Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738.

Bild:
<< vorherige Seite

wodurch viel Leute
das höchste und edelste Gut hielte, wenn die Liebe
und Freude zu GOtt, und in GOtt, und die
Seligkeit selbst entstehen soll. So absolut
nöthig also, als es nun ist, das gottlose Leben
zu meiden, und nur den wahren GOTT über
alles zu lieben, so hat der Mensch im natürli-
chen und sündlichen Zustande keine Krafft, von
der Blindheit sich zu bekehren, die Augen sei-
nes Verstandes aufzuthun, und GOtt vor das
höchste Gut zu erkennen, und die herrschende
Liebe zur Welt fahren zu laßen, sondern GOt-
tes Geist muß seinen Verstand erleuchten, und
sein Hertz ändern. Diesen Geist GOTTes,
der durch den Sünden-Fall von den Men-
schen verlohren worden, hat der Sohn GOt-
tes durch sein Leiden und Sterben den Sün-
dern verdienen, und erwerben müssen. Durch
dessen Krafft können sie ihre Augen aufthun, die
Sünde bereuen, und dieselbe zu hassen, GOtt
über alles zu lieben, und auf GOttes Gnade ihr
Vertrauen zu setzen anfangen. Und diesen
Geist GOttes empfangen sie durch den Glau-
ben an CHristum zu ihrer fernern Heiligung
und Tilgung der fernern Herrschafft der Sün-
den, nachdem er erst durch seine zuvorkommende
Gnade sie durch GOttes Wort, und durch das
Gesetze zur Erkänntniß GOttes, und ihrer
Sünden gebracht, und auch durch die bekeh-

rende

wodurch viel Leute
das hoͤchſte und edelſte Gut hielte, wenn die Liebe
und Freude zu GOtt, und in GOtt, und die
Seligkeit ſelbſt entſtehen ſoll. So abſolut
noͤthig alſo, als es nun iſt, das gottloſe Leben
zu meiden, und nur den wahren GOTT uͤber
alles zu lieben, ſo hat der Menſch im natuͤrli-
chen und ſuͤndlichen Zuſtande keine Krafft, von
der Blindheit ſich zu bekehren, die Augen ſei-
nes Verſtandes aufzuthun, und GOtt vor das
hoͤchſte Gut zu erkennen, und die herrſchende
Liebe zur Welt fahren zu laßen, ſondern GOt-
tes Geiſt muß ſeinen Verſtand erleuchten, und
ſein Hertz aͤndern. Dieſen Geiſt GOTTes,
der durch den Suͤnden-Fall von den Men-
ſchen verlohren worden, hat der Sohn GOt-
tes durch ſein Leiden und Sterben den Suͤn-
dern verdienen, und erwerben muͤſſen. Durch
deſſen Krafft koͤnnen ſie ihre Augen aufthun, die
Suͤnde bereuen, und dieſelbe zu haſſen, GOtt
uͤber alles zu lieben, und auf GOttes Gnade ihr
Vertrauen zu ſetzen anfangen. Und dieſen
Geiſt GOttes empfangen ſie durch den Glau-
ben an CHriſtum zu ihrer fernern Heiligung
und Tilgung der fernern Herrſchafft der Suͤn-
den, nachdem er erſt durch ſeine zuvorkommende
Gnade ſie durch GOttes Wort, und durch das
Geſetze zur Erkaͤnntniß GOttes, und ihrer
Suͤnden gebracht, und auch durch die bekeh-

