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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

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abscheulichen Gedancken:
für hat, solche von GOtt nicht werden zugerech-
net werden.

Ein schwaches Haupt mit seinen Ursachen
ist und bleibt ein Geheimniß, das noch kein Phi-
losophus
und Artzt gantz ausstudiret, und die
Würckungen desselben a priori völlig demonstri-
ret. Jch will nach der Philosophie in dieser
Sache die Dinge einem so deutlich machen, daß
er sich darüber verwundern soll, daferne er mich
nur zu verstehen fähig ist; ich thue mir aber
doch nicht vollkommene Satisfaction, glaube auch
kaum, daß ich unten alles völlig in das höchste Licht
setzen werde. Wenn ich zur selbigen Zeit ei-
nen Trunck Merseburger-Bier, oder einen
Trunck Wein zu mir nahm, so hatte ich auf eine
kurtze Zeit von solchen garstigen Einfällen Ruhe,
ob ich gleich an solche Dinge gedachte, welche
sonst die schändlichsten Gedancken auf den Fusse
nach sich zogen; so daß es mich recht schwer
würde ankommen seyn, wenn ich dergleichen un-
flätige Gedancken mit Fleiß alsdenn hätte erwe-
cken wollen; da sie sonst bey schwachem Haupte,
wie der Blitz, in der grösten Lebhafftigkeit, und
Menge gleich da waren. Jch fieng also gar
bald an zu mercken, daß diese Plagen großen
Theils auch leibliche Kranckheiten wären, und
vom Leibe, erhitzten Geblüte, und matten Lebens-
Geistern herkämen, oder doch, wenn sie Anfangs

aus

abſcheulichen Gedancken:
fuͤr hat, ſolche von GOtt nicht werden zugerech-
net werden.

Ein ſchwaches Haupt mit ſeinen Urſachen
iſt und bleibt ein Geheimniß, das noch kein Phi-
loſophus
und Artzt gantz ausſtudiret, und die
Wuͤrckungen deſſelben a priori voͤllig demonſtri-
ret. Jch will nach der Philoſophie in dieſer
Sache die Dinge einem ſo deutlich machen, daß
er ſich daruͤber verwundern ſoll, daferne er mich
nur zu verſtehen faͤhig iſt; ich thue mir aber
doch nicht vollkommene Satisfaction, glaube auch
kaum, daß ich unten alles voͤllig in das hoͤchſte Licht
ſetzen werde. Wenn ich zur ſelbigen Zeit ei-
nen Trunck Merſeburger-Bier, oder einen
Trunck Wein zu mir nahm, ſo hatte ich auf eine
kurtze Zeit von ſolchen garſtigen Einfaͤllen Ruhe,
ob ich gleich an ſolche Dinge gedachte, welche
ſonſt die ſchaͤndlichſten Gedancken auf den Fuſſe
nach ſich zogen; ſo daß es mich recht ſchwer
wuͤrde ankommen ſeyn, wenn ich dergleichen un-
flaͤtige Gedancken mit Fleiß alsdenn haͤtte erwe-
cken wollen; da ſie ſonſt bey ſchwachem Haupte,
wie der Blitz, in der groͤſten Lebhafftigkeit, und
Menge gleich da waren. Jch fieng alſo gar
bald an zu mercken, daß dieſe Plagen großen
Theils auch leibliche Kranckheiten waͤren, und
vom Leibe, erhitzten Gebluͤte, und matten Lebens-
Geiſtern herkaͤmen, oder doch, wenn ſie Anfangs

aus
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[230/0276] abſcheulichen Gedancken: fuͤr hat, ſolche von GOtt nicht werden zugerech- net werden. Ein ſchwaches Haupt mit ſeinen Urſachen iſt und bleibt ein Geheimniß, das noch kein Phi- loſophus und Artzt gantz ausſtudiret, und die Wuͤrckungen deſſelben a priori voͤllig demonſtri- ret. Jch will nach der Philoſophie in dieſer Sache die Dinge einem ſo deutlich machen, daß er ſich daruͤber verwundern ſoll, daferne er mich nur zu verſtehen faͤhig iſt; ich thue mir aber doch nicht vollkommene Satisfaction, glaube auch kaum, daß ich unten alles voͤllig in das hoͤchſte Licht ſetzen werde. Wenn ich zur ſelbigen Zeit ei- nen Trunck Merſeburger-Bier, oder einen Trunck Wein zu mir nahm, ſo hatte ich auf eine kurtze Zeit von ſolchen garſtigen Einfaͤllen Ruhe, ob ich gleich an ſolche Dinge gedachte, welche ſonſt die ſchaͤndlichſten Gedancken auf den Fuſſe nach ſich zogen; ſo daß es mich recht ſchwer wuͤrde ankommen ſeyn, wenn ich dergleichen un- flaͤtige Gedancken mit Fleiß alsdenn haͤtte erwe- cken wollen; da ſie ſonſt bey ſchwachem Haupte, wie der Blitz, in der groͤſten Lebhafftigkeit, und Menge gleich da waren. Jch fieng alſo gar bald an zu mercken, daß dieſe Plagen großen Theils auch leibliche Kranckheiten waͤren, und vom Leibe, erhitzten Gebluͤte, und matten Lebens- Geiſtern herkaͤmen, oder doch, wenn ſie Anfangs aus

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Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/276>, abgerufen am 21.11.2024.