Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

Bild:
<< vorherige Seite

es nicht thun möchten.
Merckmahlen führen, so von großen Ubeln einge-
drucket worden. Was also überhaupt höchst matte
Lebens-Geister, und müde Köpffe verursachet, die
Lebens-Geister allzu hitzig und allzu flüchtig macht,
ist geschickt, solch schrecklich Bild hervorzubringen.
Ein gewisser Studiosus aus Hollstein, der Caffee
in allzu großem Uberflusse tranck, wurde einst
gantz schwermüthig und melancholisch; und ein
anderer, der in meinem Hause vor 20. Jahren
wohnte, rührte keinen Caffee an, wenn man
ihm solchen offerirte, und gestund uns einst im
Vertrauen, daß, wenn er Caffee träncke, so
wäre ihm immer darauf, als wenn er sich ein Leid
thun solte. Es lebet noch eine gewisse Pfarr-
Frau, die einst auch bey einem Caffee Schmausse
sich verlauten ließ, daß sie beym Caffee Tranck
vor Angst nicht wüste, wo sie bleiben solte, wo sie
ihn nicht mit Milche träncke. Die Sache ist
so gewiß, daß ich noch mehr dergleichen andere
Exempel anführen wolte, wenn es nöthig wäre;
und mögen die Medici zusehen, wie sie die Ur-
sache davon, und wie es zugehe, daß der Caffee
solche Würckung habe, entdecken wollen. Es
kan seyn, daß bey dergleichen Leuten zu viel
Säure im Geblüt ist, und daß solche durch das
warme Wasser aufgerühret, rege gemachet, und
wie ungelöschter Kalck, wenn Wasser hinein ge-
gossen wird, in Braußen, und Brand gesetzet

werde.
U 5

es nicht thun moͤchten.
Merckmahlen fuͤhren, ſo von großen Ubeln einge-
drucket worden. Was alſo uͤberhaupt hoͤchſt matte
Lebens-Geiſter, und muͤde Koͤpffe verurſachet, die
Lebens-Geiſter allzu hitzig und allzu fluͤchtig macht,
iſt geſchickt, ſolch ſchrecklich Bild hervorzubringen.
Ein gewiſſer Studioſus aus Hollſtein, der Caffée
in allzu großem Uberfluſſe tranck, wurde einſt
gantz ſchwermuͤthig und melancholiſch; und ein
anderer, der in meinem Hauſe vor 20. Jahren
wohnte, ruͤhrte keinen Caffée an, wenn man
ihm ſolchen offerirte, und geſtund uns einſt im
Vertrauen, daß, wenn er Caffée traͤncke, ſo
waͤre ihm immer darauf, als wenn er ſich ein Leid
thun ſolte. Es lebet noch eine gewiſſe Pfarr-
Frau, die einſt auch bey einem Caffée Schmauſſe
ſich verlauten ließ, daß ſie beym Caffée Tranck
vor Angſt nicht wuͤſte, wo ſie bleiben ſolte, wo ſie
ihn nicht mit Milche traͤncke. Die Sache iſt
ſo gewiß, daß ich noch mehr dergleichen andere
Exempel anfuͤhren wolte, wenn es noͤthig waͤre;
und moͤgen die Medici zuſehen, wie ſie die Ur-
ſache davon, und wie es zugehe, daß der Caffée
ſolche Wuͤrckung habe, entdecken wollen. Es
kan ſeyn, daß bey dergleichen Leuten zu viel
Saͤure im Gebluͤt iſt, und daß ſolche durch das
warme Waſſer aufgeruͤhret, rege gemachet, und
wie ungeloͤſchter Kalck, wenn Waſſer hinein ge-
goſſen wird, in Braußen, und Brand geſetzet