rende
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0572" n="526"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">wodurch viel Leute</hi></fw><lb/>
das ho&#x0364;ch&#x017F;te und edel&#x017F;te Gut hielte, wenn die Liebe<lb/>
und Freude zu GOtt, und in GOtt, und die<lb/>
Seligkeit &#x017F;elb&#x017F;t ent&#x017F;tehen &#x017F;oll. So <hi rendition="#aq">ab&#x017F;olut</hi><lb/>
no&#x0364;thig al&#x017F;o, als es nun i&#x017F;t, das gottlo&#x017F;e Leben<lb/>
zu meiden, und nur den wahren <hi rendition="#g">GOTT</hi> u&#x0364;ber<lb/>
alles zu lieben, &#x017F;o hat der Men&#x017F;ch im natu&#x0364;rli-<lb/>
chen und &#x017F;u&#x0364;ndlichen Zu&#x017F;tande keine Krafft, von<lb/>
der Blindheit &#x017F;ich zu bekehren, die Augen &#x017F;ei-<lb/>
nes Ver&#x017F;tandes aufzuthun, und GOtt vor das<lb/>
ho&#x0364;ch&#x017F;te Gut zu erkennen, und die herr&#x017F;chende<lb/>
Liebe zur Welt fahren zu laßen, &#x017F;ondern GOt-<lb/>
tes Gei&#x017F;t muß &#x017F;einen Ver&#x017F;tand erleuchten, und<lb/>
&#x017F;ein Hertz a&#x0364;ndern. Die&#x017F;en Gei&#x017F;t GOTTes,<lb/>
der durch den Su&#x0364;nden-Fall von den Men-<lb/>
&#x017F;chen verlohren worden, hat der Sohn GOt-<lb/>
tes durch &#x017F;ein Leiden und Sterben den Su&#x0364;n-<lb/>
dern verdienen, und erwerben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en. Durch<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en Krafft ko&#x0364;nnen &#x017F;ie ihre Augen aufthun, die<lb/>
Su&#x0364;nde bereuen, und die&#x017F;elbe zu ha&#x017F;&#x017F;en, GOtt<lb/>
u&#x0364;ber alles zu lieben, und auf GOttes Gnade ihr<lb/>
Vertrauen zu &#x017F;etzen anfangen. Und die&#x017F;en<lb/>
Gei&#x017F;t GOttes empfangen &#x017F;ie durch den Glau-<lb/>
ben an CHri&#x017F;tum zu ihrer fernern Heiligung<lb/>
und Tilgung der fernern Herr&#x017F;chafft der Su&#x0364;n-<lb/>
den, nachdem er er&#x017F;t durch &#x017F;eine zuvorkommende<lb/>
Gnade &#x017F;ie durch GOttes Wort, und durch das<lb/>
Ge&#x017F;etze zur Erka&#x0364;nntniß GOttes, und ihrer<lb/>
Su&#x0364;nden gebracht, und auch durch die bekeh-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">rende</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[526/0572] wodurch viel Leute das hoͤchſte und edelſte Gut hielte, wenn die Liebe und Freude zu GOtt, und in GOtt, und die Seligkeit ſelbſt entſtehen ſoll. So abſolut noͤthig alſo, als es nun iſt, das gottloſe Leben zu meiden, und nur den wahren GOTT uͤber alles zu lieben, ſo hat der Menſch im natuͤrli- chen und ſuͤndlichen Zuſtande keine Krafft, von der Blindheit ſich zu bekehren, die Augen ſei- nes Verſtandes aufzuthun, und GOtt vor das hoͤchſte Gut zu erkennen, und die herrſchende Liebe zur Welt fahren zu laßen, ſondern GOt- tes Geiſt muß ſeinen Verſtand erleuchten, und ſein Hertz aͤndern. Dieſen Geiſt GOTTes, der durch den Suͤnden-Fall von den Men- ſchen verlohren worden, hat der Sohn GOt- tes durch ſein Leiden und Sterben den Suͤn- dern verdienen, und erwerben muͤſſen. Durch deſſen Krafft koͤnnen ſie ihre Augen aufthun, die Suͤnde bereuen, und dieſelbe zu haſſen, GOtt uͤber alles zu lieben, und auf GOttes Gnade ihr Vertrauen zu ſetzen anfangen. Und dieſen Geiſt GOttes empfangen ſie durch den Glau- ben an CHriſtum zu ihrer fernern Heiligung und Tilgung der fernern Herrſchafft der Suͤn- den, nachdem er erſt durch ſeine zuvorkommende Gnade ſie durch GOttes Wort, und durch das Geſetze zur Erkaͤnntniß GOttes, und ihrer Suͤnden gebracht, und auch durch die bekeh- rende

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/572
Zitationshilfe: Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 526. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/572>, abgerufen am 22.11.2024.