Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

Bild:
<< vorherige Seite

mit mählichen gestärcket:
nen folgen, um sie in Golitz anzutreffen, und
da mit ihnen Compagnie zu machen. Jch gieng
durch den Rosenthal; und siehe, da ich zu dem
Wasser kam, und zu dem Wege, der am Flusse
nahe hingehet, war mein Kopff so schwach, daß
die Idee von hineinstürtzen, so ich bekam, mich
nöthigte, Anfangs mich mit dem Leibe gegen die
lincke Seite zu beugen, und den Kopff vom
Wasser zu entfernen, so weit, als es möglich, und
da dieses noch nicht helffen wolte, einen kleinen
Umweg zu nehmen, und eine Weile tieffer im
Walde zu gehen.

Anno 1704.
§. 60.

Eben diesen Sommer that ich am 15. Sonn-
tag nach Trinitatis in der Vesper zu Crossen, so
anderthalb Meilen von Zeitz gelegen, eine Gast-
Predigt. Der Herr Fletscher, der ehedessen
ein reicher und berühmter Kauffmann in Leipzig
gewesen, und nachmal Cämmer-Rath worden,
war der Patron der Kirchen. D. Seeligmann,
der ihm etliche gute Subjecta hatte recommendi-
ren sollen, die er zur Probe aufstellen wolte,
hatte unter andern auch mich vorgeschlagen; viel-
leicht, weil er gemeinet, daß meine damalige
Traurigkeit, so ich im Beicht-Stuhl spühren
lassen, etwan von Mangel der Beförderung un-

ter

mit maͤhlichen geſtaͤrcket:
nen folgen, um ſie in Golitz anzutreffen, und
da mit ihnen Compagnie zu machen. Jch gieng
durch den Roſenthal; und ſiehe, da ich zu dem
Waſſer kam, und zu dem Wege, der am Fluſſe
nahe hingehet, war mein Kopff ſo ſchwach, daß
die Idée von hineinſtuͤrtzen, ſo ich bekam, mich
noͤthigte, Anfangs mich mit dem Leibe gegen die
lincke Seite zu beugen, und den Kopff vom
Waſſer zu entfernen, ſo weit, als es moͤglich, und
da dieſes noch nicht helffen wolte, einen kleinen
Umweg zu nehmen, und eine Weile tieffer im
Walde zu gehen.

Anno 1704.
§. 60.

Eben dieſen Sommer that ich am 15. Sonn-
tag nach Trinitatis in der Veſper zu Croſſen, ſo
anderthalb Meilen von Zeitz gelegen, eine Gaſt-
Predigt. Der Herr Fletſcher, der ehedeſſen
ein reicher und beruͤhmter Kauffmann in Leipzig
geweſen, und nachmal Caͤmmer-Rath worden,
war der Patron der Kirchen. D. Seeligmann,
der ihm etliche gute Subjecta hatte recommendi-
ren ſollen, die er zur Probe aufſtellen wolte,
hatte unter andern auch mich vorgeſchlagen; viel-
leicht, weil er gemeinet, daß meine damalige
Traurigkeit, ſo ich im Beicht-Stuhl ſpuͤhren
laſſen, etwan von Mangel der Befoͤrderung un-

ter
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0297" n="251"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">mit ma&#x0364;hlichen ge&#x017F;ta&#x0364;rcket:</hi></fw><lb/>
nen folgen, um &#x017F;ie in Golitz anzutreffen, und<lb/>
da mit ihnen <hi rendition="#aq">Compagnie</hi> zu machen. Jch gieng<lb/>
durch den Ro&#x017F;enthal; und &#x017F;iehe, da ich zu dem<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er kam, und zu dem Wege, der am Flu&#x017F;&#x017F;e<lb/>
nahe hingehet, war mein Kopff &#x017F;o &#x017F;chwach, daß<lb/>
die <hi rendition="#aq">Idée</hi> von hinein&#x017F;tu&#x0364;rtzen, &#x017F;o ich bekam, mich<lb/>
no&#x0364;thigte, Anfangs mich mit dem Leibe gegen die<lb/>
lincke Seite zu beugen, und den Kopff vom<lb/>
Wa&#x017F;&#x017F;er zu entfernen, &#x017F;o weit, als es mo&#x0364;glich, und<lb/>
da die&#x017F;es noch nicht helffen wolte, einen kleinen<lb/>
Umweg zu nehmen, und eine Weile tieffer im<lb/>
Walde zu gehen.</p>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Anno</hi></hi> 1704.<lb/>
§. 60.</head><lb/>
        <p>Eben die&#x017F;en Sommer that ich am 15. Sonn-<lb/>
tag nach <hi rendition="#aq">Trinitatis</hi> in der <hi rendition="#aq">Ve&#x017F;per</hi> zu Cro&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o<lb/>
anderthalb Meilen von Zeitz gelegen, eine Ga&#x017F;t-<lb/>
Predigt. Der Herr Flet&#x017F;cher, der ehede&#x017F;&#x017F;en<lb/>
ein reicher und beru&#x0364;hmter Kauffmann in Leipzig<lb/>
gewe&#x017F;en, und nachmal Ca&#x0364;mmer-Rath worden,<lb/>
war der <hi rendition="#aq">Patron</hi> der Kirchen. <hi rendition="#aq">D.</hi> Seeligmann,<lb/>
der ihm etliche gute <hi rendition="#aq">Subjecta</hi> hatte <hi rendition="#aq">recommendi-</hi><lb/>
ren &#x017F;ollen, die er zur Probe auf&#x017F;tellen wolte,<lb/>
hatte unter andern auch mich vorge&#x017F;chlagen; viel-<lb/>
leicht, weil er gemeinet, daß meine damalige<lb/>
Traurigkeit, &#x017F;o ich im Beicht-Stuhl &#x017F;pu&#x0364;hren<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en, etwan von Mangel der Befo&#x0364;rderung un-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ter</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[251/0297] mit maͤhlichen geſtaͤrcket: nen folgen, um ſie in Golitz anzutreffen, und da mit ihnen Compagnie zu machen. Jch gieng durch den Roſenthal; und ſiehe, da ich zu dem Waſſer kam, und zu dem Wege, der am Fluſſe nahe hingehet, war mein Kopff ſo ſchwach, daß die Idée von hineinſtuͤrtzen, ſo ich bekam, mich noͤthigte, Anfangs mich mit dem Leibe gegen die lincke Seite zu beugen, und den Kopff vom Waſſer zu entfernen, ſo weit, als es moͤglich, und da dieſes noch nicht helffen wolte, einen kleinen Umweg zu nehmen, und eine Weile tieffer im Walde zu gehen. Anno 1704. §. 60. Eben dieſen Sommer that ich am 15. Sonn- tag nach Trinitatis in der Veſper zu Croſſen, ſo anderthalb Meilen von Zeitz gelegen, eine Gaſt- Predigt. Der Herr Fletſcher, der ehedeſſen ein reicher und beruͤhmter Kauffmann in Leipzig geweſen, und nachmal Caͤmmer-Rath worden, war der Patron der Kirchen. D. Seeligmann, der ihm etliche gute Subjecta hatte recommendi- ren ſollen, die er zur Probe aufſtellen wolte, hatte unter andern auch mich vorgeſchlagen; viel- leicht, weil er gemeinet, daß meine damalige Traurigkeit, ſo ich im Beicht-Stuhl ſpuͤhren laſſen, etwan von Mangel der Befoͤrderung un- ter

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/297
Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 251. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/297>, abgerufen am 21.11.2024.