die ich doch nur im Traume begangen, confun- diret hätte. Jch bin zweymahl in meinem Le- ben in Jena, An. 1708, und 1711. gewesen, und habe mit keinem Menschen ein böse Wort gere- det, vielweniger mich mit demselben in Zanck oder Duell eingelaßen; und doch hat mich nach der Zeit um ein leichtes geträumet, als ob ich da einen Purschen im Duell erstochen, und als ob man mich aufsuche, so daß ich im Traume im- mer in Angst gewesen, entdecket, und erhaschet zu werden. Wenn ein Traum einem vielmahl träumet, obschon zu weit unterschiedenen Zeiten, so kans geschehen, daß man auf die letzte, inson- derheit, wenn man in andere Noth und Angst ge- räth, sich kaum mehr zu besinnen weiß, ob es wahrhafftig geschehen, oder ob es nur ein Traum gewesen.
Gegen Michael waren nun diese Dinge ziemlich alle aus meinem Gemüthe vergangen; und da hätte ich wohl gerne, nachdem ich ein wenig zur Ruhe gekommen, wissen mögen, über was vor Puncte man mich insonderheit verneh- men würde, um mich doch ein wenig auf diesel- ben praepariren zu können; allein da war nie- mand so gütig, und mitleidig gegen mich, der von freyen Stücken drauf gefallen wäre, und darauf gedrungen hätte, daß man mir solche Puncte ein- händigte. Denn gesetzt, daß es sonst nicht ge-
bräuch-
als gewiß zukuͤnfftig
die ich doch nur im Traume begangen, confun- diret haͤtte. Jch bin zweymahl in meinem Le- ben in Jena, An. 1708, und 1711. geweſen, und habe mit keinem Menſchen ein boͤſe Wort gere- det, vielweniger mich mit demſelben in Zanck oder Duell eingelaßen; und doch hat mich nach der Zeit um ein leichtes getraͤumet, als ob ich da einen Purſchen im Duell erſtochen, und als ob man mich aufſuche, ſo daß ich im Traume im- mer in Angſt geweſen, entdecket, und erhaſchet zu werden. Wenn ein Traum einem vielmahl traͤumet, obſchon zu weit unterſchiedenen Zeiten, ſo kans geſchehen, daß man auf die letzte, inſon- derheit, wenn man in andere Noth und Angſt ge- raͤth, ſich kaum mehr zu beſinnen weiß, ob es wahrhafftig geſchehen, oder ob es nur ein Traum geweſen.
Gegen Michael waren nun dieſe Dinge ziemlich alle aus meinem Gemuͤthe vergangen; und da haͤtte ich wohl gerne, nachdem ich ein wenig zur Ruhe gekommen, wiſſen moͤgen, uͤber was vor Puncte man mich inſonderheit verneh- men wuͤrde, um mich doch ein wenig auf dieſel- ben præpariren zu koͤnnen; allein da war nie- mand ſo guͤtig, und mitleidig gegen mich, der von freyen Stuͤcken drauf gefallen waͤre, und darauf gedrungen haͤtte, daß man mir ſolche Puncte ein- haͤndigte. Denn geſetzt, daß es ſonſt nicht ge-
braͤuch-
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als gewiß zukuͤnfftig
die ich doch nur im Traume begangen, confun-
diret haͤtte. Jch bin zweymahl in meinem Le-
ben in Jena, An. 1708, und 1711. geweſen, und
habe mit keinem Menſchen ein boͤſe Wort gere-
det, vielweniger mich mit demſelben in Zanck
oder Duell eingelaßen; und doch hat mich nach
der Zeit um ein leichtes getraͤumet, als ob ich da
einen Purſchen im Duell erſtochen, und als ob
man mich aufſuche, ſo daß ich im Traume im-
mer in Angſt geweſen, entdecket, und erhaſchet zu
werden. Wenn ein Traum einem vielmahl
traͤumet, obſchon zu weit unterſchiedenen Zeiten,
ſo kans geſchehen, daß man auf die letzte, inſon-
derheit, wenn man in andere Noth und Angſt ge-
raͤth, ſich kaum mehr zu beſinnen weiß, ob es
wahrhafftig geſchehen, oder ob es nur ein Traum
geweſen.
Gegen Michael waren nun dieſe Dinge
ziemlich alle aus meinem Gemuͤthe vergangen;
und da haͤtte ich wohl gerne, nachdem ich ein
wenig zur Ruhe gekommen, wiſſen moͤgen, uͤber
was vor Puncte man mich inſonderheit verneh-
men wuͤrde, um mich doch ein wenig auf dieſel-
ben præpariren zu koͤnnen; allein da war nie-
mand ſo guͤtig, und mitleidig gegen mich, der von
freyen Stuͤcken drauf gefallen waͤre, und darauf
gedrungen haͤtte, daß man mir ſolche Puncte ein-
haͤndigte. Denn geſetzt, daß es ſonſt nicht ge-
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 674. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/720>, abgerufen am 27.11.2024.
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