Prediger gewesen, oder auch noch bin; und, da ein ieder Christ, als ein geistli- cher Priester, verbunden, nicht nur sei- nen Nächsten zu unterrichten, und zu trösten, sondern auch wohl brüderlich zu bestrafen, so hab ich gemeynet, es würde vielmehr auch mir noch erlau- bet seyn, Hohe, und Niedrige, wenn schon nicht verdammlicher Sünden zu zeihen, doch ihnen einen, und den an- dern Fehler und Versehen, und was etwan noch besser hätte eingerichtet werden können, in Liebe zu zeigen. Allein wer weiß, ob meine ehemahlige Zuhörer, deren Mund sonst gelinder denn Oel war, auch wenn meine Rede wie die Seiffe der Wäscherin war, auch ietzt noch die geringste Bestra- fung von mir leiden werden? Wie
wenn
c 2
Vorrede.
Prediger geweſen, oder auch noch bin; und, da ein ieder Chriſt, als ein geiſtli- cher Prieſter, verbunden, nicht nur ſei- nen Naͤchſten zu unterrichten, und zu troͤſten, ſondern auch wohl bruͤderlich zu beſtrafen, ſo hab ich gemeynet, es wuͤrde vielmehr auch mir noch erlau- bet ſeyn, Hohe, und Niedrige, wenn ſchon nicht verdammlicher Suͤnden zu zeihen, doch ihnen einen, und den an- dern Fehler und Verſehen, und was etwan noch beſſer haͤtte eingerichtet werden koͤnnen, in Liebe zu zeigen. Allein wer weiß, ob meine ehemahlige Zuhoͤrer, deren Mund ſonſt gelinder denn Oel war, auch wenn meine Rede wie die Seiffe der Waͤſcherin war, auch ietzt noch die geringſte Beſtra- fung von mir leiden werden? Wie
wenn
c 2
<TEI><text><front><divn="1"><p><pbfacs="#f0041"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Vorrede.</hi></fw><lb/>
Prediger geweſen, oder auch noch bin;<lb/>
und, da ein ieder Chriſt, als ein geiſtli-<lb/>
cher Prieſter, verbunden, nicht nur ſei-<lb/>
nen Naͤchſten zu unterrichten, und zu<lb/>
troͤſten, ſondern auch wohl bruͤderlich<lb/>
zu beſtrafen, ſo hab ich gemeynet, es<lb/>
wuͤrde vielmehr auch mir noch erlau-<lb/>
bet ſeyn, Hohe, und Niedrige, wenn<lb/>ſchon nicht verdammlicher Suͤnden zu<lb/>
zeihen, doch ihnen einen, und den an-<lb/>
dern Fehler und Verſehen, und was<lb/>
etwan noch beſſer haͤtte eingerichtet<lb/>
werden koͤnnen, in Liebe zu zeigen.<lb/>
Allein wer weiß, ob meine ehemahlige<lb/>
Zuhoͤrer, deren Mund ſonſt gelinder<lb/>
denn Oel war, auch wenn meine Rede<lb/>
wie die Seiffe der Waͤſcherin war,<lb/>
auch ietzt noch die geringſte Beſtra-<lb/>
fung von mir leiden werden? Wie<lb/><fwplace="bottom"type="sig">c 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">wenn</fw><lb/></p></div></front></text></TEI>
[0041]
Vorrede.
Prediger geweſen, oder auch noch bin;
und, da ein ieder Chriſt, als ein geiſtli-
cher Prieſter, verbunden, nicht nur ſei-
nen Naͤchſten zu unterrichten, und zu
troͤſten, ſondern auch wohl bruͤderlich
zu beſtrafen, ſo hab ich gemeynet, es
wuͤrde vielmehr auch mir noch erlau-
bet ſeyn, Hohe, und Niedrige, wenn
ſchon nicht verdammlicher Suͤnden zu
zeihen, doch ihnen einen, und den an-
dern Fehler und Verſehen, und was
etwan noch beſſer haͤtte eingerichtet
werden koͤnnen, in Liebe zu zeigen.
Allein wer weiß, ob meine ehemahlige
Zuhoͤrer, deren Mund ſonſt gelinder
denn Oel war, auch wenn meine Rede
wie die Seiffe der Waͤſcherin war,
auch ietzt noch die geringſte Beſtra-
fung von mir leiden werden? Wie
wenn
c 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/41>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.