Die Viscera und Organa von Lunge und Le- ber waren wol noch unverletzt; doch zeigte der Dolor gravativus insonderheit auf der rechten Seite, daß sie sehr schwach, und ziemlich ver- stopfft, oder mit incarcerirten Flatibus belästiget seyn müsten.
Jch kam zu D. Lothen, ihn um Rath zu fragen. Er mochte wol von der Nothwen- digkeit des Aderlaßens bey meinem Zufalle über- zeuget seyn; weil er aber viel zu gelaßen re- dete, und nicht starck genung solches urgirte, so war sein Rath und Gutachten viel zu schwach, mich zum Aderlaßen zu bewegen, als welches ohnedem noch niemahls geschehen war. D. Uh- lau würde anders mit mir herum gesprungen seyn, wenn er damahls in Leipzig gewesen, oder ich auf ihn gefallen wäre. Wenn dieser bey einem Patienten die Section einer Ader vor nöthig, und vor ein Haupt-Mittel hielt, dem Krancken wieder zu seiner Gesundheit zu ver- helffen, und er bey dem Krancken merckte, daß er dazu keine Lust, sondern vielmehr Beden- cken und Furcht zum Aderlaßen hätte, so hohlte er zuweilen den Barbier selbst, und brachte ihn mit zu dem Patienten, und that, als ob er aus der Haut fahren wolte, wo der Patiente noch lange sich widersetzen wolte, redete ihm einen Muth, und Hertze zu, so daß der Krancke willig
gemacht
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nimbt bald dieſen,
Die Viſcera und Organa von Lunge und Le- ber waren wol noch unverletzt; doch zeigte der Dolor gravativus inſonderheit auf der rechten Seite, daß ſie ſehr ſchwach, und ziemlich ver- ſtopfft, oder mit incarcerirten Flatibus belaͤſtiget ſeyn muͤſten.
Jch kam zu D. Lothen, ihn um Rath zu fragen. Er mochte wol von der Nothwen- digkeit des Aderlaßens bey meinem Zufalle uͤber- zeuget ſeyn; weil er aber viel zu gelaßen re- dete, und nicht ſtarck genung ſolches urgirte, ſo war ſein Rath und Gutachten viel zu ſchwach, mich zum Aderlaßen zu bewegen, als welches ohnedem noch niemahls geſchehen war. D. Uh- lau wuͤrde anders mit mir herum geſprungen ſeyn, wenn er damahls in Leipzig geweſen, oder ich auf ihn gefallen waͤre. Wenn dieſer bey einem Patienten die Section einer Ader vor noͤthig, und vor ein Haupt-Mittel hielt, dem Krancken wieder zu ſeiner Geſundheit zu ver- helffen, und er bey dem Krancken merckte, daß er dazu keine Luſt, ſondern vielmehr Beden- cken und Furcht zum Aderlaßen haͤtte, ſo hohlte er zuweilen den Barbier ſelbſt, und brachte ihn mit zu dem Patienten, und that, als ob er aus der Haut fahren wolte, wo der Patiente noch lange ſich widerſetzen wolte, redete ihm einen Muth, und Hertze zu, ſo daß der Krancke willig
gemacht
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nimbt bald dieſen,
Die Viſcera und Organa von Lunge und Le-
ber waren wol noch unverletzt; doch zeigte der
Dolor gravativus inſonderheit auf der rechten
Seite, daß ſie ſehr ſchwach, und ziemlich ver-
ſtopfft, oder mit incarcerirten Flatibus belaͤſtiget
ſeyn muͤſten.
Jch kam zu D. Lothen, ihn um Rath zu
fragen. Er mochte wol von der Nothwen-
digkeit des Aderlaßens bey meinem Zufalle uͤber-
zeuget ſeyn; weil er aber viel zu gelaßen re-
dete, und nicht ſtarck genung ſolches urgirte,
ſo war ſein Rath und Gutachten viel zu ſchwach,
mich zum Aderlaßen zu bewegen, als welches
ohnedem noch niemahls geſchehen war. D. Uh-
lau wuͤrde anders mit mir herum geſprungen
ſeyn, wenn er damahls in Leipzig geweſen, oder
ich auf ihn gefallen waͤre. Wenn dieſer
bey einem Patienten die Section einer Ader vor
noͤthig, und vor ein Haupt-Mittel hielt, dem
Krancken wieder zu ſeiner Geſundheit zu ver-
helffen, und er bey dem Krancken merckte, daß
er dazu keine Luſt, ſondern vielmehr Beden-
cken und Furcht zum Aderlaßen haͤtte, ſo hohlte
er zuweilen den Barbier ſelbſt, und brachte ihn
mit zu dem Patienten, und that, als ob er aus
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 469. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/515>, abgerufen am 22.11.2024.
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