">proæreti-</hi><lb/>ſche That, ſondern nur eine Schwachheits-<lb/>
Suͤnde ſey; und, ſiehe, ſo ſehr ich neben die-<lb/>ſem guten Vorſatz auch eiferig gebetet, in einer<lb/>
gewiſſen Sache mein Ja-Wort nicht darzu zu<lb/>
geben, ſo wurde ich doch bey der ſich dazu er-<lb/>
eignenden Gelegenheit ſchnelle, und in der Hitze<lb/>
des <hirendition="#aq">Affect</hi>es, willens, meinem <hirendition="#fr">Vorſatze</hi><hirendition="#aq">contrair</hi><lb/>
zu handeln, und ſolchen zu uͤbertreten. Noch<lb/>
mehr: Es wurden mir Hinderniſſe in Weg<lb/>
geworffen, daß, ſo willens ich auch war, wi-<lb/>
der meinen Vorſatz zu <hirendition="#aq">agi</hi>ren, ich ſolchen doch<lb/>
nicht vollziehen, noch darwider thun konte.<lb/>
Der Geſchichts-Schreiber <hirendition="#aq">Joſephus</hi> wuͤrde<lb/>
mich hier nach der Juͤdiſchen <hirendition="#aq">Theologie,</hi>ſo<lb/>
leicht, wie den <hirendition="#aq">Antiochum,</hi> von der Suͤnde<lb/><hirendition="#aq">abſolvi</hi>ret haben. Denn da <hirendition="#aq">Antiochus</hi> wil-<lb/>
lens geweſen, den Tempel zu Jeruſalem zu zer-<lb/>ſtoͤhren, und zu verwuͤſten, ſo meynte er, weil<lb/>
er es nur nicht gethan haͤtte, ſo koͤnte ihm die-<lb/>ſes zu keiner Suͤnde angerechnet werden.<lb/>
Allein die Umſtaͤnde waren bey mir ſo merck-<lb/>
wuͤrdig, daß ich dieſen Willen, wider meinen,<lb/>
ich moͤchte bald ſagen, ewigen Vorſatz (weil<lb/><fwplace="bottom"type="sig">O</fw><fwplace="bottom"type="catch">ich</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[209/0255]
vor einen Ruͤckfall anſahe:
mehr einzugehen, wenn mir auch dazu Anlaß
gegeben wuͤrde, welches ſonſt nach der beſten
Sitten-Lehrer Meynung, ein Argument und
Beweis-Grund iſt, daß die That, ſo man
wider ſolchen Vorſatz thut, nicht eine proæreti-
ſche That, ſondern nur eine Schwachheits-
Suͤnde ſey; und, ſiehe, ſo ſehr ich neben die-
ſem guten Vorſatz auch eiferig gebetet, in einer
gewiſſen Sache mein Ja-Wort nicht darzu zu
geben, ſo wurde ich doch bey der ſich dazu er-
eignenden Gelegenheit ſchnelle, und in der Hitze
des Affectes, willens, meinem Vorſatze contrair
zu handeln, und ſolchen zu uͤbertreten. Noch
mehr: Es wurden mir Hinderniſſe in Weg
geworffen, daß, ſo willens ich auch war, wi-
der meinen Vorſatz zu agiren, ich ſolchen doch
nicht vollziehen, noch darwider thun konte.
Der Geſchichts-Schreiber Joſephus wuͤrde
mich hier nach der Juͤdiſchen Theologie, ſo
leicht, wie den Antiochum, von der Suͤnde
abſolviret haben. Denn da Antiochus wil-
lens geweſen, den Tempel zu Jeruſalem zu zer-
ſtoͤhren, und zu verwuͤſten, ſo meynte er, weil
er es nur nicht gethan haͤtte, ſo koͤnte ihm die-
ſes zu keiner Suͤnde angerechnet werden.
Allein die Umſtaͤnde waren bey mir ſo merck-
wuͤrdig, daß ich dieſen Willen, wider meinen,
ich moͤchte bald ſagen, ewigen Vorſatz (weil
ich
O
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/255>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.