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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

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auf die seltsame Einbildung
gemacht haben, welches fähig war, lebendige und
erschreckliche Vorstellungen zu bekommen. Er
bekam einst bey Tische eine deutliche Idee, als ob
er sich das Messer, womit er aß, in Leib stäche,
daß er auch die Hand feste halten muste, ja end-
lich lieber das Messer in die Stube hinwarff,
als daß er sich mit diesen Gedancken länger pla-
gen wolte. Er erzehlet es selbsten in einem
gewissen Orte seiner Schrifften, und ich wünschte,
daß ich den Ort aufgezeichnet hätte, alß ich es
gelesen. Es muß wohl zu einer Zeit ihm be-
gegnet seyn, da sein Kopff, wie er selbst aber-
mahl von sich schreibet, so ausgemergelt und
wüste gewesen, daß es ihm geschienen, als ob er
statt des Gehirnes lauter Stroh und Heckerling
im Kopffe hätte. Noch elender siehets mit sol-
chen Menschen aus, die viel und lange Jahre
mit dergleichen Bildern geplaget werden. Ohn-
gefehr vor 50. Jahren entleibte sich des Kret-
schmar Raths-Herrens Frau in Breßlau, die
alte Geißlerin genennt. Sie suchten diesen
Tod vor ihren Töchtern eine Weile zu verbergen,
weil es noch weiche, zärtliche, und schwache
Mägdgen waren; sie wurden aber doch endlich
alle beyde, da sie es erfuhren, so erschreckt, und
durch diesen Affect mit dem Bilde des Selbst-
Mords dermassen angesteckt, daß sie bis an das
Ende ihres Lebens damit geplaget gewesen.

Keine

auf die ſeltſame Einbildung
gemacht haben, welches faͤhig war, lebendige und
erſchreckliche Vorſtellungen zu bekommen. Er
bekam einſt bey Tiſche eine deutliche Idée, als ob
er ſich das Meſſer, womit er aß, in Leib ſtaͤche,
daß er auch die Hand feſte halten muſte, ja end-
lich lieber das Meſſer in die Stube hinwarff,
als daß er ſich mit dieſen Gedancken laͤnger pla-
gen wolte. Er erzehlet es ſelbſten in einem
gewiſſen Orte ſeiner Schrifften, und ich wuͤnſchte,
daß ich den Ort aufgezeichnet haͤtte, alß ich es
geleſen. Es muß wohl zu einer Zeit ihm be-
gegnet ſeyn, da ſein Kopff, wie er ſelbſt aber-
mahl von ſich ſchreibet, ſo ausgemergelt und
wuͤſte geweſen, daß es ihm geſchienen, als ob er
ſtatt des Gehirnes lauter Stroh und Heckerling
im Kopffe haͤtte. Noch elender ſiehets mit ſol-
chen Menſchen aus, die viel und lange Jahre
mit dergleichen Bildern geplaget werden. Ohn-
gefehr vor 50. Jahren entleibte ſich des Kret-
ſchmar Raths-Herrens Frau in Breßlau, die
alte Geißlerin genennt. Sie ſuchten dieſen
Tod vor ihren Toͤchtern eine Weile zu verbergen,
weil es noch weiche, zaͤrtliche, und ſchwache
Maͤgdgen waren; ſie wurden aber doch endlich
alle beyde, da ſie es erfuhren, ſo erſchreckt, und
durch dieſen Affect mit dem Bilde des Selbſt-
Mords dermaſſen angeſteckt, daß ſie bis an das
Ende ihres Lebens damit geplaget geweſen.

Keine
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[320/0366] auf die ſeltſame Einbildung gemacht haben, welches faͤhig war, lebendige und erſchreckliche Vorſtellungen zu bekommen. Er bekam einſt bey Tiſche eine deutliche Idée, als ob er ſich das Meſſer, womit er aß, in Leib ſtaͤche, daß er auch die Hand feſte halten muſte, ja end- lich lieber das Meſſer in die Stube hinwarff, als daß er ſich mit dieſen Gedancken laͤnger pla- gen wolte. Er erzehlet es ſelbſten in einem gewiſſen Orte ſeiner Schrifften, und ich wuͤnſchte, daß ich den Ort aufgezeichnet haͤtte, alß ich es geleſen. Es muß wohl zu einer Zeit ihm be- gegnet ſeyn, da ſein Kopff, wie er ſelbſt aber- mahl von ſich ſchreibet, ſo ausgemergelt und wuͤſte geweſen, daß es ihm geſchienen, als ob er ſtatt des Gehirnes lauter Stroh und Heckerling im Kopffe haͤtte. Noch elender ſiehets mit ſol- chen Menſchen aus, die viel und lange Jahre mit dergleichen Bildern geplaget werden. Ohn- gefehr vor 50. Jahren entleibte ſich des Kret- ſchmar Raths-Herrens Frau in Breßlau, die alte Geißlerin genennt. Sie ſuchten dieſen Tod vor ihren Toͤchtern eine Weile zu verbergen, weil es noch weiche, zaͤrtliche, und ſchwache Maͤgdgen waren; ſie wurden aber doch endlich alle beyde, da ſie es erfuhren, ſo erſchreckt, und durch dieſen Affect mit dem Bilde des Selbſt- Mords dermaſſen angeſteckt, daß ſie bis an das Ende ihres Lebens damit geplaget geweſen. Keine

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Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 320. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/366>, abgerufen am 21.11.2024.