würden sie zuweilen gar anders mit ihnen verfah- ren, und mit ihnen, als armen, und recht elenden geplagten Menschen, viel gelinder um- gehen. Denn obgleich dieselben zuweilen auch in ihren Schrifften sich muthig, und behertzt an- stellen, und auch wohl allerhand Sarcasmos brauchen, mit welchen sie die Sätze ihrer Ge- gner schlecht, falsch, und verächtlich zu machen suchen; so gehet ihnen solches doch nicht allemahl von Hertzen, sondern sehen solches aus einem neuen Jrrthum ihres Verstandes nur vor ein Mittel an, ihren Schrifften, so sie disfalls her- ausgeben, Lauff zu machen, und den Leuten in ihre Hände zu bringen, die nicht gerne eine Schrifft lange in ihren Händen behalten, und le- sen, wenn sie nicht behertzt, und muthig abge- fast, und mit allerhand scharffsinnigen Einfällen angenehm, und schmackhafft gemacht ist; der- gleichen Schreib-Art auch wohl einige große Vertheidiger unserer Kirchen selbst sich, wie be- kannt, gar offters bedienet haben.
Diese Bewandniß hatte es auch mit mir. Jch schrieb, wie bekannt, Anno 1728 einen Tractat:Einfluß der Göttlichen Wahr- heiten in den Willen, und in das Leben der Menschen; nicht, als ob ich unser Reli- gions-Systema vor so arg und böse angesehen, daß ich hätte glauben sollen, als ob man bey dem-
selben
beſtand, und ihn
wuͤrden ſie zuweilen gar anders mit ihnen verfah- ren, und mit ihnen, als armen, und recht elenden geplagten Menſchen, viel gelinder um- gehen. Denn obgleich dieſelben zuweilen auch in ihren Schrifften ſich muthig, und behertzt an- ſtellen, und auch wohl allerhand Sarcaſmos brauchen, mit welchen ſie die Saͤtze ihrer Ge- gner ſchlecht, falſch, und veraͤchtlich zu machen ſuchen; ſo gehet ihnen ſolches doch nicht allemahl von Hertzen, ſondern ſehen ſolches aus einem neuen Jrrthum ihres Verſtandes nur vor ein Mittel an, ihren Schrifften, ſo ſie disfalls her- ausgeben, Lauff zu machen, und den Leuten in ihre Haͤnde zu bringen, die nicht gerne eine Schrifft lange in ihren Haͤnden behalten, und le- ſen, wenn ſie nicht behertzt, und muthig abge- faſt, und mit allerhand ſcharffſinnigen Einfaͤllen angenehm, und ſchmackhafft gemacht iſt; der- gleichen Schreib-Art auch wohl einige große Vertheidiger unſerer Kirchen ſelbſt ſich, wie be- kannt, gar offters bedienet haben.
Dieſe Bewandniß hatte es auch mit mir. Jch ſchrieb, wie bekannt, Anno 1728 einen Tractat:Einfluß der Goͤttlichen Wahr- heiten in den Willen, und in das Leben der Menſchen; nicht, als ob ich unſer Reli- gions-Syſtema vor ſo arg und boͤſe angeſehen, daß ich haͤtte glauben ſollen, als ob man bey dem-
ſelben
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beſtand, und ihn
wuͤrden ſie zuweilen gar anders mit ihnen verfah-
ren, und mit ihnen, als armen, und recht
elenden geplagten Menſchen, viel gelinder um-
gehen. Denn obgleich dieſelben zuweilen auch
in ihren Schrifften ſich muthig, und behertzt an-
ſtellen, und auch wohl allerhand Sarcaſmos
brauchen, mit welchen ſie die Saͤtze ihrer Ge-
gner ſchlecht, falſch, und veraͤchtlich zu machen
ſuchen; ſo gehet ihnen ſolches doch nicht allemahl
von Hertzen, ſondern ſehen ſolches aus einem
neuen Jrrthum ihres Verſtandes nur vor ein
Mittel an, ihren Schrifften, ſo ſie disfalls her-
ausgeben, Lauff zu machen, und den Leuten in
ihre Haͤnde zu bringen, die nicht gerne eine
Schrifft lange in ihren Haͤnden behalten, und le-
ſen, wenn ſie nicht behertzt, und muthig abge-
faſt, und mit allerhand ſcharffſinnigen Einfaͤllen
angenehm, und ſchmackhafft gemacht iſt; der-
gleichen Schreib-Art auch wohl einige große
Vertheidiger unſerer Kirchen ſelbſt ſich, wie be-
kannt, gar offters bedienet haben.
Dieſe Bewandniß hatte es auch mit mir.
Jch ſchrieb, wie bekannt, Anno 1728 einen
Tractat: Einfluß der Goͤttlichen Wahr-
heiten in den Willen, und in das Leben
der Menſchen; nicht, als ob ich unſer Reli-
gions-Syſtema vor ſo arg und boͤſe angeſehen,
daß ich haͤtte glauben ſollen, als ob man bey dem-
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 652. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/698>, abgerufen am 21.11.2024.
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