Dinge nun nach meiner Freyheit zu ändern, und mich nicht mehr vor denselben zu fürchten. Da aber noch ein großes Theil, das mich gefangen hielt, übrig blieb, so fiel mir um das Ende des Sommers und zu Ende des Augusti, da ich GOtt um Vermehrung der Krafft und Stärcke angeruffen, gleichsam als wie ein neues Gesetze ein, ich solte alle Dinge, die mich noch gefan- gen hielten, und worinnen ich keine Freyheit hätte, in der Ordnung aufschreiben und nume- riren, und darnach von dem letzten anfangen bis zu dem ersten, und ieden Tag die Veränderung eines gewissen Stückes in der Ordnung wagen. Und siehe, es gieng an. Es hat nicht ein ein- tziges gefehlet, noch ein eintziges Ding mich be- unruhigen, oder meine Nacht und Schlaf stöh- ren können, so daß mein Vertrauen und Hoff- nung, die ich bey meinem Char-Freytags- Wahlspruche hatte, noch vor der Zeit erfül- let wurde: Jch rief an den HErrn in mei- ner Noth, und er antwortete mir, und errettete mich aus aller meiner Furcht.
Jn Wahrheit, es ist mir manchmahl diese Zeit über ziemlich bange gewesen; insonderheit da nach und nach im Beten, Singen, und bey Anhörung des Wortes GOttes sich die durch- dringende Krafft und Süßigkeit, und der Himmlische Trost und geistliche Freudigkeit ver-
lohr
das Hertze gehabt, bis er auch
Dinge nun nach meiner Freyheit zu aͤndern, und mich nicht mehr vor denſelben zu fuͤrchten. Da aber noch ein großes Theil, das mich gefangen hielt, uͤbrig blieb, ſo fiel mir um das Ende des Sommers und zu Ende des Auguſti, da ich GOtt um Vermehrung der Krafft und Staͤrcke angeruffen, gleichſam als wie ein neues Geſetze ein, ich ſolte alle Dinge, die mich noch gefan- gen hielten, und worinnen ich keine Freyheit haͤtte, in der Ordnung aufſchreiben und nume- riren, und darnach von dem letzten anfangen bis zu dem erſten, und ieden Tag die Veraͤnderung eines gewiſſen Stuͤckes in der Ordnung wagen. Und ſiehe, es gieng an. Es hat nicht ein ein- tziges gefehlet, noch ein eintziges Ding mich be- unruhigen, oder meine Nacht und Schlaf ſtoͤh- ren koͤnnen, ſo daß mein Vertrauen und Hoff- nung, die ich bey meinem Char-Freytags- Wahlſpruche hatte, noch vor der Zeit erfuͤl- let wurde: Jch rief an den HErrn in mei- ner Noth, und er antwortete mir, und errettete mich aus aller meiner Furcht.
Jn Wahrheit, es iſt mir manchmahl dieſe Zeit uͤber ziemlich bange geweſen; inſonderheit da nach und nach im Beten, Singen, und bey Anhoͤrung des Wortes GOttes ſich die durch- dringende Krafft und Suͤßigkeit, und der Himmliſche Troſt und geiſtliche Freudigkeit ver-
lohr
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das Hertze gehabt, bis er auch
Dinge nun nach meiner Freyheit zu aͤndern, und
mich nicht mehr vor denſelben zu fuͤrchten. Da
aber noch ein großes Theil, das mich gefangen
hielt, uͤbrig blieb, ſo fiel mir um das Ende des
Sommers und zu Ende des Auguſti, da ich
GOtt um Vermehrung der Krafft und Staͤrcke
angeruffen, gleichſam als wie ein neues Geſetze
ein, ich ſolte alle Dinge, die mich noch gefan-
gen hielten, und worinnen ich keine Freyheit
haͤtte, in der Ordnung aufſchreiben und nume-
riren, und darnach von dem letzten anfangen bis
zu dem erſten, und ieden Tag die Veraͤnderung
eines gewiſſen Stuͤckes in der Ordnung wagen.
Und ſiehe, es gieng an. Es hat nicht ein ein-
tziges gefehlet, noch ein eintziges Ding mich be-
unruhigen, oder meine Nacht und Schlaf ſtoͤh-
ren koͤnnen, ſo daß mein Vertrauen und Hoff-
nung, die ich bey meinem Char-Freytags-
Wahlſpruche hatte, noch vor der Zeit erfuͤl-
let wurde: Jch rief an den HErrn in mei-
ner Noth, und er antwortete mir, und
errettete mich aus aller meiner Furcht.
Jn Wahrheit, es iſt mir manchmahl dieſe
Zeit uͤber ziemlich bange geweſen; inſonderheit
da nach und nach im Beten, Singen, und bey
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 749. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/795>, abgerufen am 23.11.2024.
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