die man auf sich selbst macht, doch nicht klug werden kan, sondern nur Leben, Gesundheit, Kranckheit und Tod in GOttes Hände stellen, und sich ihm in Demuth und Gelassenheit unter- werffen muß. Es ist vielmahl ein geringes Ding, woran die schrecklichsten Ubel und Kranck- heiten hangen, und auch ein gering Artzney- Mittel, das sie vertreiben kan. Der Caffee ist ein geringes Geträncke, und doch hat er mich An 1717. weil ich ihn vorher gar nicht nach Mit- tage getruncken, zur Vesper-Zeit aber solchen zu trincken nach Gewohnheit anderer Leute ange- fangen, von einer großen Plage befreyet, wie ich solches besser unten beschreiben werde. Allein eben dieses Geträncke, weil damit von mir stets angehalten wurde, hat zu einer andern Zeit eben diese Plage wiederum erneuert, so daß dieselbe anders nicht, als durch Unterlassung dieses Ge- tränckes geschwächet, und getilget werden kunte; wiewol man in solchen Fällen den natürlichen Mitteln nicht alles alleine, sondern auch den geistlichen Artzney-Mitteln das ihrige zuschrei- ben muß.
Bey solcher schrecklichen Kranckheit aber, so zum Selbst-Morde treibet, auf welche ich wie- der komme, ist der Patient wohl der glückseligste, der, wenn er auch noch so viel Furcht hat, daß er sich selbst tödten werde, doch auch Glauben,
und
wollen los werden:
die man auf ſich ſelbſt macht, doch nicht klug werden kan, ſondern nur Leben, Geſundheit, Kranckheit und Tod in GOttes Haͤnde ſtellen, und ſich ihm in Demuth und Gelaſſenheit unter- werffen muß. Es iſt vielmahl ein geringes Ding, woran die ſchrecklichſten Ubel und Kranck- heiten hangen, und auch ein gering Artzney- Mittel, das ſie vertreiben kan. Der Caffée iſt ein geringes Getraͤncke, und doch hat er mich An 1717. weil ich ihn vorher gar nicht nach Mit- tage getruncken, zur Veſper-Zeit aber ſolchen zu trincken nach Gewohnheit anderer Leute ange- fangen, von einer großen Plage befreyet, wie ich ſolches beſſer unten beſchreiben werde. Allein eben dieſes Getraͤncke, weil damit von mir ſtets angehalten wurde, hat zu einer andern Zeit eben dieſe Plage wiederum erneuert, ſo daß dieſelbe anders nicht, als durch Unterlaſſung dieſes Ge- traͤnckes geſchwaͤchet, und getilget werden kunte; wiewol man in ſolchen Faͤllen den natuͤrlichen Mitteln nicht alles alleine, ſondern auch den geiſtlichen Artzney-Mitteln das ihrige zuſchrei- ben muß.
Bey ſolcher ſchrecklichen Kranckheit aber, ſo zum Selbſt-Morde treibet, auf welche ich wie- der komme, iſt der Patient wohl der gluͤckſeligſte, der, wenn er auch noch ſo viel Furcht hat, daß er ſich ſelbſt toͤdten werde, doch auch Glauben,
und
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0404"n="358"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">wollen los werden:</hi></fw><lb/>
die man auf ſich ſelbſt macht, doch nicht klug<lb/>
werden kan, ſondern nur Leben, Geſundheit,<lb/>
Kranckheit und Tod in GOttes Haͤnde ſtellen,<lb/>
und ſich ihm in Demuth und Gelaſſenheit unter-<lb/>
werffen muß. Es iſt vielmahl ein geringes<lb/>
Ding, woran die ſchrecklichſten Ubel und Kranck-<lb/>
heiten hangen, und auch ein gering Artzney-<lb/>
Mittel, das ſie vertreiben kan. Der <hirendition="#aq">Caffée</hi><lb/>
iſt ein geringes Getraͤncke, und doch hat er mich<lb/><hirendition="#aq">An</hi> 1717. weil ich ihn vorher gar nicht nach Mit-<lb/>
tage getruncken, zur Veſper-Zeit aber ſolchen zu<lb/>
trincken nach Gewohnheit anderer Leute ange-<lb/>
fangen, von einer großen Plage befreyet, wie ich<lb/>ſolches beſſer unten beſchreiben werde. Allein<lb/>
eben dieſes Getraͤncke, weil damit von mir ſtets<lb/>
angehalten wurde, hat zu einer andern Zeit eben<lb/>
dieſe Plage wiederum erneuert, ſo daß dieſelbe<lb/>
anders nicht, als durch Unterlaſſung dieſes Ge-<lb/>
traͤnckes geſchwaͤchet, und getilget werden kunte;<lb/>
wiewol man in ſolchen Faͤllen den natuͤrlichen<lb/>
Mitteln nicht alles alleine, ſondern auch den<lb/>
geiſtlichen Artzney-Mitteln das ihrige zuſchrei-<lb/>
ben muß.</p><lb/><p>Bey ſolcher ſchrecklichen Kranckheit aber, ſo<lb/>
zum Selbſt-Morde treibet, auf welche ich wie-<lb/>
der komme, iſt der Patient wohl der gluͤckſeligſte,<lb/>
der, wenn er auch noch ſo viel Furcht hat, daß<lb/>
er ſich ſelbſt toͤdten werde, doch auch Glauben,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">und</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[358/0404]
wollen los werden:
die man auf ſich ſelbſt macht, doch nicht klug
werden kan, ſondern nur Leben, Geſundheit,
Kranckheit und Tod in GOttes Haͤnde ſtellen,
und ſich ihm in Demuth und Gelaſſenheit unter-
werffen muß. Es iſt vielmahl ein geringes
Ding, woran die ſchrecklichſten Ubel und Kranck-
heiten hangen, und auch ein gering Artzney-
Mittel, das ſie vertreiben kan. Der Caffée
iſt ein geringes Getraͤncke, und doch hat er mich
An 1717. weil ich ihn vorher gar nicht nach Mit-
tage getruncken, zur Veſper-Zeit aber ſolchen zu
trincken nach Gewohnheit anderer Leute ange-
fangen, von einer großen Plage befreyet, wie ich
ſolches beſſer unten beſchreiben werde. Allein
eben dieſes Getraͤncke, weil damit von mir ſtets
angehalten wurde, hat zu einer andern Zeit eben
dieſe Plage wiederum erneuert, ſo daß dieſelbe
anders nicht, als durch Unterlaſſung dieſes Ge-
traͤnckes geſchwaͤchet, und getilget werden kunte;
wiewol man in ſolchen Faͤllen den natuͤrlichen
Mitteln nicht alles alleine, ſondern auch den
geiſtlichen Artzney-Mitteln das ihrige zuſchrei-
ben muß.
Bey ſolcher ſchrecklichen Kranckheit aber, ſo
zum Selbſt-Morde treibet, auf welche ich wie-
der komme, iſt der Patient wohl der gluͤckſeligſte,
der, wenn er auch noch ſo viel Furcht hat, daß
er ſich ſelbſt toͤdten werde, doch auch Glauben,
und
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 358. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/404>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.