derlegen, was Jac. Blondellus, ein Doctor Medicinae in London, und neulich die Lettres juives Lett. 151. wider diese Kräffte der Imagination geschrieben.
Mit diesem Kinde können nun einiger mas- sen verglichen werden die großen Kinder, oder alle diejenigen Menschen, welche entweder von schwacher Natur, so sie aus Mutter-Leibe ge- bracht, oder wegen schwächlicher und kräncklicher Leibes-Constitution, die sie sich zugezogen, schwache Leibes-Gefäße, schwache Nerven und Fibren haben; wohin gar sonderlich auch diejeni- gen zu ziehen, so Temperamenti melancholici sind, als welchen alle Medici schwache Nerven zuschreiben. Bey solchen schwachen Naturen drucken sich einmahl alle Bilder im Gehirne, insonderheit diejenigen, die durch ein erkanntes großes Ubel erreget werden, tieffer ein; so, daß sie hernach durch eine lebhaffte und starcke Imagination sich die Sache schier als gegenwärtig vorstellen könenn. Ja wenn die Bewegung der Lebens-Geister im Gehirne zu starck ist, und die Staffel erreicht, welche sie hat, wenn die die Ubel und die schrecklichen Dinge gegenwärtig sind, so müssen diese auch in Wahrheit Dinge ge- genwärtig sehen, die doch noch nicht, oder nicht mehr gegenwärtig sind, wie in hitzigen Fiebern und andern hitzigen Kranckheiten zu geschehen pfleget; so daß sie in ein Delirium und Wahn-
witz
auf die ſeltſame Furcht
derlegen, was Jac. Blondellus, ein Doctor Medicinæ in London, und neulich die Lettres juives Lett. 151. wider dieſe Kraͤffte der Imagination geſchrieben.
Mit dieſem Kinde koͤnnen nun einiger maſ- ſen verglichen werden die großen Kinder, oder alle diejenigen Menſchen, welche entweder von ſchwacher Natur, ſo ſie aus Mutter-Leibe ge- bracht, oder wegen ſchwaͤchlicher und kraͤncklicher Leibes-Conſtitution, die ſie ſich zugezogen, ſchwache Leibes-Gefaͤße, ſchwache Nerven und Fibren haben; wohin gar ſonderlich auch diejeni- gen zu ziehen, ſo Temperamenti melancholici ſind, als welchen alle Medici ſchwache Nerven zuſchreiben. Bey ſolchen ſchwachen Naturen drucken ſich einmahl alle Bilder im Gehirne, inſonderheit diejenigen, die durch ein erkanntes großes Ubel erreget werden, tieffer ein; ſo, daß ſie hernach durch eine lebhaffte und ſtarcke Imagination ſich die Sache ſchier als gegenwaͤrtig vorſtellen koͤnenn. Ja wenn die Bewegung der Lebens-Geiſter im Gehirne zu ſtarck iſt, und die Staffel erreicht, welche ſie hat, wenn die die Ubel und die ſchrecklichen Dinge gegenwaͤrtig ſind, ſo muͤſſen dieſe auch in Wahrheit Dinge ge- genwaͤrtig ſehen, die doch noch nicht, oder nicht mehr gegenwaͤrtig ſind, wie in hitzigen Fiebern und andern hitzigen Kranckheiten zu geſchehen pfleget; ſo daß ſie in ein Delirium und Wahn-
witz
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0330"n="284"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">auf die ſeltſame Furcht</hi></fw><lb/>
derlegen, was <hirendition="#aq">Jac. Blondellus,</hi> ein <hirendition="#aq">Doctor Medicinæ</hi><lb/>
in London, und neulich die <hirendition="#aq">Lettres juives Lett.</hi> 151.<lb/>
wider dieſe Kraͤffte der <hirendition="#aq">Imagination</hi> geſchrieben.</p><lb/><p>Mit dieſem Kinde koͤnnen nun einiger maſ-<lb/>ſen verglichen werden die großen Kinder, oder<lb/>
