und ich mich gar nicht nach einem hohen Alter sehnte, das mit solcher Plackerey verknüpfft seyn soll; so fiel ich darauf, daß an statt des Fußes, wie bey dergleichen Fällen gewöhnlich, ich lieber am Arme zur Ader laßen wolte, um das Geblüte, wie die Medici reden, zu revelliren, und von un- ten herauf zurücke, und wiederum in die Höhe zu ziehen. Jch that es; aber ich hatte leider übel noch ärger gemacht, und damit den Grund zu einer neuen, und entsetzlichen Plage geleget. Denn da das Blut, aller treibenden Artzneyen ungeachtet, unten nicht fort konte, so trat es nach dem Aderlaßen mit desto größerm Ungestüm zu- rücke, und versetzte, und verstopffte mir Miltz und Leber, und brachte mir die Miltzsucht in solchem hohen Grad zuwege, als ich sie mein Lebtage nicht empfunden habe. Jch fand nach der Zeit, da ich nicht wuste, wo die schreckliche Furcht, Angst, und Bangigkeit herkäme, ob ich gleich auf dem Orte, wo der Miltz lieget, einiges Drücken, und eine kleine Schwulst verspührte, in eben die- sem Tractat des Herrn Stahls, pag. 126. daß das Blut, wenn es zurücke pralle, und unten nicht fort könne, solche Verstopffungen, und mit denselben solche Gemüths-Aengstlichkeiten zu ver- ursachen pflege. Hätte ich solches zuvorher ge- lesen, so würde ich nimmermehr die Ader am un- rechten Orte zu laßen resolviret haben.
Anno
Schmertzen von der goldnen Ader,
und ich mich gar nicht nach einem hohen Alter ſehnte, das mit ſolcher Plackerey verknuͤpfft ſeyn ſoll; ſo fiel ich darauf, daß an ſtatt des Fußes, wie bey dergleichen Faͤllen gewoͤhnlich, ich lieber am Arme zur Ader laßen wolte, um das Gebluͤte, wie die Medici reden, zu revelliren, und von un- ten herauf zuruͤcke, und wiederum in die Hoͤhe zu ziehen. Jch that es; aber ich hatte leider uͤbel noch aͤrger gemacht, und damit den Grund zu einer neuen, und entſetzlichen Plage geleget. Denn da das Blut, aller treibenden Artzneyen ungeachtet, unten nicht fort konte, ſo trat es nach dem Aderlaßen mit deſto groͤßerm Ungeſtuͤm zu- ruͤcke, und verſetzte, und verſtopffte mir Miltz und Leber, und brachte mir die Miltzſucht in ſolchem hohen Grad zuwege, als ich ſie mein Lebtage nicht empfunden habe. Jch fand nach der Zeit, da ich nicht wuſte, wo die ſchreckliche Furcht, Angſt, und Bangigkeit herkaͤme, ob ich gleich auf dem Orte, wo der Miltz lieget, einiges Druͤcken, und eine kleine Schwulſt verſpuͤhrte, in eben die- ſem Tractat des Herrn Stahls, pag. 126. daß das Blut, wenn es zuruͤcke pralle, und unten nicht fort koͤnne, ſolche Verſtopffungen, und mit denſelben ſolche Gemuͤths-Aengſtlichkeiten zu ver- urſachen pflege. Haͤtte ich ſolches zuvorher ge- leſen, ſo wuͤrde ich nimmermehr die Ader am un- rechten Orte zu laßen reſolviret haben.
Anno
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Schmertzen von der goldnen Ader,
und ich mich gar nicht nach einem hohen Alter
ſehnte, das mit ſolcher Plackerey verknuͤpfft ſeyn
ſoll; ſo fiel ich darauf, daß an ſtatt des Fußes,
wie bey dergleichen Faͤllen gewoͤhnlich, ich lieber
am Arme zur Ader laßen wolte, um das Gebluͤte,
wie die Medici reden, zu revelliren, und von un-
ten herauf zuruͤcke, und wiederum in die Hoͤhe
zu ziehen. Jch that es; aber ich hatte leider
uͤbel noch aͤrger gemacht, und damit den Grund
zu einer neuen, und entſetzlichen Plage geleget.
Denn da das Blut, aller treibenden Artzneyen
ungeachtet, unten nicht fort konte, ſo trat es nach
dem Aderlaßen mit deſto groͤßerm Ungeſtuͤm zu-
ruͤcke, und verſetzte, und verſtopffte mir Miltz und
Leber, und brachte mir die Miltzſucht in ſolchem
hohen Grad zuwege, als ich ſie mein Lebtage
nicht empfunden habe. Jch fand nach der Zeit,
da ich nicht wuſte, wo die ſchreckliche Furcht,
Angſt, und Bangigkeit herkaͤme, ob ich gleich auf
dem Orte, wo der Miltz lieget, einiges Druͤcken,
und eine kleine Schwulſt verſpuͤhrte, in eben die-
ſem Tractat des Herrn Stahls, pag. 126. daß
das Blut, wenn es zuruͤcke pralle, und unten
nicht fort koͤnne, ſolche Verſtopffungen, und mit
denſelben ſolche Gemuͤths-Aengſtlichkeiten zu ver-
urſachen pflege. Haͤtte ich ſolches zuvorher ge-
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 706. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/752>, abgerufen am 24.11.2024.
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