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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

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wohlmeynenden Rath
nimmer mehr, und soll mich kein Mensch mehr
dazu bereden, er sey, wer er wolle. Sie starb
aber hernach eines ordentlichen, und seligen Todes,
indem sie vom Schlage gerühret wurde; wie
denn bey vielen dergleichen Leuten der Schlag,
die Epilepsie, oder ein hitzig Fieber, als zu wel-
chen Kranckheiten alle Melancholici die Disposi-
tion
mit sich herum tragen, ihren ordentlichen
Tod befördert.

Viele rathen auch solchen Leuten zu den ge-
wöhnlichen Gemüths-Ergötzlichkeiten, v. g. zu
einem Spiel, zu welchem man in Gesellschafften
insgemein zu schreiten pfleget. Und ich kan es
nicht gantz mißbilligen, daferne sie anders nur
überzeuget sind, daß es keine Sünde sey. An.
1704. da ich mich in dem Zustande befand, den
ich oben weitläufftig beschrieben, trug ich kein
Bedencken des Abends nach Tische, wo ich spei-
sete, mit meinen guten Bekannten Charte zu spielen,
und die Gedancken auf was anders zu richten;
und siehe, da ich einst nach Hause gieng, so hatte
ich auf dem Wege die schönsten Gedancken, und
gar ein besonders Einsehen, daß unser Heyland
selbst vom Satan versucht worden, daß er sich
von der Zinnen des Tempels stürtzen solte. Jch
bekam dadurch gantz ungemeine Stärcke, die
auf viel Tage mein Ubel verminderte. Der
Satan müste ein Narr seyn, daß er diejenigen

mit

wohlmeynenden Rath
nimmer mehr, und ſoll mich kein Menſch mehr
dazu bereden, er ſey, wer er wolle. Sie ſtarb
aber hernach eines ordentlichen, und ſeligen Todes,
indem ſie vom Schlage geruͤhret wurde; wie
denn bey vielen dergleichen Leuten der Schlag,
die Epilepſie, oder ein hitzig Fieber, als zu wel-
chen Kranckheiten alle Melancholici die Diſpoſi-
tion
mit ſich herum tragen, ihren ordentlichen
Tod befoͤrdert.

Viele rathen auch ſolchen Leuten zu den ge-
woͤhnlichen Gemuͤths-Ergoͤtzlichkeiten, v. g. zu
einem Spiel, zu welchem man in Geſellſchafften
insgemein zu ſchreiten pfleget. Und ich kan es
nicht gantz mißbilligen, daferne ſie anders nur
uͤberzeuget ſind, daß es keine Suͤnde ſey. An.
1704. da ich mich in dem Zuſtande befand, den
ich oben weitlaͤufftig beſchrieben, trug ich kein
Bedencken des Abends nach Tiſche, wo ich ſpei-
ſete, mit meinen guten Bekannten Charte zu ſpielen,
und die Gedancken auf was anders zu richten;
und ſiehe, da ich einſt nach Hauſe gieng, ſo hatte
ich auf dem Wege die ſchoͤnſten Gedancken, und
gar ein beſonders Einſehen, daß unſer Heyland
ſelbſt vom Satan verſucht worden, daß er ſich
von der Zinnen des Tempels ſtuͤrtzen ſolte. Jch
bekam dadurch gantz ungemeine Staͤrcke, die
auf viel Tage mein Ubel verminderte. Der
Satan muͤſte ein Narr ſeyn, daß er diejenigen

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[354/0400] wohlmeynenden Rath nimmer mehr, und ſoll mich kein Menſch mehr dazu bereden, er ſey, wer er wolle. Sie ſtarb aber hernach eines ordentlichen, und ſeligen Todes, indem ſie vom Schlage geruͤhret wurde; wie denn bey vielen dergleichen Leuten der Schlag, die Epilepſie, oder ein hitzig Fieber, als zu wel- chen Kranckheiten alle Melancholici die Diſpoſi- tion mit ſich herum tragen, ihren ordentlichen Tod befoͤrdert. Viele rathen auch ſolchen Leuten zu den ge- woͤhnlichen Gemuͤths-Ergoͤtzlichkeiten, v. g. zu einem Spiel, zu welchem man in Geſellſchafften insgemein zu ſchreiten pfleget. Und ich kan es nicht gantz mißbilligen, daferne ſie anders nur uͤberzeuget ſind, daß es keine Suͤnde ſey. An. 1704. da ich mich in dem Zuſtande befand, den ich oben weitlaͤufftig beſchrieben, trug ich kein Bedencken des Abends nach Tiſche, wo ich ſpei- ſete, mit meinen guten Bekannten Charte zu ſpielen, und die Gedancken auf was anders zu richten; und ſiehe, da ich einſt nach Hauſe gieng, ſo hatte ich auf dem Wege die ſchoͤnſten Gedancken, und gar ein beſonders Einſehen, daß unſer Heyland ſelbſt vom Satan verſucht worden, daß er ſich von der Zinnen des Tempels ſtuͤrtzen ſolte. Jch bekam dadurch gantz ungemeine Staͤrcke, die auf viel Tage mein Ubel verminderte. Der Satan muͤſte ein Narr ſeyn, daß er diejenigen mit

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Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/400>, abgerufen am 21.11.2024.