es wolte aber nichts helffen. Die Nacht- Schweiße blieben, wie sie angefangen hatten. Er solte mir sagen, woher es käme, daß ich so entsetzlich schwitzte, er that mir aber mit seiner Demonstration kein Genügen, oder ich war nicht geschickt genug, sie zu fassen. Alß seine Artzney nicht anschlagen wolte, so sahe ich mich nach einem andern Medico um; ja ich lieff das gantze Viertel-Jahr von einem Artzte zum andern, ich brauchte ein Haus-Mittel nach dem andern, nach Art der Leute, welche Mor- bos chronicos haben, und doch aus Unver- stand meynen, sie müsten ihre Kranckheit au- genblicklich wieder los werden. Jch darff mich dessen nicht schämen. D. Ittig war ein größerer Mann, als ich; und doch, da er im Alter mit Stein-Schmertzen so hefftig gepla- get war, so war kein Quacksalber, und Pfuscher so geringe, daß er sich nicht hätte bereden laßen, seine Medicamente zu versuchen. Bey mir war es also noch viel weniger wunder. Jch war in besten Jahren, des Lebens war ich noch nicht überdrüßig, die Nacht-Schweiße mach- ten mich höchst matt, der Schwindel setzte mir bey Tage dermaßen zu, daß ich gerade vor mich hingehen, und weder zur Seiten, noch über mich sehen durffte, wenn ich nicht ver Schwin- del zur Erde fallen wolte. Wenn mir ie-
mand
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hat ſtarcke Nacht-Schweiße,
es wolte aber nichts helffen. Die Nacht- Schweiße blieben, wie ſie angefangen hatten. Er ſolte mir ſagen, woher es kaͤme, daß ich ſo entſetzlich ſchwitzte, er that mir aber mit ſeiner Demonſtration kein Genuͤgen, oder ich war nicht geſchickt genug, ſie zu faſſen. Alß ſeine Artzney nicht anſchlagen wolte, ſo ſahe ich mich nach einem andern Medico um; ja ich lieff das gantze Viertel-Jahr von einem Artzte zum andern, ich brauchte ein Haus-Mittel nach dem andern, nach Art der Leute, welche Mor- bos chronicos haben, und doch aus Unver- ſtand meynen, ſie muͤſten ihre Kranckheit au- genblicklich wieder los werden. Jch darff mich deſſen nicht ſchaͤmen. D. Ittig war ein groͤßerer Mann, als ich; und doch, da er im Alter mit Stein-Schmertzen ſo hefftig gepla- get war, ſo war kein Quackſalber, und Pfuſcher ſo geringe, daß er ſich nicht haͤtte bereden laßen, ſeine Medicamente zu verſuchen. Bey mir war es alſo noch viel weniger wunder. Jch war in beſten Jahren, des Lebens war ich noch nicht uͤberdruͤßig, die Nacht-Schweiße mach- ten mich hoͤchſt matt, der Schwindel ſetzte mir bey Tage dermaßen zu, daß ich gerade vor mich hingehen, und weder zur Seiten, noch uͤber mich ſehen durffte, wenn ich nicht ver Schwin- del zur Erde fallen wolte. Wenn mir ie-
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hat ſtarcke Nacht-Schweiße,
es wolte aber nichts helffen. Die Nacht-
Schweiße blieben, wie ſie angefangen hatten.
Er ſolte mir ſagen, woher es kaͤme, daß ich ſo
entſetzlich ſchwitzte, er that mir aber mit ſeiner
Demonſtration kein Genuͤgen, oder ich war
nicht geſchickt genug, ſie zu faſſen. Alß ſeine
Artzney nicht anſchlagen wolte, ſo ſahe ich mich
nach einem andern Medico um; ja ich lieff
das gantze Viertel-Jahr von einem Artzte zum
andern, ich brauchte ein Haus-Mittel nach
dem andern, nach Art der Leute, welche Mor-
bos chronicos haben, und doch aus Unver-
ſtand meynen, ſie muͤſten ihre Kranckheit au-
genblicklich wieder los werden. Jch darff
mich deſſen nicht ſchaͤmen. D. Ittig war ein
groͤßerer Mann, als ich; und doch, da er im
Alter mit Stein-Schmertzen ſo hefftig gepla-
get war, ſo war kein Quackſalber, und Pfuſcher
ſo geringe, daß er ſich nicht haͤtte bereden laßen,
ſeine Medicamente zu verſuchen. Bey mir
war es alſo noch viel weniger wunder. Jch
war in beſten Jahren, des Lebens war ich noch
nicht uͤberdruͤßig, die Nacht-Schweiße mach-
ten mich hoͤchſt matt, der Schwindel ſetzte mir
bey Tage dermaßen zu, daß ich gerade vor mich
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 467. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/513>, abgerufen am 22.11.2024.
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