werde.
U 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0359" n="313"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">es nicht thun mo&#x0364;chten.</hi></fw><lb/>
Merckmahlen fu&#x0364;hren, &#x017F;o von großen Ubeln einge-<lb/>
drucket worden. Was al&#x017F;o u&#x0364;berhaupt ho&#x0364;ch&#x017F;t matte<lb/>
Lebens-Gei&#x017F;ter, und mu&#x0364;de Ko&#x0364;pffe verur&#x017F;achet, die<lb/>
Lebens-Gei&#x017F;ter allzu hitzig und allzu flu&#x0364;chtig macht,<lb/>
i&#x017F;t ge&#x017F;chickt, &#x017F;olch &#x017F;chrecklich Bild hervorzubringen.<lb/>
Ein gewi&#x017F;&#x017F;er <hi rendition="#aq">Studio&#x017F;us</hi> aus Holl&#x017F;tein, der <hi rendition="#aq">Caffée</hi><lb/>
in allzu großem Uberflu&#x017F;&#x017F;e tranck, wurde ein&#x017F;t<lb/>
gantz &#x017F;chwermu&#x0364;thig und <hi rendition="#aq">melancholi</hi>&#x017F;ch; und ein<lb/>
anderer, der in meinem Hau&#x017F;e vor 20. Jahren<lb/>
wohnte, ru&#x0364;hrte keinen <hi rendition="#aq">Caffée</hi> an, wenn man<lb/>
ihm &#x017F;olchen <hi rendition="#aq">offeri</hi>rte, und ge&#x017F;tund uns ein&#x017F;t im<lb/>
Vertrauen, daß, wenn er <hi rendition="#aq">Caffée</hi> tra&#x0364;ncke, &#x017F;o<lb/>
wa&#x0364;re ihm immer darauf, als wenn er &#x017F;ich ein Leid<lb/>
thun &#x017F;olte. Es lebet noch eine gewi&#x017F;&#x017F;e Pfarr-<lb/>
Frau, die ein&#x017F;t auch bey einem <hi rendition="#aq">Caffée</hi> Schmau&#x017F;&#x017F;e<lb/>
&#x017F;ich verlauten ließ, daß &#x017F;ie beym <hi rendition="#aq">Caffée</hi> Tranck<lb/>
vor Ang&#x017F;t nicht wu&#x0364;&#x017F;te, wo &#x017F;ie bleiben &#x017F;olte, wo &#x017F;ie<lb/>
ihn nicht mit Milche tra&#x0364;ncke. Die Sache i&#x017F;t<lb/>
&#x017F;o gewiß, daß ich noch mehr dergleichen andere<lb/>
Exempel anfu&#x0364;hren wolte, wenn es no&#x0364;thig wa&#x0364;re;<lb/>
und mo&#x0364;gen die <hi rendition="#aq">Medici</hi> zu&#x017F;ehen, wie &#x017F;ie die <hi rendition="#fr">Ur-</hi><lb/>
&#x017F;ache davon, und wie es zugehe, daß der <hi rendition="#aq">Caffée</hi><lb/>
&#x017F;olche Wu&#x0364;rckung habe, entdecken wollen. Es<lb/>
kan &#x017F;eyn, daß bey dergleichen Leuten zu viel<lb/>
Sa&#x0364;ure im Geblu&#x0364;t i&#x017F;t, und daß &#x017F;olche durch das<lb/>
warme Wa&#x017F;&#x017F;er aufgeru&#x0364;hret, rege gemachet, und<lb/>
wie ungelo&#x0364;&#x017F;chter Kalck, wenn Wa&#x017F;&#x017F;er hinein ge-<lb/>
go&#x017F;&#x017F;en wird, in Braußen, und Brand ge&#x017F;etzet<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#b">U 5</hi></fw><fw place="bottom" type="catch">werde.</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[313/0359] es nicht thun moͤchten. Merckmahlen fuͤhren, ſo von großen Ubeln einge- drucket worden. Was alſo uͤberhaupt hoͤchſt matte Lebens-Geiſter, und muͤde Koͤpffe verurſachet, die Lebens-Geiſter allzu hitzig und allzu fluͤchtig macht, iſt geſchickt, ſolch ſchrecklich Bild hervorzubringen. Ein gewiſſer Studioſus aus Hollſtein, der Caffée in allzu großem Uberfluſſe tranck, wurde einſt gantz ſchwermuͤthig und melancholiſch; und ein anderer, der in meinem Hauſe vor 20. Jahren wohnte, ruͤhrte keinen Caffée an, wenn man ihm ſolchen offerirte, und geſtund uns einſt im Vertrauen, daß, wenn er Caffée traͤncke, ſo waͤre ihm immer darauf, als wenn er ſich ein Leid thun ſolte. Es lebet noch eine gewiſſe Pfarr- Frau, die einſt auch bey einem Caffée Schmauſſe ſich verlauten ließ, daß ſie beym Caffée Tranck vor Angſt nicht wuͤſte, wo ſie bleiben ſolte, wo ſie ihn nicht mit Milche traͤncke. Die Sache iſt ſo gewiß, daß ich noch mehr dergleichen andere Exempel anfuͤhren wolte, wenn es noͤthig waͤre; und moͤgen die Medici zuſehen, wie ſie die Ur- ſache davon, und wie es zugehe, daß der Caffée ſolche Wuͤrckung habe, entdecken wollen. Es kan ſeyn, daß bey dergleichen Leuten zu viel Saͤure im Gebluͤt iſt, und daß ſolche durch das warme Waſſer aufgeruͤhret, rege gemachet, und wie ungeloͤſchter Kalck, wenn Waſſer hinein ge- goſſen wird, in Braußen, und Brand geſetzet werde. U 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/359
Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/359>, abgerufen am 22.11.2024.