rum haereticae pravitatis anstechen wollen. Bey dem allen wird niemand leugnen, daß nicht auch zuweilen des Apostels apokoptethai Gal. 5. v. 12. zu wünschen, ja bey denen, so Zerschneidung und Zertrennung anrichten, solches, iedennoch auf eine dem Geiste CHristi gemäße Weise, auch so gar zu practiciren nöthig seyn solte. Wie ferne aber das Fortjagen und Landes-Verwei- sung zu rathen, ist hier die Zeit nicht zu bestimmen. Nur dencke ich um ein leichtes an das Urtheil, was neulich ein gewisser Doctor von der Philo- sophie fällte: Wenn man die neuenPhiloso- phosaus der Stadt jagt, so jagt man da mit die altePhilosophieaus dem Lande.
Doch auch hiervon genung. Jch muß zum Beschluß eilen, so viel ich auch noch zu dieser Geschichte meines Lebens hinzu thun könte. Denn ie länger ich damit umgehe, ie mehr fällt mir ein von dem, was ich da und dort vergessen, und das doch wohl auch noch eine Stelle ver- diente. An manche Dinge darff ich auch gar nicht gedencken, weil ich nichts davon sagen darff. Der Ort und andere Umstände machen, daß ich die Feder wieder weglege, wenn ich sie auch schon in die Hände genommen. So lange gewisse Or- dens-Leute bey der Göttin der Länder, und der Völcker sich aufhalten, schreiben und reden sie gantz anders, als wenn sie sich in der Stadt be-
finden,
und anderer ſeines gleichen,
rum hæreticæ pravitatis anſtechen wollen. Bey dem allen wird niemand leugnen, daß nicht auch zuweilen des Apoſtels ἀποκόπτεϑαι Gal. 5. v. 12. zu wuͤnſchen, ja bey denen, ſo Zerſchneidung und Zertrennung anrichten, ſolches, iedennoch auf eine dem Geiſte CHriſti gemaͤße Weiſe, auch ſo gar zu practiciren noͤthig ſeyn ſolte. Wie ferne aber das Fortjagen und Landes-Verwei- ſung zu rathen, iſt hier die Zeit nicht zu beſtimmen. Nur dencke ich um ein leichtes an das Urtheil, was neulich ein gewiſſer Doctor von der Philo- ſophie faͤllte: Wenn man die neuenPhiloſo- phosaus der Stadt jagt, ſo jagt man da mit die altePhiloſophieaus dem Lande.
Doch auch hiervon genung. Jch muß zum Beſchluß eilen, ſo viel ich auch noch zu dieſer Geſchichte meines Lebens hinzu thun koͤnte. Denn ie laͤnger ich damit umgehe, ie mehr faͤllt mir ein von dem, was ich da und dort vergeſſen, und das doch wohl auch noch eine Stelle ver- diente. An manche Dinge darff ich auch gar nicht gedencken, weil ich nichts davon ſagen darff. Der Ort und andere Umſtaͤnde machen, daß ich die Feder wieder weglege, wenn ich ſie auch ſchon in die Haͤnde genommen. So lange gewiſſe Or- dens-Leute bey der Goͤttin der Laͤnder, und der Voͤlcker ſich aufhalten, ſchreiben und reden ſie gantz anders, als wenn ſie ſich in der Stadt be-
finden,
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[754/0800]
und anderer ſeines gleichen,
rum hæreticæ pravitatis anſtechen wollen. Bey
dem allen wird niemand leugnen, daß nicht auch
zuweilen des Apoſtels ἀποκόπτεϑαι Gal. 5. v. 12.
zu wuͤnſchen, ja bey denen, ſo Zerſchneidung
und Zertrennung anrichten, ſolches, iedennoch auf
eine dem Geiſte CHriſti gemaͤße Weiſe, auch
ſo gar zu practiciren noͤthig ſeyn ſolte. Wie
ferne aber das Fortjagen und Landes-Verwei-
ſung zu rathen, iſt hier die Zeit nicht zu beſtimmen.
Nur dencke ich um ein leichtes an das Urtheil,
was neulich ein gewiſſer Doctor von der Philo-
ſophie faͤllte: Wenn man die neuen Philoſo-
phos aus der Stadt jagt, ſo jagt man da
mit die alte Philoſophie aus dem Lande.
Doch auch hiervon genung. Jch muß zum
Beſchluß eilen, ſo viel ich auch noch zu dieſer
Geſchichte meines Lebens hinzu thun koͤnte.
Denn ie laͤnger ich damit umgehe, ie mehr faͤllt
mir ein von dem, was ich da und dort vergeſſen,
und das doch wohl auch noch eine Stelle ver-
diente. An manche Dinge darff ich auch gar
nicht gedencken, weil ich nichts davon ſagen darff.
Der Ort und andere Umſtaͤnde machen, daß ich
die Feder wieder weglege, wenn ich ſie auch ſchon
in die Haͤnde genommen. So lange gewiſſe Or-
dens-Leute bey der Goͤttin der Laͤnder, und der
Voͤlcker ſich aufhalten, ſchreiben und reden ſie
gantz anders, als wenn ſie ſich in der Stadt be-
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Bernd, Adam: Eigene Lebens-Beschreibung. Leipzig, 1738, S. 754. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bernd_lebensbeschreibung_1738/800>, abgerufen am 22.11.2024.
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