halte, daß die Weiber, so in der Messe vor dem Thore ihre Lieder von eroberten Städten, bluti- gen Schlachten, grossen Siegen, erschrecklichen Mordthaten, Erdbeben, und verfunckenen Stad- ten und Dörffern absingen, mehr gute Bewegungen in den Seelen der einfältigen Bürger und Bauern, so ihnen zuhören, machen, als bey dergleichen Fällen durch öffentliche Reden gemachet werden, weil jene mehr davon singen und sagen, als diese. Welch ein Wunder that GOtt vor unsern Au- gen, ja, ich möchte bald sagen, vor den Augen der gantzen Welt, da er den ehemaligen König in Schweden, der so hoch kommen war durch Siege, aber von keinem Frieden noch Neutralität hören wolte, als einen andern Nebucad-Nezar ernie- drigte, und vom Himmel der Ehren, so zu reden, in die Tieffe des Abgrundes herunter stürtzte! Wenn war es nöthiger in den Gemeinen öffent- lich zu reden von dem, was GOtt gethan, als da er nicht nur in der Schlacht bey Pultava totaliter geschlagen, sondern auch, da An. 1713. der Rest seiner Trouppen bey Tönningen sich ergeben, ja da er in dem härtesten und kältesten Winter, in der grösten Hitze seines Eifers, und Begierde sich an seinen Feinden zu rächen, vor Friedrichs-Hall in Norwegen sein Leben einbüssen muste? Wenn war es nützlicher allen hochmüthigen Königen und Fürsten, ja allen hochmüthigen überhaupt, vom
grösten
Der Caſual-
halte, daß die Weiber, ſo in der Meſſe vor dem Thore ihre Lieder von eroberten Staͤdten, bluti- gen Schlachten, groſſen Siegen, erſchrecklichen Mordthaten, Erdbeben, und verfunckenen Stad- ten und Doͤrffern abſingen, mehr gute Bewegungen in den Seelen der einfaͤltigen Buͤrger und Bauern, ſo ihnen zuhoͤren, machen, als bey dergleichen Faͤllen durch oͤffentliche Reden gemachet werden, weil jene mehr davon ſingen und ſagen, als dieſe. Welch ein Wunder that GOtt vor unſern Au- gen, ja, ich moͤchte bald ſagen, vor den Augen der gantzen Welt, da er den ehemaligen Koͤnig in Schweden, der ſo hoch kommen war durch Siege, aber von keinem Frieden noch Neutralitaͤt hoͤren wolte, als einen andern Nebucad-Nezar ernie- drigte, und vom Himmel der Ehren, ſo zu reden, in die Tieffe des Abgrundes herunter ſtuͤrtzte! Wenn war es noͤthiger in den Gemeinen oͤffent- lich zu reden von dem, was GOtt gethan, als da er nicht nur in der Schlacht bey Pultava totaliter geſchlagen, ſondern auch, da An. 1713. der Reſt ſeiner Trouppen bey Toͤnningen ſich ergeben, ja da er in dem haͤrteſten und kaͤlteſten Winter, in der groͤſten Hitze ſeines Eifers, und Begierde ſich an ſeinen Feinden zu raͤchen, vor Friedrichs-Hall in Norwegen ſein Leben einbuͤſſen muſte? Wenn war es nuͤtzlicher allen hochmuͤthigen Koͤnigen und Fuͤrſten, ja allen hochmuͤthigen uͤberhaupt, vom
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Der Caſual-
halte, daß die Weiber, ſo in der Meſſe vor dem
Thore ihre Lieder von eroberten Staͤdten, bluti-
gen Schlachten, groſſen Siegen, erſchrecklichen
Mordthaten, Erdbeben, und verfunckenen Stad-
ten und Doͤrffern abſingen, mehr gute Bewegungen
in den Seelen der einfaͤltigen Buͤrger und Bauern,
ſo ihnen zuhoͤren, machen, als bey dergleichen
Faͤllen durch oͤffentliche Reden gemachet werden,
weil jene mehr davon ſingen und ſagen, als dieſe.
Welch ein Wunder that GOtt vor unſern Au-
gen, ja, ich moͤchte bald ſagen, vor den Augen der
gantzen Welt, da er den ehemaligen Koͤnig in
Schweden, der ſo hoch kommen war durch Siege,
aber von keinem Frieden noch Neutralitaͤt hoͤren
wolte, als einen andern Nebucad-Nezar ernie-
drigte, und vom Himmel der Ehren, ſo zu reden,
in die Tieffe des Abgrundes herunter ſtuͤrtzte!
Wenn war es noͤthiger in den Gemeinen oͤffent-
lich zu reden von dem, was GOtt gethan, als da
er nicht nur in der Schlacht bey Pultava totaliter
geſchlagen, ſondern auch, da An. 1713. der Reſt
ſeiner Trouppen bey Toͤnningen ſich ergeben, ja
da er in dem haͤrteſten und kaͤlteſten Winter, in
der groͤſten Hitze ſeines Eifers, und Begierde ſich
an ſeinen Feinden zu raͤchen, vor Friedrichs-Hall
in Norwegen ſein Leben einbuͤſſen muſte? Wenn
war es nuͤtzlicher allen hochmuͤthigen Koͤnigen und
Fuͤrſten, ja allen hochmuͤthigen uͤberhaupt, vom
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/80>, abgerufen am 21.11.2024.
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