alle diejenigen Menſchen, welche entweder von<lb/>ſchwacher Natur, ſo ſie aus Mutter-Leibe ge-<lb/>
bracht, oder wegen ſchwaͤchlicher und kraͤncklicher<lb/>
Leibes-<hirendition="#aq">Conſtitution,</hi> die ſie ſich zugezogen,<lb/>ſchwache Leibes-Gefaͤße, ſchwache <hirendition="#aq">Nerv</hi>en und<lb/><hirendition="#aq">Fibren</hi> haben; wohin gar ſonderlich auch diejeni-<lb/>
gen zu ziehen, ſo <hirendition="#aq">Temperamenti melancholici</hi><lb/>ſind, als welchen alle <hirendition="#aq">Medici</hi>ſchwache <hirendition="#aq">Nerv</hi>en<lb/>
zuſchreiben. Bey ſolchen ſchwachen Naturen<lb/>
drucken ſich einmahl alle Bilder im Gehirne,<lb/>
inſonderheit diejenigen, die durch ein erkanntes<lb/><hirendition="#fr">großes</hi> Ubel erreget werden, tieffer ein; ſo,<lb/>
daß ſie hernach durch eine lebhaffte und ſtarcke<lb/><hirendition="#aq">Imagination</hi>ſich die Sache ſchier als gegenwaͤrtig<lb/>
vorſtellen koͤnenn. Ja wenn die Bewegung der<lb/>
Lebens-Geiſter im Gehirne zu ſtarck iſt, und<lb/>
die Staffel erreicht, welche ſie hat, wenn die<lb/>
die Ubel und die ſchrecklichen Dinge gegenwaͤrtig<lb/>ſind, ſo muͤſſen dieſe auch in Wahrheit Dinge ge-<lb/>
genwaͤrtig ſehen, die doch noch nicht, oder nicht<lb/>
mehr gegenwaͤrtig ſind, wie in hitzigen Fiebern<lb/>
und andern hitzigen Kranckheiten zu geſchehen<lb/>
pfleget; ſo daß ſie in ein <hirendition="#aq">Delirium</hi> und Wahn-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">witz</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[284/0330]
auf die ſeltſame Furcht
derlegen, was Jac. Blondellus, ein Doctor Medicinæ
in London, und neulich die Lettres juives Lett. 151.
wider dieſe Kraͤffte der Imagination geſchrieben.
Mit dieſem Kinde koͤnnen nun einiger maſ-
ſen verglichen werden die großen Kinder, oder
alle diejenigen Menſchen, welche entweder von
ſchwacher Natur, ſo ſie aus Mutter-Leibe ge-
bracht, oder wegen ſchwaͤchlicher und kraͤncklicher
Leibes-Conſtitution, die ſie ſich zugezogen,
ſchwache Leibes-Gefaͤße, ſchwache Nerven und
Fibren haben; wohin gar ſonderlich auch diejeni-
gen zu ziehen, ſo Temperamenti melancholici
ſind, als welchen alle Medici ſchwache Nerven
zuſchreiben. Bey ſolchen ſchwachen Naturen
drucken ſich einmahl alle Bilder im Gehirne,
inſonderheit diejenigen, die durch ein erkanntes
großes Ubel erreget werden, tieffer ein; ſo,
daß ſie hernach durch eine lebhaffte und ſtarcke
Imagination ſich die Sache ſchier als gegenwaͤrtig
vorſtellen koͤnenn. Ja wenn die Bewegung der
Lebens-Geiſter im Gehirne zu ſtarck iſt, und
die Staffel erreicht, welche ſie hat, wenn die
die Ubel und die ſchrecklichen Dinge gegenwaͤrtig
ſind, ſo muͤſſen dieſe auch in Wahrheit Dinge ge-
genwaͤrtig ſehen, die doch noch nicht, oder nicht
mehr gegenwaͤrtig ſind, wie in hitzigen Fiebern
und andern hitzigen Kranckheiten zu geſchehen
pfleget; ſo daß ſie in ein Delirium und Wahn-
witz
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 284. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/330>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.