finden, so wie eine kleine Welt aussiehet. Jch sage das nicht, als ob ich glaubte, daß mir in der Welt zu viel geschehen wäre; und, wenn ich auch von iemanden Wunden ohne Ursache em- pfangen hätte, so versichere ich dich, ich würde das blutige Schnupfftuch nicht aufheben, bis ich vor den Richter käme, sondern dahin werffen, wohin ich wünsche, daß GOtt meine Sünden werffen möchte. So übergehe ich auch anietzo billig viel andere Plagen und Zufälle, Anfälle vom Schlag, und Lähmung der Glieder, ja auch andere kleinere geistliche Nöthe, und Gemüths- Kummer, die ich in meinem Leben offters gehabt, und empfunden, wobey GOttes Providenz nicht minder zu spühren, aus welchen allen mich GOtt erlöset. Er hat uns erlöset, und er erlö- set uns noch täglich, und wir haben die Hoff- nung, er werde uns auch noch ferner erlösen; und was wünschte ich ietzt mehr, als daß ich mit denjenigen Worten, in eben derselben lebendigen und frölichen Hoffnung, mit welcher ich schon vor mehr als 40. Jahren manchmahl meine in- brünstigsten Gebete, und gnädige Besuchungen GOttes geschlossen, und sie deshalben vorlängst zu meinem Wahl- und Leichen-Spruch erweh- let, und mit welchen der Apostel seine andere Epi- stel an den Timotheum beschlossen, auch mein gegenwärtiges Buch, oder doch einmahl mein
Leben
B b b 2
ſamt dem Schluße
finden, ſo wie eine kleine Welt ausſiehet. Jch ſage das nicht, als ob ich glaubte, daß mir in der Welt zu viel geſchehen waͤre; und, wenn ich auch von iemanden Wunden ohne Urſache em- pfangen haͤtte, ſo verſichere ich dich, ich wuͤrde das blutige Schnupfftuch nicht aufheben, bis ich vor den Richter kaͤme, ſondern dahin werffen, wohin ich wuͤnſche, daß GOtt meine Suͤnden werffen moͤchte. So uͤbergehe ich auch anietzo billig viel andere Plagen und Zufaͤlle, Anfaͤlle vom Schlag, und Laͤhmung der Glieder, ja auch andere kleinere geiſtliche Noͤthe, und Gemuͤths- Kummer, die ich in meinem Leben offters gehabt, und empfunden, wobey GOttes Providenz nicht minder zu ſpuͤhren, aus welchen allen mich GOtt erloͤſet. Er hat uns erloͤſet, und er erloͤ- ſet uns noch taͤglich, und wir haben die Hoff- nung, er werde uns auch noch ferner erloͤſen; und was wuͤnſchte ich ietzt mehr, als daß ich mit denjenigen Worten, in eben derſelben lebendigen und froͤlichen Hoffnung, mit welcher ich ſchon vor mehr als 40. Jahren manchmahl meine in- bruͤnſtigſten Gebete, und gnaͤdige Beſuchungen GOttes geſchloſſen, und ſie deshalben vorlaͤngſt zu meinem Wahl- und Leichen-Spruch erweh- let, und mit welchen der Apoſtel ſeine andere Epi- ſtel an den Timotheum beſchloſſen, auch mein gegenwaͤrtiges Buch, oder doch einmahl mein
Leben
B b b 2
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0801"n="755"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">ſamt dem Schluße</hi></fw><lb/>
finden, ſo wie eine kleine Welt ausſiehet. Jch<lb/>ſage das nicht, als ob ich glaubte, daß mir in<lb/>
der Welt zu viel geſchehen waͤre; und, wenn ich<lb/>
auch von iemanden Wunden ohne Urſache em-<lb/>
pfangen haͤtte, ſo verſichere ich dich, ich wuͤrde<lb/>
das blutige Schnupfftuch nicht aufheben, bis<lb/>
ich vor den Richter kaͤme, ſondern dahin werffen,<lb/>
wohin ich wuͤnſche, daß GOtt meine Suͤnden<lb/>
werffen moͤchte. So uͤbergehe ich auch anietzo<lb/>
billig viel andere Plagen und Zufaͤlle, Anfaͤlle<lb/>
vom Schlag, und Laͤhmung der Glieder, ja auch<lb/>
andere kleinere geiſtliche Noͤthe, und Gemuͤths-<lb/>
Kummer, die ich in meinem Leben offters gehabt,<lb/>
und empfunden, wobey GOttes <hirendition="#aq">Providenz</hi> nicht<lb/>
minder zu ſpuͤhren, aus welchen allen mich<lb/>
GOtt erloͤſet. Er hat uns erloͤſet, und er erloͤ-<lb/>ſet uns noch taͤglich, und wir haben die Hoff-<lb/>
nung, er werde uns auch noch ferner erloͤſen;<lb/>
und was wuͤnſchte ich ietzt mehr, als daß ich mit<lb/>
denjenigen Worten, in eben derſelben lebendigen<lb/>
und froͤlichen Hoffnung, mit welcher ich ſchon<lb/>
vor mehr als 40. Jahren manchmahl meine in-<lb/>
bruͤnſtigſten Gebete, und gnaͤdige Beſuchungen<lb/>
GOttes geſchloſſen, und ſie deshalben vorlaͤngſt<lb/>
zu meinem Wahl- und Leichen-Spruch erweh-<lb/>
let, und mit welchen der Apoſtel ſeine andere Epi-<lb/>ſtel an den <hirendition="#aq">Timotheum</hi> beſchloſſen, auch mein<lb/>
gegenwaͤrtiges Buch, oder doch einmahl mein<lb/><fwplace="bottom"type="sig">B b b 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">Leben</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[755/0801]
ſamt dem Schluße
finden, ſo wie eine kleine Welt ausſiehet. Jch
ſage das nicht, als ob ich glaubte, daß mir in
der Welt zu viel geſchehen waͤre; und, wenn ich
auch von iemanden Wunden ohne Urſache em-
pfangen haͤtte, ſo verſichere ich dich, ich wuͤrde
das blutige Schnupfftuch nicht aufheben, bis
ich vor den Richter kaͤme, ſondern dahin werffen,
wohin ich wuͤnſche, daß GOtt meine Suͤnden
werffen moͤchte. So uͤbergehe ich auch anietzo
billig viel andere Plagen und Zufaͤlle, Anfaͤlle
vom Schlag, und Laͤhmung der Glieder, ja auch
andere kleinere geiſtliche Noͤthe, und Gemuͤths-
Kummer, die ich in meinem Leben offters gehabt,
und empfunden, wobey GOttes Providenz nicht
minder zu ſpuͤhren, aus welchen allen mich
GOtt erloͤſet. Er hat uns erloͤſet, und er erloͤ-
ſet uns noch taͤglich, und wir haben die Hoff-
nung, er werde uns auch noch ferner erloͤſen;
und was wuͤnſchte ich ietzt mehr, als daß ich mit
denjenigen Worten, in eben derſelben lebendigen
und froͤlichen Hoffnung, mit welcher ich ſchon
vor mehr als 40. Jahren manchmahl meine in-
bruͤnſtigſten Gebete, und gnaͤdige Beſuchungen
GOttes geſchloſſen, und ſie deshalben vorlaͤngſt
zu meinem Wahl- und Leichen-Spruch erweh-
let, und mit welchen der Apoſtel ſeine andere Epi-
ſtel an den Timotheum beſchloſſen, auch mein
gegenwaͤrtiges Buch, oder doch einmahl mein
Leben
B b b 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 755. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/801>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.