Wann diese betrübte Zufalle nicht aus ei- nem verbrannten Geblüte entstehen, sondern wohl gar die Lebens-Geister von Kälte, und kal- tem Schleim in Gefäßen des Leibes geschwächt sind, so werden solche Patienten, wenn sie einen Trunck Wein, oder etwas stärcker Bier, als sie sonst trincken, zu sich nehmen, gar bald mer- cken, daß sie zu solcher Zeit nicht zu so schnellen und schrecklichen Einfällen, welche wie Pfeile fliegen, geneigt sind.
Gleichwie solche Leute nicht leicht alleine sollen bleiben, oder alleine gelassen werden; so müssen sie auch zusehen, daß sie eine gute Gesell- schafft erwehlen, und in der Wahl alle Klugheit beobachten. Jn üppiger weltlicher Gesell- schafft wird ihre Angst und Plage nur noch grös- ser; drum müssen sie sich zwar nach einer fröh- lichen, aber doch Christlichen und ehrlichen Ge- sellschafft umsehen. Sie werden doch etliche gute Freunde haben, an die sie sonst gewohnt sind, und die auch einiger maßen ihren Zustand wissen, wenn sie schon eben nicht ihr gantzes Hertze und Anliegen ihnen entdecket, damit durch un- vorsichtige Discourse ihre Plage nicht eher ver- mehret, als vermindert werde. Sie sind frey- lich darinnen offters unglücklich genug. Weil sie im Gesichte furchtsam und ängstlich aussehen, so geschiehet es gar leicht, daß einige in der Com-
pagnie
worfuͤr ſie doch ſtets
Wann dieſe betruͤbte Zufalle nicht aus ei- nem verbrannten Gebluͤte entſtehen, ſondern wohl gar die Lebens-Geiſter von Kaͤlte, und kal- tem Schleim in Gefaͤßen des Leibes geſchwaͤcht ſind, ſo werden ſolche Patienten, wenn ſie einen Trunck Wein, oder etwas ſtaͤrcker Bier, als ſie ſonſt trincken, zu ſich nehmen, gar bald mer- cken, daß ſie zu ſolcher Zeit nicht zu ſo ſchnellen und ſchrecklichen Einfaͤllen, welche wie Pfeile fliegen, geneigt ſind.
Gleichwie ſolche Leute nicht leicht alleine ſollen bleiben, oder alleine gelaſſen werden; ſo muͤſſen ſie auch zuſehen, daß ſie eine gute Geſell- ſchafft erwehlen, und in der Wahl alle Klugheit beobachten. Jn uͤppiger weltlicher Geſell- ſchafft wird ihre Angſt und Plage nur noch groͤſ- ſer; drum muͤſſen ſie ſich zwar nach einer froͤh- lichen, aber doch Chriſtlichen und ehrlichen Ge- ſellſchafft umſehen. Sie werden doch etliche gute Freunde haben, an die ſie ſonſt gewohnt ſind, und die auch einiger maßen ihren Zuſtand wiſſen, wenn ſie ſchon eben nicht ihr gantzes Hertze und Anliegen ihnen entdecket, damit durch un- vorſichtige Diſcourſe ihre Plage nicht eher ver- mehret, als vermindert werde. Sie ſind frey- lich darinnen offters ungluͤcklich genug. Weil ſie im Geſichte furchtſam und aͤngſtlich ausſehen, ſo geſchiehet es gar leicht, daß einige in der Com-
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worfuͤr ſie doch ſtets
Wann dieſe betruͤbte Zufalle nicht aus ei-
nem verbrannten Gebluͤte entſtehen, ſondern
wohl gar die Lebens-Geiſter von Kaͤlte, und kal-
tem Schleim in Gefaͤßen des Leibes geſchwaͤcht
ſind, ſo werden ſolche Patienten, wenn ſie einen
Trunck Wein, oder etwas ſtaͤrcker Bier, als
ſie ſonſt trincken, zu ſich nehmen, gar bald mer-
cken, daß ſie zu ſolcher Zeit nicht zu ſo ſchnellen
und ſchrecklichen Einfaͤllen, welche wie Pfeile
fliegen, geneigt ſind.
Gleichwie ſolche Leute nicht leicht alleine
ſollen bleiben, oder alleine gelaſſen werden; ſo
muͤſſen ſie auch zuſehen, daß ſie eine gute Geſell-
ſchafft erwehlen, und in der Wahl alle Klugheit
beobachten. Jn uͤppiger weltlicher Geſell-
ſchafft wird ihre Angſt und Plage nur noch groͤſ-
ſer; drum muͤſſen ſie ſich zwar nach einer froͤh-
lichen, aber doch Chriſtlichen und ehrlichen Ge-
ſellſchafft umſehen. Sie werden doch etliche
gute Freunde haben, an die ſie ſonſt gewohnt
ſind, und die auch einiger maßen ihren Zuſtand
wiſſen, wenn ſie ſchon eben nicht ihr gantzes Hertze
und Anliegen ihnen entdecket, damit durch un-
vorſichtige Diſcourſe ihre Plage nicht eher ver-
mehret, als vermindert werde. Sie ſind frey-
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/396>, abgerufen am 21.11.2024.
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